Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Alles beginnt in einer Villa im kolumbianischen Dschungel: Ein Drogenbaron will an einen britischen Interessenten ein geheimes Programm verkaufen, mit dem sich jedes Computersystem knacken lässt. Als eine Elite-Einheit des kolumbianischen Geheimdienstes eingreift, kann der Agent Luis (Édgar Ramírez) den Apparat an sich nehmen und entkommen. Bald bietet er seine Beute der CIA an, die ihre Agenten Mace Browne (Jessica Chastain) und Nick Fowler (Sebastian Stan) zur Übergabe nach Paris schickt. Doch der Deal geht schief, Luis gelingt die Flucht und Mace darf – allerdings mit Wissen ihres Chefs – nur noch auf eigene Faust agieren, um die Scharte wettzumachen. Als erstes bittet sie deshalb eine alte Vertraute, die ehemalige MI6-Agentin Khadijah Adiyeme (Lupita Nyong’o), um Hilfe, denn es droht nicht weniger als ein Dritter Weltkrieg.
In seiner zweiten Regiearbeit nach „X-Men: Dark Phoenix“ (2019) versammelt Simon Kinberg ein veritables Frauen-Power-Quintett vor der Kamera: Jessica Chastain, Diane Kruger, Lupita Nyong’o, Penélope Cruz und Bingbing Fan treten mit vereinten Kräften an, um allerlei männliche Bösewichte zu schlagen. Gemeinsam bilden sie „355“, eine unabhängige Einsatzgruppe der besten Agentinnen der Welt.
In der Tradition einer legendären Spionin
Die Zahlenkombination verweist auf den Decknamen einer legendären Spionin, die eine wichtige Rolle im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg spielte, indem sie half, Informationen über Bewegungen der britischen Truppen an die US-Generäle weiterzugeben. Bis heute ist unbekannt, wer hinter dem Codenamen steckt. Und bis heute sollen sich Geheimdienstmitarbeiterinnen in den Vereinigten Staaten gegenseitig „355“ nennen.
Die Idee zu dem Filmstoff stammt von Jessica Chastain, die nicht nur eine Hauptrolle spielt, sondern den Film auch mitproduziert hat. Sie entwickelte das Konzept eines Agententhrillers mit einem internationalen femininen Ensemble, das deutlich über das Genrevorbild „Drei Engel für Charlie“ hinausgeht, nicht nur weil die Agentinnen keinen männlichen Steuermann im Hintergrund mehr brauchen. Chastain gewann den Regisseur Kinberg, der das Drehbuch mit der Dramatikerin Theresa Rebeck verfasste, für das Projekt.
Unübersehbar bewegt sich „The 355“ auf den Spuren der James-Bond- und Jason-Bourne-Filme. So jetten die Agentinnen wie 007 zu imposanten Schauplätzen von Kontinent zu Kontinent und prügeln sich so hart wie Bourne mit ihren männlichen Widersachern. Allerdings steht hier nicht eine einzelne Heldin im Vordergrund, sondern ein Team, das erst durch eine enge Kooperation und die Kombination einschlägiger Talente zu voller Stärke aufläuft. Dabei vereint das Quintett ein kräftig typisiertes Ensemble von Einzelkämpferinnen mit diversen Fähigkeiten und Temperamenten: eine hitzköpfige Amerikanerin, eine misstrauische Deutsche, eine britische High-Tech-Pionierin, eine empathische Psychologin aus Kolumbien und eine athletische Hackerin aus China.
Auch die Innendienstlerin leistet ihren Beitrag
Penélope Cruz sticht in der Runde etwas heraus, ist ihre Figur Graciela doch am stärksten einem traditionellen Frauenbild verhaftet: Sie macht als Innendienstlerin anfangs nur widerwillig bei der 355-Mission mit und telefoniert mehrfach mit Ehemann und zwei kleinen Söhnen, trägt aber maßgeblich zur Überwindung von Konflikten in der Gruppe und damit zum Zusammenhalt bei.
Kinberg inszeniert das Spektakel mit etlichen aufwändigen Action-Sequenzen und viel Handkamera-Einsatz solide und geradlinig, so dass Genre-Liebhaber bei „355“ allemal auf ihre Kosten kommen. Große Überraschungen bietet der Film, dessen Plot – wie in diesem Genre zu erwarten – einige Haken schlägt, aber nicht. Da kann die Tatsache, dass Khadijah mit einem cleveren Elektronik-Tool sämtliche Handys in einem Gebäude zur Ablenkung auf einmal klingeln lässt, schon als origineller Einfall durchgehen. Die Filmemacher hoffen trotzdem bereits auf ein Sequel: Im Schluss von „355“ ist das Samenkorn für eine Fortsetzung angelegt.