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Filmkritik
Die französische Flugzeugpilotin Estelle (Diane Kruger) führt ein anscheinend perfektes Leben. Mit cooler Lässigkeit koordiniert sie ihren eng getakteten Dienstplan mit einem stringenten Fitnessprogramm und häufigen Trainingskursen zur Luftfahrttheorie. Zwischen anstrengenden Langstreckenflügen kehrt sie in ihre elegante Luxusvilla an der südfranzösischen Küste zurück, in der sie mit ihrem Mann Guillaume (Mathieu Kassovitz), einem viel beschäftigten Arzt, wohnt. Dort bekämpft sie Jetlag und Schlafstörungen mit der regelmäßigen Einnahme von Schlaftabletten. Die Eheleute hoffen darauf, dass Estelle endlich schwanger wird.
Die Grenzen verwischen
Doch dann begegnet Estelle auf dem Flughafen von Nizza der schönen Fotokünstlerin Ana (Marta Nieto) wieder, mit der sie vor etlichen Jahren eine Liaison hatte. Schnell keimen die verschütteten Gefühle wieder auf. Vor ihrem Mann versucht Estelle die Affäre geheim zu halten. Doch plötzlich wird sie von beunruhigenden Erinnerungen und Albträumen heimgesucht. Als Estelle Ana in deren schickem Strandhaus besucht, ist diese verschwunden. Doch es gibt blutige Spuren. Hatte sie nur einen schlechten Traum? Oder will ihr Mann die Affäre gewaltsam unterbinden? Zunehmend verwischen bei ihr die Grenzen zwischen Realität und Visionen.
Der französische Drehbuchautor und Regisseur Yann Gozlan hat sich seit seinem Langfilmdebüt „Caged“ (2010) mit Filmen wie „Un homme idéal“ (2014) und „Burn Out“ (2017) als Thrillerspezialist etabliert. Seine Regiearbeit „Black Box – Gefährliche Wahrheit“ (2021) erhielt fünf „César“-Nominierungen. Für sein jüngstes Werk konnte er mit der deutschen Actrice Diane Kruger und seinem französischen Landsmann Mathieu Kassovitz ein Star-Duo gewinnen, das sich durch die spanische Schauspielerin Marta Nieto zu einem klassischen Beziehungsdreieck fügt.
Zu viele abrupte Wendungen?
Für die meisten seiner Filme schreibt Gozlan das Drehbuch selbst oder ist daran beteiligt. Bei „Visions – Tödliches Verlangen“ verfasste er es mit vier weiteren Autorinnen und Autoren. Das könnte ein Grund dafür sein, dass es der Erzählung einfach an Stringenz mangelt. Sie kombiniert zu viele abrupte Wendungen, voyeuristische Erotik-Eskapaden und verwirrende Grenzüberschreitungen zwischen Einbildung, Traum und Realität, was nicht nur den Überblick bedroht, sondern angesichts der allzu offensichtlichen Verrätselungsstrategie auch das Interesse erlahmen lässt. Das gilt umso mehr, als das aufwändig konstruierte Psychodrama einige Längen aufweist – insbesondere bei den lesbischen Sexszenen, in denen Gozlan gerne schwelgt, – und es in eine enttäuschend triviale Auflösung mündet.
Der Regisseur wandelt immer wieder auf den Spuren einschlägiger Vorbilder von Alfred Hitchcock über Brian De Palma bis Paul Verhoeven. Seine hochgradig stilisierte Inszenierung findet jedoch zu keiner persönlichen Note. Der Kameramann Antoine Sanier filmt oft in modernem Ambiente, in Flugzeugen, auf Flughäfen, in edlen Villen und extravaganten Galerien und zeigt bevorzugt Interieurs mit glatten Oberflächen und kühler Beleuchtung, wenn er der Protagonistin nicht gerade an die idyllische Küste oder Anas einsam gelegene Villa folgt.
Zu glatt, um emotional zu packen
Das zentrale Darstellertrio absolviert seine Aufgaben solide. Kruger, Kassovitz und Nieto verstehen es, sich ins rechte Licht zu setzen; ihre Figuren bleiben aber zu glatt, ihre Mimik, Gestik und Körpersprache zu steril, um emotional zu packen. Kruger gelingt es trotz des schwachen Drehbuchs aber immerhin, die innere Zerrissenheit und gärende Verzweiflung ihrer Figur glaubhaft zu machen.