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Filmkritik
Victor (Leslie Odom Jr.) glaubt nicht. So sehr seine Frau Sorenne (Tracey Graves) berührt ist von der Zeremonie, die sie inmitten einer Gruppe von haitianischen Frauen erlebt, so wenig kann Victor sie ernst nehmen. Das Ritual im Prolog von „Der Exorzist – Bekenntnis“ von David Gordon Green, offenbart als Hybridform aus Katholizismus und Voodoo, was das späte Sequel von „Der Exorzist“ unter Glauben versteht und welche Bedeutung der Film ihm beimisst. Überschattet wird es von der Ankündigung einer Katastrophe, die bereits mit der ersten Texttafel erfolgt: Sorenne und Victor machen Urlaub auf Haiti, im Januar des Jahres 2010. Auf das schützende Ritual folgt die Erdbebenkatastrophe. Port-au-Prince liegt in Trümmern. Sorenne stirbt im Krankenhaus. Ihr Baby überlebt.
Persönliches Trauma und dämonische Kraft
Dreizehn Jahre später beginnt der eigentliche Film. Das geschichtliche und persönliche Trauma ist hier, ebenso wie in William Peter Blattys Roman „Der Exorzist“ und William Friedkins gleichnamiger Verfilmung von 1973 der Ankerpunkt, an den sich die dämonische Kraft klammert. Nicht nur Victors mittlerweile 13-jährige Tochter Angela (Lidya Jewett), sondern auch ihre Freundin Katherine (Olivia Marcum) werden vom Bösen heimgesucht. Mit einem harmlosen Teenie-Ritual versuchen sie, Kontakt zu den Toten aufzunehmen. Für drei Tage verschwinden beide Mädchen. In der Scheune eines mehrere hundert Meilen entfernten Hofes findet man sie. Nichts weist auf Entführung oder Missbrauch hin. Sie haben keine Erinnerung an die Reise und ihr zunächst katatonischer Zustand wandelt sich mehr und mehr in eben jene Verhaltensweisen, die Medizin und Wissenschaft nicht erklären können.
Wie Friedkins „Der Exorzist“ ist „Der Exorzist – Bekenntnis“ weniger ein Film über Dämonen als ein Film über Traumata und die Leidenswege, die sie nach sich ziehen. Die Eltern müssen hilflos mitansehen, wie die eigenen Töchter sich selbst verstümmeln, sich mit den eigenen Fingernägeln Worte in die Bauchdecke kratzen und Namen in das Holz ihrer Krankenbetten ritzen, bis jene Fingernägel sich wie große blutige Krümmel auf dem Boden sammeln. Der Film nimmt sich viel Zeit, eine Grundierung für die entlang des Leids und der Hilflosigkeit der Eltern aufgezogene Ästhetik zu schaffen. Viel Zeit wird mit kleinen Alltagsroutinen verbracht, aus denen sich Green die besondere Bindung zwischen Vater und Tochter zusammenpuzzelt. Viel Zeit bekommt auch das Umfeld der Familien, das den verzweifelten Eltern beistehen wird – dort, wo Medizin und Wissenschaft letztgültig aufgeben müssen, wo die Grenzen des Verstandes erreicht sind, wo der Glaube beginnt.
Direkt ans Original angedockt
Eben dieser Glaube ist in „Der Exorzist – Bekenntnis“ nicht mehr institutionell getragen. Die katholische Kirche befasst sich zwar mit dem Fall, lehnt einen Exorzismus der Mädchen aber ab. Der katholische Priester, der trotzdem antritt, die Dämonen auszutreiben, ist das erste Opfer, das die lange Nacht des Exorzismus, das Herzstück des Films, fordert. Auch hier erfindet David Gordon Green das Rad nicht neu (wie es etwa John Boorman mit „Exorzist II - Der Ketzer“ versuchte), sondern dockt direkt an Friedkins Original an. Für den finalen Ritus ergänzt Green das Bildrepertoire des Originals, das Schmerz, Trauma und Ohnmacht aus den Gesichtern der Protagonistinnen abliest, mit seiner eigenen, CGI-gestützten Ästhetik. Dämonenfratzen werden sichtbar, der animierte Nebel widersetzt sich den Kräften, die ihn in natürliche Bewegungsrichtungen drängen, Hände versuchen die figurative Membran zu durchdringen, die das Böse zwischen den Welten gespannt hat.
Wichtiger als das Böse, das sich hier neue, modernere, obschon nicht unbedingt effektivere Formen des Schreckens sucht, ist aber immer der Glaube, der in den fünfzig Jahren, die zwischen diesem Sequel und seinem Vorgänger liegen, eine deutliche Veränderung erfahren hat. An die Stelle der Kirche tritt eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Freunden, Nachbarn und Hilfsbereiten. Die Koalition der Solidarischen bringt mit Ellen Burstyns Figur Chris MacNeil nicht nur eine der ursprünglichen Figuren aus Blattys Roman mit, sondern auch eine grundmodernisierte Glaubensauffassung. Nicht in der Reinheit des Glaubens liegt seine Kraft, sondern in seiner Diversität.
Mit Benedictus und Heilpflanzen
Die Überlebensfähigkeit der Glaubenstraditionen, die bereits zur Zeit der Sklaverei verschiedene Religionen miteinander verschmelzen ließen, wird beim Exorzismus auf eine harte, aber nie allzu grausame Probe gestellt. Dem Bösen rückt man also nicht nur mit dem Benedictus, mit Ezekiel und Hiob zu Leibe, sondern auch mit den durch den Voodoo beschworenen Kräften der Natur: Heilpflanzen, Salben und Räuchern.
David Gordon Green jongliert die Vorlage, ihre Modernisierung und den Synkretismus gekonnt, aber mehr als die Summe seiner Teile will der Film nicht werden. Zwischen dem Wunder des Glaubens, seinen ethischen Geboten und den individuellen Glaubensauslegungen geht mitunter ein wenig das verloren, was das Wagnis des Glaubens für Victor überhaupt erst so entscheidend macht: das Böse. Wirklich transzendent will der elegant und minutiös gebaute Film, allen Glaubensbekenntnissen zum Trotz, aber nicht werden.