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Filmplakat von The Love - Lass die Liebe sprechen

The Love - Lass die Liebe sprechen

102 min | Drama, Liebesfilm, LGBTQ
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Der marokkanisch-niederländische Karim (Fahd Larhzaoui) kehrt in sein Elternhaus zurück und eröffnet seinen Eltern, dass er auf Männer steht. Ihre Reaktion führt zu einer Entdeckungsreise durch Karims Isolation, während er versucht, eine tief verwurzelte Kultur des Schweigens zu durchbrechen.
Karim, ein erfolgreicher Geschäftsmann marokkanisch-niederländischer Herkunft, lebt in den Niederlanden und führt eine Beziehung mit Kofi. Als sein Vater Abbas zufällig herausfindet, dass Karim homosexuell ist, beschließt er, mit seinen Eltern Abbas und Fatima offen über seine sexuelle Orientierung zu sprechen. Ihre ablehnende Reaktion führt dazu, dass Karim sich in einen Raum unter der Treppe zurückzieht. Der Film begleitet Karim auf einer Entdeckungsreise durch seine Isolation, während er versucht, die tief verwurzelte Kultur des Schweigens zu durchbrechen.

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Filmkritik

Karim (Fahd Larhzaoui), ein Marokkaner, ist erwachsen, erfolgreich und ein guter Sohn. Er lebt in Holland; seine Eltern sind vor Jahrzehnten dorthin emigriert. Dennoch weiß niemand in seiner Familie Bescheid über seine sexuelle Orientierung. Bis jetzt, denn nachdem sein Vater ihn zufällig mit einem Lover gesehen hat, will Karim zuhause endlich die Wahrheit sagen.

Regisseur Shariff Nasr deutet die größte Schwierigkeit dieses Entschlusses an, denn es ist für Karim durchaus ein Problem, seine Fassade als heterosexueller Mann aufzugeben. Das weitaus größeres Problem aber ist, dass sich seine Familie einem Gespräch über seine Homosexualität verweigert.

Drei Tage in der Kammer

Karim sperrt sich in der elterlichen Wohnung in die Abstellkammer ein. Er will erst wieder herauszukommen, wenn seine Eltern mit ihm gesprochen haben. Im Laufe der folgenden drei Tage, die er dort verbringt, wird klar, zu welchen weitreichenden Konsequenzen es führt, wenn ein muslimischer Mann das Schweigen über Homosexualität bricht. Denn nur mit Schweigen, also mit Lügen, bleibt der Ruf der Familie intakt. Die Nachbarschaft wird nicht erschüttert, und auch der Imam hat kein Problem, solang der Schein gewahrt bleibt. Nur weil die Beteiligten in Amsterdam leben, ist der Druck der arabischen Kultur keineswegs geringer.

In Rückblenden entfaltet sich Karims Geschichte. Man sieht seine Kindheit, in der sich bereits abzeichnet, dass seine Sympathien nicht den netten Cousinen gelten. Man sieht seine Hilflosigkeit als Erwachsener, wenn er sich in den Schwulenclubs anderer Städte Ablenkung verschafft, immer anonym, ausschließlich sexorientiert.

Dort trifft er dann aber auch einen Mann, mit dem er eine Beziehung eingeht. Von dem Ghanaer Kofi lernt er, dass man um Offenheit nicht herumkommt, wenn man nicht an Schwermut sterben will. Auch Kofi ist nach Europa geflohen, um ein schwules Leben führen zu können; er kennt das Gewicht der Lüge, die Karim mit sich trägt.

Die Wahrheit macht nicht frei

Während der Film einerseits in der Abstellkammer bleibt, eingeklemmt zwischen Bügelbrett und Teppichklopfer, gibt es dennoch ein Draußen. Die Eltern stehen abwechselnd vor Karims Tür, um ihn zu beschwören, mit dem Unsinn aufzuhören. Damit meinen sie die Homosexualität, die sie mal als Krankheit, mal als Verwirrung definieren. Wobei sie es alle besser wissen: Karims Cousin Soufian starb, nachdem er sich geoutet hatte; er unterwarf sich den Vorgaben der muslimischen Gemeinde, hielt der Unterdrückung aber nicht stand. Soufian wurde beerdigt; dann schnitt man sein Bild aus den Familienfotos heraus. So wird im konservativen Milieu von „The Love“ auf die Wahrheit reagiert.

Erhellend sind die Eingeständnisse der Eltern, die vor der Abstellkammer manchmal so reden, als hätten sie einen kleinen Beichtstuhl in der Wohnung. Die Mutter (Lubna Azabal) musste sich beispielsweise ihr Leben lang den Regeln beugen, die jeden Funken persönlicher Freiheit ausgelöscht haben; noch heute weint sie darüber. Der Vater wiederum kannte nichts anderes als diese Regeln, an denen er sich festhielt, egal ob in Marokko oder in Europa. Der ursprüngliche Gedanke des Ehepaars, für ein freieres Leben ins Ausland zu gehen, verschwand, sobald es sich dort etabliert hatte.

Es gibt komödiantische Erleichterungen im Drama, herbeigeführt durch die marokkanische Nachbarschaft. Die Wohnung der Familie wird nie verlassen, was den Kammerspiel-Charakter des Films unterstreicht; kleine Slapstick-Einlagen an der Haustür lockern die Atmosphäre aber auf. Die Nähe ist im Viertel so groß, dass die Aufregung in der Wohnung niemandem verborgen bleibt. Nur um was es geht, ist nicht klar. Also werden neugierig Lebensmittel vorbeigebracht oder Mitgefühle geäußert.

Die Liebe als Bedrohung

Shariff Nasr arbeitet sich schön exaltiert an etlichen der Klischees ab, die den nahöstlichen und nordafrikanischen Communitys an den Stadträndern anhängen. So wird die Liebe als Bedrohung vorgeführt: für die Reputation, für die Religion, für die althergebrachten Regeln. Das führt nach den drei Tagen, in denen Karim die Familie zur Ehrlichkeit zwingt, zu einer Explosion, die physisch wie emotional nicht viel intakt lässt. Die Ängste der Eltern und die von Karim werden zertrümmert; was daraus entsteht, weiß man nicht. Aber die Kamera fährt zum ersten Mal zurück in die Totale, hinaus ins Viertel, hinweg über all seine Bewohner. Das Bild wird weit, und es entsteht eine neue Perspektive.

Erschienen auf filmdienst.deThe Love - Lass die Liebe sprechenVon: Doris Kuhn (28.1.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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