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Une affaire d´honneur

101 min | Drama, Historie
Szene %1 aus %Une affaire d´honneur

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Filmkritik

Fechten, ob mit Degen, Säbel oder Florett, ist ein faszinierender Sport, geht es doch darum, den Gegner auf Abstand zu halten, seine Absichten zu erkennen und die eigenen zu verbergen. Sich keine Blöße geben oder mit einem Scheinstoß zu einer Finte ansetzen, die den Gegner aus der Reserve lockt – das ist das A und O dieses Sportes. Es geht also ums Schauen, ums Antizipieren – Fechten findet vor allem im Kopf statt. „Ziel des Fechtens ist das Anbringen gültiger Treffer, ohne selbst getroffen zu werden“, steht im „Brockhaus“ zu lesen. So einfach ist das also – zur Eleganz der Bewegung gesellt sich die Schlichtheit der Absicht. Doch man sollte sich keine Illusionen machen: Fechten ist verdammt gefährlich, besonders dann, wenn es mit Begriffen wie Ehre verknüpft wird.

Und das ist in Paris im Jahr 1887 noch der Fall. „Seine Ehre verteidigt man mit seinem Blut“, verheißt gleich zu Beginn des Films eine Schrifttafel. Duelle sind zwar verboten, aber noch weit verbreitet. Sie müssen mindestens 48 Stunden nach der Ehrverletzung stattfinden. Vor dem Hintergrund dieses Ehrenkodexes muss Clément Lacaze (cool und charismatisch: Roschdy Zem), ein versierter Meister des Schwertes und engagierter Lehrer an einer Fechtschule, seinen jungen Neffen Adrien auf ein aussichtsloses Duell mit dem erfahrenen Colonel Berchère (Vincent Perez) vorbereiten. Eine Entschuldigung hätte die Sache aus der Welt schaffen können. Doch Adrien weigert sich. Es kommt, wie es kommen muss. Darin verwoben ist die Geschichte der Feministin Marie-Rose Astié de Valsayre (Doria Tillier), die selbstbewusst, frech und wortgewandt für das Frauenwahlrecht streitet, für gleiche Gehälter und das Recht, Hosen zu tragen. Sogar einen Damen-Fechtclub will sie gründen. Ein kleiner Hinweis darauf, dass der Kampf der Geschlechter in diesem Film am Schluss mit dem Degen ausgefochten werden könnte.

Ehre geht den Männern über alles

Regisseur Vincent Perez, der schon als Schauspieler in Philippe de Brocas „Duell der Degen“ (1997) einschlägige Erfahrungen sammeln konnte, schildert das Fechten als herausfordernden Sport, der Mut und Eleganz, Intelligenz und Können erfordert. Das beweist gleich die erste Szene, in der Lacaze in seinem Fechtclub vor Zuschauern gegen einen spanischen Kollegen kämpft, der ihm trotz seiner überragenden Kraft unterlegen ist.

Allerdings ist es auch ein Sport, der durch eine lange feudale Tradition sowie durch das 19. Jahrhundert mit seinen verschiedenen sozialen Kräften geprägt ist und mit der Überhöhung des Ehrbegriffs sogar zweckentfremdet wird. Ehre, darauf verweist schon der französische Originaltitel „Une affaire d’honneur“, geht den Männern zu jener Zeit immer noch über alles, Frauen wird sie gar nicht zugestanden. Darum können sie, welch eigentümlicher Umkehrschluss, auch nicht in ihrer Ehre verletzt werden. „Eine Beleidigung bleibt eine Beleidigung, egal welches Geschlecht“, ruft darum Marie-Rose einmal entrüstet aus, weil ein missgünstiger Journalist sich in der Zeitung über ihre Emanzipationsbestrebungen lustig gemacht hat. Eine Frau, die sich mit ihren Wünschen nach einer gerechteren Gesellschaft zu sehr aufreibt. „Mein Leben ist voller Phantome“, sagt sie einmal.

Niemals den Gegner unterschätzen!

Perez legt sehr viel Wert auf die Inszenierung der Duelle, die auch schon mal mit der Pistole oder hoch zu Ross mit gefährlichem Säbel ausgetragen werden. Er macht mit den Regeln vertraut und erklärt die Codizes. „Die Distanz ist deine neue Geliebte“, sagt Lacaze zu seinem Neffen, um die Wichtigkeit des Abstandes zwischen den Gegnern zu betonen. „Mit der Waffe in der Hand niemals den Gegner unterschätzen“, rät er Marie-Rose wegen ihres aufbrausenden Temperaments. Die Duelle sind denn auch perfekt choreographiert, von Kamerafrau Lucie Baudinaud aufregend eingefangen und von Sylvie Lager geschickt geschnitten, während das Produktionsdesign ein genaues Gefühl für die damalige Zeit vermittelt.

Man mag bedauern, dass die Dialoge in diesem actionbetonten Film mitunter zu kurzen Handlungsanweisungen mutieren und die Figuren ohne große Charakterentwicklung zu Chiffren werden: der überlegene, wortkarge Fechtlehrer, der naive, unerfahrene Neffe, der arrogante und skrupellose Colonel, die temperamentvolle, stolze Feministin. Und doch gelang Perez ein unterhaltsamer Mantel-und-Degen-Film, der den Zuschauer in eine vergangene Ära versetzt und vor allem das pflegt, was den primären Reiz des Genres ausmacht: die Lust am Tanz der Klingen.

Erschienen auf filmdienst.deUne affaire d´honneurVon: Michael Ranze (7.10.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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