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Filmplakat von Aniden

Aniden

115 min | Drama | FSK 18
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  • RegieMelisa Önel
  • Dauer115 Minuten
  • GenreDrama
  • AltersfreigabeFSK 18
  • TMDb Rating7/10 (1) Stimmen

Vorstellungen

CineStar Dortmund
Steinstraße 44
44147 Dortmund

Filmkritik

Laura (Mélanie Thierry) und Ben (Gilles Lellouche) reisen mit dem Segelboot durch die Weite der chilenischen Antarktis. So vertraut, zärtlich und albern, wie die beiden miteinander umgehen, wirkt es fast, als wären es ihre zweiten Flitterwochen. Geblendet von der rauen, verlassenen Landschaft verkennt das Paar aber die Gefahren, die sich hier verbergen. Die Idee, auf einer einsamen Insel anzulegen, wird ihnen zum Verhängnis. Nachdem sie wegen eines Gewitters Schutz in einer alten Walfangstation suchen, ist ihr Boot am nächsten Morgen verschwunden.

Die atemberaubende Natur wird in „Suddenly – Überleben im Eis“ zum übermächtigen Gegner. Ohne Aussicht auf schnelle Rettung müssen Laura und Ben lernen, ihr Überleben in einer feindlichen Umgebung zu sichern. Dank Holz und einem Feuerzeug brauchen sie nicht zu frieren. Wasser bekommen sie aus einer nahegelegenen Quelle. Doch weil die Muscheln vom Strand nicht sonderlich schmecken, machen sie schweren Herzens Jagd auf Pinguine.

Ein weicher, gleitender Streicher-Sound

Obwohl das Überleben in „Suddenly“ elementar ist, entwickelt der Film sich gerade nicht zum Survival-Thriller. Zwar ist das Paar bald der Härte des antarktischen Winters ausgeliefert, doch Regisseur Thomas Bidegain spinnt daraus keine mühsam zu bewältigenden Herausforderungen, die sich zu genretypischen Spannungsmomenten verdichten würden. Der weiche, gleitende Streicher-Score von Raphaël Haroche wählt dafür einen entsprechenden Sound: Er peitscht nicht auf, sondern betont elegisch das dramatische Potenzial der Geschichte. Tatsächlich sind die Isolation und die Extremsituation für die Adaption des Romans „Herz auf Eis“ von Isabelle Autissier vorrangig dazu da, um den Druck auf die Gestrandeten auszuüben.

„Suddenly“ versucht sich an einer Mischung aus Robinsonade und Beziehungsdrama. Die anfängliche Idylle wird schnell als letzter Versuch enttarnt, die angeschlagene Ehe zu retten. Vorwürfe lassen in der Ausnamesituation nicht lange auf sich warten. Wenig später kommt es zum erbitterten Streit voller kalkulierter Verletzungen. Einmal spielt Ben auf einer selbst gebastelten Flöte eine unbeholfene Version des „Joy Division“-Songs „Love Will Tear Us Apart“. Und auch der Film führt in mehreren Phasen vor, wie das Paar durch seine prekären Lebensbedingungen auseinandergerissen und wieder zusammengeschweißt wird.

Am seidenen Faden

Die Idee, ein Liebesdrama aus seinem gesellschaftlichen Kontext zu lösen, ist an sich vielversprechend. Ben und Laura müssen ihr ganzes Leben neu aufbauen und organisieren. Weil es auf der Insel keine Ablenkung und keine Fluchtmöglichkeiten gibt, braucht man sich gegenseitig auch nichts mehr vorzumachen. Wie eng kann man aber zusammenrücken, wenn das eigene Leben am seidenen Faden hängt und man sich selbst am nächsten ist? Es sind spannende Fragen, die der Film aufwirft, doch letztlich interessiert er sich dafür nur wenig.

Als größtes Manko erweist sich, dass ausgerechnet die Beziehung, auf die sich alles konzentriert, mit Plattitüden abgehandelt wird. Schon die Protagonisten sind nicht viel mehr als grobe Typen. Er ist impulsiv, besserwisserisch und von Minderwertigkeitskomplexen geplagt, sie dagegen ehrgeizig, klug und emotional labil. Bei ihren Streitereien kommen eine Affäre, ein jobbedingter Umzug und ein missbräuchlicher Ex-Freund zur Sprache, aber mehr als eine lieblos abgehakte Checkliste möglicher Konflikte wird daraus nicht. Der Film verfügt über eine faszinierende Landschaft und eine ausweglose Situation, die dramaturgisch hochinteressant sind. Doch die Regie investiert kaum Arbeit in die Figuren, um sie aus ihrer Eindimensionalität zu befreien.

Eine schwierige Entscheidung

Ein wenig an Intensität gewinnt „Suddenly“, als Laura schwanger wird und sich plötzlich entscheiden muss, ob sie den schwer verletzten Ben oder ihr ungeborenes Kind retten will. Im Gegensatz zu den etwas abgegriffenen Szenen über die Ehe wird es nun existenziell. Der Film wirkt dort am konzentriertesten, wo er Laura dabei folgt, wie sie alleine versucht, über das verschneite Gebirge auf die andere Seite der Insel zu gelangen. Nun gibt es nur noch die Natur und Laura, die zwischen Liebe, Pflichtgefühl, Überlebenstrieb und Egoismus hin- und hergerissen ist. Dass ein Beziehungsdrama seinen stärksten Moment gerade dann erlebt, wenn es nur noch um einen der beiden geht, ist vielleicht nicht das schmeichelhafteste Kompliment, das man „Suddenly“ machen kann.

Erschienen auf filmdienst.deAnidenVon: Michael Kienzl (14.3.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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