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Filmkritik
Ein Schneesturm tobt über den kanadischen Wäldern und begräbt sie unter dämpfender Stille. Etwas Bedrohliches liegt in der Luft, eine aufgeraute Stimmung, die sich durch den ganzen Film zieht. Von der Kälte draußen springt die Kamera in das Innere einer Bar. Der goldene Schein einer Bierflasche auf dem Tresen erfüllt das gesamte Bild und fängt den Blick, während in der Unschärfe dahinter zwei Schatten miteinander kämpfen.
„The Oak Room“ ist kein Film der Überwältigung. Bis auf eine Szene gibt es keine drastische Gewalt. Der Thriller von Regisseur Cody Calahan ist aus sich verschachtelnden Erzählungen gebaut, die sich ineinanderschieben und deren Verbindung nur durch Kleinigkeiten angedeutet wird. Man muss gut hinschauen und hinhören, damit das rätselhafte Ende auch einen Sinn ergibt. Auf was wird man also achten? Auf die Bierflasche im Vordergrund oder die Schatten dahinter?
Traurige Männer am Tresen
Alles beginnt mit einem späten Gast. Der Barkeeper Paul (Peter Outerbridge) ist gerade dabei aufzuräumen und abzusperren, als Steve (RJ Mitte) aus dem Schneetreiben in den Raum tritt. Die beiden Männer kennen sich, die Spannungen zwischen den beiden sind sofort spürbar. Paul war mit Steves Vater befreundet und ist für dessen Beerdigung aufgekommen. Das Geld will er nun wiederhaben. Doch seine Wut geht weit darüber hinaus: Der Sohn hat den Vater im Stich gelassen. Oder ist es andersherum? Immerhin hat der Barmann von der Depression seines besten Kumpels profitiert: Traurige Männer sind an Tresen immer noch die besten Kunden.
Steve beginnt indessen eine Geschichte zu erzählen, die, wie er sagt, als Rückzahlung völlig ausreichen sollte. Damit springt „The Oak Room“ in jene titelgebende Kneipe, in der sich vor ein paar Tagen schreckliche Dinge abgespielt haben sollen. Erneut will ein Barmann eigentlich Feierabend machen. Zumindest glaubt man das. Dann allerdings tritt ein elegant, aber für den Schneesturm völlig unpassend gekleideter Mann ein und bittet darum, sich aufwärmen zu dürfen.
Die Spannung ist an diesem Punkt bereits unerträglich, obwohl bislang eigentlich nichts passiert ist. Dann allerdings wird in der Geschichte eine weitere Erzählung aufgemacht und der unscheinbare Thriller entwickelt sich zu einer existenziell verwobenen Matrjoschka, zusammengesetzt aus Schuld, Gewissen und falschen Entscheidungen. Irgendwer ist auf den Weg. Und er hat keine guten Absichten.
Alles muss offenbleiben
Wie so häufig bei Filmen, die möglichst geheimnisvoll sein wollen, müssen einige bedeutungsschwangere Dialoge ausgehalten werden. Während innere Konflikte oftmals klar ausgesprochen werden, bleibt der zentrale Konflikt zwischen Paul und Steve ungenannt. Was will der Barmann von seinem jüngeren Gegenüber? Dass es sich zumindest in Teilen um Geld handelt, ist offensichtlich. Wieso aber wird ein mysteriöser und offensichtlich bedrohlicher Mann namens Stelli angerufen? An diesen Stellen tänzelt „The Oak Room“ ein wenig um seinen dramaturgischen Kern herum: Alles muss möglichst offen sein.
Dies wiegt allerdings nicht so schwer, da die Inszenierung die Lüge in den Geschichten, die diese möglichst spannend machen sollen, selbst thematisiert. Insofern hat man es bei diesem kleinen, narrativ weit ausgreifenden Kammerspiel auch mit einem Meta-Film über das Verhältnis von Wahrheit und Erzählung zu tun. In wessen Kopf sich die Flashbacks abspielen und wer sich die Bilder zu den Sätzen imaginiert, wäre eine interessante Frage in Bezug auf den Aufbau des Films.
Die Kälte in den Seelen
„The Oak Room“ gelingt ein kleines Indie-Kunststück: ein kleiner, mit wenig Geld inszenierter Film erzeugt seine Spannung aus den limitierten Mitteln und erzählt zwischen den Zeilen deutlich visueller, als es zunächst den Anschein haben mag. Die Eiseskälte und die moralischen Abgründe in den Seelen seiner Protagonisten fängt „The Oak Room“ hervorragend ein.