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Filmkritik
Die Körper-Inszenierungen von Jennifer Lopez sind medial allgegenwärtig. Ganz egal, ob sie in engen, über den Bauchnabel reichenden Lederhosen über die Bühne schwirrt und ihre Rückenansicht hüftschwingend in die Kamera hält, sich in Videos mit dem nicht sehr subtilen Titel „Booty“ Po-Wackel-Duelle mit anderen Sängerinnen liefert oder in Rachefilmen wie „Genug“ (fd 35 582) schweißtreibendes Training absolviert, um schlagkräftig, mit erotisch aufgeladener Dominanz die Männer zu versohlen – die Lopez hat ihren Körper zum Markenzeichen gemacht und scheut sich dabei auch nicht davor nicht, dessen mediale Vervielfältigung ins Vulgäre zu treiben. Auch in „The Boy Next Door“ läuft sie zu Beginn schwitzend durch den Wald, in Leggings und Tanktop: Offensichtlich hat sie genug Puste, um die Qualen dieses Films zu überstehen. Jennifer Lopez spielt Claire Peterson, eine Highschool-Lehrerin Mitte 40, die sich soeben von ihrem untreuen Ehemann Garrett getrennt hat und ihren Sohn Kevin fortan alleine erzieht. Die seelischen Narben sind noch nicht verheilt, zumal Garrett immer mal wieder an der Tür klopft und um Vergebung bettelt. Doch da kommt der titelgebende Junge von nebenan ins Spiel: Noah, soeben eingezogen, 19 Jahre alt, attraktiv, für sein Alter zu charmant und zu erfahren. Das streikende Garagentor repariert er im Nu, mit Kevin versteht er sich bestens. Es kommt, wie es kommen muss: Claire und Noah schlafen miteinander. Die Reue folgt auf den Fuß, Claire geht höflich, aber bestimmt auf Distanz. Doch Noah will mehr. Um seinem Schwarm nahe zu sein, schreibt er sich sogar in Claires Klasse ein. Bis sich jemand zu fragen beginnt, wie eigentlich die Eltern des Jungen umgekommen sind. Mit einem Mal laviert der Film im Fahrwasser eines Stalking-Thrillers à la „Eine verhängnisvolle Affäre“ (fd 26 616) oder „Der Feind in meinem Bett“ (fd 28 797) – mit allen Versatzstücken, die das Subgenre des Erotik-Thrillers zu bieten hat. Drehbuchautorin Barbara Curry und Regisseur Rob Cohen wollten aber mehr, etwas in der Art von Actionkino für Wissbegierige: Claire lehrt an ihrer Schule die „Ilias“, Noah hat ein Paar Homer-Zitate in petto, und bis zu Sophokles und „König Ödipus“ ist es dann auch nicht mehr weit. Das ist starker Tobak, zumal das moralische Problem – eine Lehrerin unterhält mit einem Schüler eine sexuelle Beziehung – hier trotz seiner aktuellen Brisanz aus dem Blickfeld gerät. Auch über sexuelle Gewalt oder bedingungslose Abhängigkeit beziehungsweise über die Liebe als Gefängnis hat der Regisseur nichts zu sagen. Cohen arbeitet sich vielmehr an den Stereotypen des Genres ab. Der jugendliche Liebhaber entpuppt sich als Psychopath, der mit krimineller Energie den nächsten Schrecken vorbereitet. Das wirkt mitunter unfreiwillig komisch angesichts der ernsthaften Zielgerichtetheit, und die holprige Inszenierung tut ein Übriges, während sich die Kamera auf die Ablichtung gelackter Oberflächenreize des begüterten Vorstadtlebens beschränkt. „Geweissagt naht mein Ende, die Zeichen treffen ein, die Delphi mir verkündet, wenn Blitze Zeus’ und Beben sich begegnen,“ heißt es bei Sophokles, und so kann man sich auch hier darauf verlassen, dass der ödipale Herzensbrecher mit großem Feuer und viel Getöse in vager Anlehnung an den Hades seinem verdienten Schicksal entgegensieht. Ein Bezug, mit dem man Jennifer Lopez, die auch als Produzentin verantwortlich zeichnet, zu viel Ehre erweist: So viel Tiefgang wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Hauptsache, ihr Körper wird ins rechte Licht gerückt.