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Filmplakat von Wir sind jung. Wir sind stark.

Wir sind jung. Wir sind stark.

127 min | Drama | FSK 12
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Rostock-Lichtenhagen in den 1992ern: Perspektivlos und gelangweilt hängen die Jugendlichen ab. Auch Stefan, Sohn eines Lokalpolitikers, ist mit seiner Clique vor Ort und sie wissen nur, dass ihr Zorn ein Ventil braucht. Schon länger gärt die schlechte Stimmung zwischen den Ansässigen und den "Neubürgern", den Vietnamesen, im Sonnenblumenhaus. Und dann bricht das Feuer aus... (v.f.)
Doch als die Randalierer Liens Heim anstecken, muss auch sie ums Überleben kämpfen. Martin (Devid Striesow) ist Lokalpolitiker und genau wie die Polizeibeamten, die der Menge nicht Herr werden können, mit der Situation völlig überfordert. Es fällt ihm nichts anderes ein, als alle Schuld von sich zu weisen. Doch sein Sohn befindet sich unter den Gewalttätigen und deswegen muss auch Martin einsehen, dass er versagt hat. Stefan (Jonas Nay) hat sich von seinem ehrgeizigen Vater abgewandt, aus Mangel an Beschäftigung und Perspektiven ist er in einem Zustand andauernder Gereiztheit. Er entlädt seinen Zorn auf die Bewohner des Asylantenheims¿

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Filmkritik

Mit Riesenschritten nähert sich der junge deutsche Film der Gegenwart. Gerade erst rekonstruierte Giulio Ricciarelli in „Im Labyrinth des Schweigens“ mit viel Rechercheaufwand die Vorgeschichte des Frankfurter Auschwitz-Prozesses von 1963-1965 als Kostümfilm; und Daniel Harrich stellte in „Der blinde Fleck“ sehr nachdrücklich offengebliebene Fragen zum Anschlag auf das Oktoberfest 1980. Nun also Rostock-Lichtenhagen, August 1992. Die „Wende-Euphorie“ war verflogen. Auf den rasanten gesellschaftlichen Wandel folgte die erste Katerstimmung, auf den Konsumrausch die Abwicklung der ehemaligen Staatsbetriebe und damit einhergehend steigende Arbeitslosenzahlen. Die Frustration entlud sich an jenen, die auf der sozialen Leiter noch weiter unten standen: den Asylbewerbern, die übergangsweise in der Zentralen Aufnahmestelle in Rostock-Lichtenhagen untergebracht waren. Fünf Tage lang kam es zu bürgerkriegsartigen Ausschreitungen mit Pogrom-Stimmung; in der Nacht zum 25. August 1992 eskalierte nach der Evakuierung der Aufnahmestelle die Situation, als ein angrenzendes Wohnheim mit vietnamesischen Arbeitern unter Beifall des schaulustigen Mobs in Brand gesetzt und dann gestürmt wurde. Die zum Schutz aufgebotenen Polizeikräfte waren zuvor abgezogen worden. Weil ein Fernsehteam im Wohnheim anwesend war, gingen die Bilder des Pogroms um die Welt. Geradezu ikonisch für den „hässlichen Deutschen“ wurde ein Foto aus Rostock-Lichtenhagen, das einen Zuschauer zeigte, der mit einem Trikot der Fußball-Nationalmannschaft und vollgepinkelter Jogginghose den Arm zum Hitlergruß erhoben hatte. Jetzt also „Wir sind jung. Wir sind stark“, ein Film über jene Tage, aufwändig recherchiert, kompetent ausgestattet. Hat er etwas Neues zu erzählen darüber, wie Gewalt entsteht und wie sie eskaliert? Gibt es eine „Generation Lichtenhagen“? Muss man die Ereignisse von 1992 vor dem Vergessen bewahren? Der Filmemacher Burhan Qurbani wirft einen anderen, ergänzenden, vielleicht sogar differenzierenden Blick auf die Ereignisse, indem er ein paar jugendliche Täter in den Blick nimmt, die mit rechter Gesinnung kokettieren, aber (noch) keine Nazis sind. Deren Radikalisierung erfolgt gewissermaßen aus Orientierungslosigkeit, die mit Langeweile gepaart ist. Dabei bedient man sich je nach Situation bei frei flottierenden Versatzstücken: hinter dem Rechtsrock ist immer noch die „Internationale“ abrufbar. Die jungen Schauspieler bekommen die Gelegenheit, die Indifferenz ihrer Figuren durch Bockigkeit, Sprücheklopferei und sehr körperliches Spiel zu zeigen, was in einem Fall dazu führt, dass sich die permanent unter Strom stehende Figur fast choreografiert durch den Film bewegt. Durch Pubertät zum Verbrechen? Wie im Falle von David Wnendts „Kriegerin“ zeigt sich ein Versuch, die Dynamik der Täter durch die Wahl der ästhetischen Mittel irgendwie „authentisch jugendlich“ zu gestalten. „Richtige“ Rechtsradikale bleiben Nebenfiguren. Diese Tendenz wird dadurch verstärkt, dass der Film eine Genealogie von Generationskonflikten aufmacht: Urgroßvater Faschist, Großvater Kommunist, Vater Demokrat, Sohn? Martin, der Vater des jugendlichen Protagonisten Stefan, ist ein von der Situation überforderter und mit privaten Problemen beschäftigter Lokalpolitiker, der im Zweifelsfall lieber wegschaut als couragiert einschreitet. Die politische Klasse wird auf diese Weise opportunistisch und kleinkariert dargestellt, dass sie den Jugendlichen keine Vorbilder sind, verwundert nicht. So sammelt der Film lauter kleine Geschichten, die fast zufällig und gewiss nicht politisch motiviert in das Pogrom münden. Wenn die Brandschatzung schließlich beginnt, wird der bis dato schwarz-weiße Film farbig und setzt auf Scope-Format. „Plötzlich ist hier endlich mal was los“, scheint dieser Kniff sagen zu wollen. Fragt sich nur, wer diesen Satz spricht? Bis dahin wurde man immer mal wieder mit den bekannten historischen Bildern konfrontiert. Im Finale zeigt „Wir sind jung. Wir sind stark“ erstaunliches handwerkliches Geschick in der Inszenierung von „Action“, hat gleichzeitig aber nichts Substantielles zu erzählen, was die damaligen Fernsehbilder übersteigt. So bleibt letztlich offen, ob „Wir sind jung. Wir sind stark“ die Ereignisse von 1992 überhaupt gebraucht hätte. Plattenbau-Tristesse, gesellschaftliche Verunsicherung, schwache Väter, Probleme beim Erwachsenwerden, Langeweile und hilflose, von der Exekutive im Stich gelassene Opfer sind eigentlich alles Zutaten eines ganz und gar konventionellen Genrefilms.

Erschienen auf filmdienst.deWir sind jung. Wir sind stark.Von: Ulrich Kriest (21.6.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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