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Filmkritik
Dem geneigten Publikum ist spätestens seit „Scream“ (1996) bekannt, dass Prologe in Horrorfilmen immer eine Ahnung vermitteln, wie es in den folgenden ein, zwei Stunden zur Sache geht. Spannend war das im Falle von „Dead Snow“, in dem noch vor dem Vorspann zu Edvard Griegs „In der Halle des Bergkönigs“ als Soundtrack eine verzweifelte Person durchs nächtliche, schneeverwehte Unterholz hastet. Sie hat keine Chance. Denn es sind Zombies da draußen. Tommy Wirkola wusste schon 2009, wie seine urige norwegische Heimat für eine zünftige Metzelei zu nutzen sei. In Kombination mit den kauzigen Einwohnern und vor allem mit Nazi-Zombies als Gegnern, avancierte sein gerade zweiter Langfilm als skurril-fesselnde Horrorfarce schnurstracks zum Kultfilm. Brutal zumal, weil man gegen untote Nazis ruhig ordentlich austeilen darf. Inzwischen arbeitet Wirkola in Hollywood und hat gerade bei „Violent Night“ die Nazi-Zombies gegen Terroristen getauscht – und jegliche Subtilität in Norwegen gelassen.
Keine Lust mehr auf satte Kinder
Aber zunächst weihnachtet es. In irgendeiner Kneipe in den US-amerikanischen Suburbs jammert ein mittelmäßiger Weihnachtssong aus der Juke-Box und ein Weihnachtsmann (David Harbour) sitzt sturzbetrunken an der Theke. Es ist – und das ist der Gag – kein Penner mit Ferienjob, sondern der echte Santa. Ja, es gibt ihn wirklich, und er kann diese satten Kinder in diesen satten Familien nicht mehr sehen. Aber solange es noch Wunschzettel gibt, muss er alljährlich seine Rentiere anspannen und durch die Schornsteine kriechen. So auch in der kommenden Nacht. Es ist ein zunächst wunderbarer Prolog von „Violent Night“, der in eine bissige, böse Satire einleiten könnte. Doch dann kotzt der Weihnachtsmann beim Wegfliegen der ungläubig und gerührt in den Sternenhimmel staunenden Wirtin mitten ins Gesicht. Der Ton ist gesetzt – und es ist kein guter.
Als hätte der Weihnachtsmann nicht ohnehin schon ein schweres Los, muss er in dieser Nacht auch noch zu den Lightstones, die ihren abgelegenen Landsitz so sichern, als sei er Fort Knox. Kein Wunder, denn Clan-Chefin Gertrude Lightstone (Beverly D’Angelo) leitet ein Imperium und bunkert im Keller 300 Millionen Dollar in bar. Klar, dass das auch Neider und Diebe auf den Plan rufen könnte. Doch zunächst erstmal haben sich zu den Festtagen die nicht minder gierigen Familienangehörigen angesagt. Alva mit ihrem viel zu jungen Proleten-Mann Morgan und der dazugehörigen Blage Bert sind schon da. Und Jason Lightstone hat seine Fast-Ex-Frau Linda noch ein letztes Mal überzeugt, für eine Weihnacht heile Welt zu spielen und zusammen mit Töchterchen Trudy zu ihrer Lieblingsomi Gertrude zu reisen. Nebenbei will er sich die 300 Millionen sichern.
Scrooge gegen Santa
Doch die sind bereits längst im Visier von Scrooge (John Leguizamo). Sein Pseudonym ist Programm, ist der Söldner doch ein Menschenfeind reinsten Wassers und bereit, am Heiligen Abend, des Geldes wegen, ein Blutbad unter den Lightstones zu verursachen. Dazu bietet er eine ganze Armee auf, um den Hügel der Superreichen zu stürmen. Währenddessen schneit nichtsahnend der Weihnachtsmann herein, da er Trudy unter den „Lieben“ verzeichnet hat und beschenken muss. Da ihr Walkie-Talkie zufällig auf derselben Frequenz funkt wie seines, weiß er zudem, dass sie in der Tat ein Schatz ist. Es besteht also Handlungsbedarf, zumal die Angreifer ihn fälschlicherweise für unerwünschte Konkurrenz halten.
So weit, so schlicht. Die Fronten sind klar. Der fiese Teil der Lightstones muss erkennen, dass er sich mit dem redlichen verbinden muss, um gegen die Schergen zu bestehen. Und mittendrin steht Santa, der sich immer mehr an seine Vergangenheit als nordischer Berserker erinnert und zu jedem Hammer greift, den er finden kann.
Während „Violent Night“ gerade noch bemüht war, seine Komik vollends auf Körperflüssigkeiten auszurichten, setzt er mit Ankunft aller Pro- und Antagonisten am Ort der Handlung nur noch mächtig und schmerzhaft auf Exzess. Denn, worum es Wirkola eigentlich geht, ist eine Verletzungs- und Tötungsorgie sondergleichen.
Es wird munter massakriert
Dabei ist es dem Drehbuchteam Pat Casey und Josh Miller herzlich egal, ob sich aus dem Umstand, dass hier auch himmlische Mächte mit am Werk sind, noch originelle Bezüge oder Pointen entwickeln lassen könnten. Ihnen geht es vielmehr einzig darum, wie man auf möglichst perfide Art und Weise metzeln kann, um mittels abstruser Übertreibung und schmissiger Musik damit zudem noch Humor produzieren zu wollen. Der satirische Ansatz, den man in den ersten Minuten erahnen kann, geht spätestens in dem Augenblick flöten, indem ein befremdlich einender Familiensinn konstruiert wird, wo gerade noch unterschiedliche Weltanschauungen aufeinanderprallten. Den Gipfel erreicht das ganze Gemetzel, wenn selbst die kleine Trudy ganz im Sinne ihres Lieblingsfilms „Kevin - Allein zu Haus“ mitmassakriert und munter Nägel und anderen „Weihnachtsschmuck“ verteilt, die sich die Bösewichte reihenweise unter fröhlichem Gelächter in Gaumen und Augen rammen.
Es bleibt rätselhaft, wie eine derartig unbeholfen unter dem fadenscheinigen Deckmantel des hysterischen Vergnügens agierende Gewalteskapade eine FSK-Freigabe „ab 16“ erhalten konnte. Erst wenn schließlich auch vom Weihnachtsmann alle weiteren ungebetenen Gäste im wörtlichen Sinne zu Brei geschlagen sind, ist ein Happy End in Sicht und auch Santa darf nach diesem auch für ihn befreienden Spaß den Schlitten zu seinen Lieben irgendwo in der Nähe von Norwegen nehmen. Selig sind die, die ein gutes Heilfleisch und ein wohliges Daheim haben.