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Filmkritik
Eine Geschichte aus dem nördlichen Finnland, oberhalb des Polarkreises. Sie spielt in einer kleinen Stadt, die es nur deshalb zu geben scheint, weil hier am Ende der Welt in größerem Umfang Holz gefällt wird. Davon bestreiten die Männer ihren Unterhalt, Typen wie der massige Tuomas (HP Björkman) und der schmale Pepe (Jarkko Lahti). Sie leben in einförmigem Einklang mit der Welt. Nach der Arbeit geht man zum Eisfischen, widmet sich poetischen Vorlieben, trifft sich mit den Ehepartnern zum Kartenspiel und schweigt miteinander.
„Die Geschichte vom Holzfäller“ von Mikko Myllylahti wirkt zunächst wie einer jener melancholischen Filme im Geiste von Aki Kaurismäki, deren Humor daraus resultiert, dass ihn die handelnden Personen nicht wahrnehmen. Jarkko Lahti verkörpert den Protagonisten Pepe, der in jeder Situation immer so optimistisch bleibt, dass er seinen Kollegen auf die Nerven geht. Besonders fehl am Platz wirkt seine Zuversicht, wenn er als Anzugträger im Sägewerk erscheint und der Belegschaft erklärt, warum die Holzwirtschaft von gestern ist – das Werk wird geschlossen. Damit beginnt eine Zeit der Krise.
(K)ein fröhlicher Idiot
Das klingt zunächst nach einem Sozialdrama, in dem die geschassten Arbeiter plötzlich die Vorzüge klassenkämpferischer Solidarität entdecken. Doch dann folgt etwas komplett anderes. Denn Tuomas bekommt Wind von der Affäre seiner Frau mit dem örtlichen Friseur und sinnt auf Rache. HP Björkman spielt den nachdenklichen Mann mit einer derartigen Präsenz, dass man ihn lange für die Hauptfigur halten könnte.
Pepe dagegen wird in eine ganz eigene, ziemlich wundersame Welt verstrickt. Im Gefolge der skurrilen und bisweilen brutalen Wendungen wirkt er allerdings immer weniger wie ein fröhlicher Idiot. Schon zu Beginn schien hinter seiner zuversichtlichen Fassade des notorisch halb gefüllten Glases immer auch die Angst zu lauern, als Einzelner in den endlosen tonlosen Weiten von der Welt vergessen zu werden. Diese fundamentale Angst fügt seiner seltsamen Figur etwas Universelles hinzu. Das Negative, Abgründige, nicht Integrierbare bricht sich irgendwann Bahn.
Für den Regisseur Myllylahti verbindet auch die Nebenfiguren wie Jaakko (Marc Gassot), den singenden Anführer einer spirituellen Sekte, eine mentale Verwandtschaft mit Pepe: „Sie kämpfen gegen ihre Qualen an und versuchen, einen Sinn zu finden, den es nicht zu geben scheint.“ Der Holzfällerfilm, der sich einer Genreeinordnung widersetzt, fängt irgendwann mächtig zu spuken an und wird sogar blutrünstig. Normalerweise spricht man bei Filmen, die zunächst eher komisch wirken, dann aber drastische Gewalt zeigen, gern von schwarzem Humor. Hier aber stellt sich die Frage, ob das Dargestellte nicht zu existentiell und zu bewusst ungebrochen ist, um überhaupt noch von Humor sprechen zu können.
Eine mystische Unberechenbarkeit
Auch wenn der wortkarge Ton in zeitgenössischen finnischen Filmen verbreitet zu sein scheint, bleibt „Die Geschichte vom Holzfäller“ ungewöhnlich. Denn Mikko Myllylahti vermischt dieses Element mit einer mystischen Unberechenbarkeit, die zunächst nicht zu passen scheint, nach und nach aber immer reizvoller wirkt. Das wirkt bisweilen symbolisch überladen. Und auch daran, dass jedes Detail hier einen größeren Sinn ergibt, lässt sich ebenso zweifeln wie an der Behauptung, dass ein Film überhaupt einen eindeutigen Sinn haben muss.