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Filmkritik
Compton ist kein Sehnsuchtsort. Der Stadtteil von Los Angeles wird seit Jahrzehnten von Armut und Kriminalität geplagt. Gerade deshalb hat er in der Popkultur einen fast mythischen Ruf erlangt. Diese zwiespältige Berühmtheit verdankt die Gemeinde dem 1988 erschienenen HipHop-Album „Straight Outta Compton“. Das Debüt von N.W.A. war Ausdruck eines trotzigen Lokalpatriotismus und verband schonungslosen Sozialrealismus mit hemmungslosen Gewaltfantasien. Damit war das Genre des Gangsta-Rap geboren, der die amerikanische Popmusik lange prägte und für gesellschaftliche Kontroverse sorgte. Der Film „Straight Outta Compton“ stellt zunächst schlaglichtartig jene fünf Männer vor, die Mitte der 1980er-Jahre zu der Band zusammenwuchsen, deren Bandname „Niggaz With Attitudes“ proklamierte. Später konzentriert sich der Film auf die kreativsten Mitglieder des Quintetts: auf Ice Cube, der die meisten Texte schrieb und rappte; auf Dr. Dre, der für Beats und Samples zuständig war; und auf Eazy-E, der ebenfalls rappte und mit Drogengeld die erste Platte finanzierte. Als vierte wichtige Figur kristallisiert sich dann Jerry Heller heraus, der als Manager den kommerziellen Durchbruch einleitete, dessen Finanzgebaren aber auch den Keim fürs spätere Zerwürfnis der Band legte. Weil Heller einen sperrigen Antagonisten abgibt und von Paul Giamatti gespielt wird, muss man unweigerlich an „Love & Mercy“ (fd 43 149) denken, wo der Darsteller einen ähnlichen Svengali verkörperte. Der Vergleich macht deutlich, worin der Reiz von „Straight Outta Compton“ liegt. Denn wo in „Love & Mercy“ zwei Zeitebenen aus dem Leben von Brian Wilson in einer komplexen Erzählstruktur verschränkt und die Hauptrolle überdies mit zwei Darstellern besetzt werden, glaubt man in der Inszenierung von Regisseur F. Gary Gray den jungen Ice Cube vor sich zu sehen, so frappierend ist die Ähnlichkeit von O’Shea Jackson Jr. mit dem Vorbild (was kein Wunder ist, da es sich um dessen Sohn handelt). Allerdings reiht die Handlung bis zur Jahrtausendwende biografische Stationen so stoisch aneinander, dass es vordergründig fast plump wirkt. Schon die erste Sequenz lässt erahnen, warum N.W.A. eine intensive Abneigung gegen die lokale Polizei hegt. Später stellt die Dramaturgie einen direkten Zusammenhang zwischen Polizeischikane und dem provokanten Hit „Fuck tha Police“ her. Das Thema zieht sich auch in Gestalt von Bildern über die Misshandlung von Rodney King und der tödlichen Unruhen durch den Film. Ansonsten aber scheint der Plot öfters Nebensächlichkeiten wie eine Prügelei mit einer anderen HipHop-Band abzuhaken, so als gälte es, der Chronistenpflicht zu genügen. Wenn die Rapper ihre Fäuste schwingen oder mit Schusswaffen hantieren, wird allenfalls implizit die Frage aufgeworfen, inwieweit sie dem selbstentworfenen Image nacheifern. Und den Sexismus, der N.W.A. häufig vorgehalten wurde, gibt der Film ziemlich undistanziert wider. Frauen treten kaum in Erscheinung, es sei denn, sie umschwärmen barbusig und anonym die Anti-Helden. Dieser Verzicht auf Selbstreflexion macht allerdings den Reiz des Films aus, da er in gewisser Weise der zwiespältigen Ungehobeltheit von N.W.A. entspricht. Obwohl Ice Cube und Dr. Dre als Co-Produzenten firmieren, scheint sich der Film kaum um diplomatische Relativierungen zu bemühen. Die Distanzlosigkeit hinter den Kulissen, die sich auch darin spiegelt, dass Gray seine Regiekarriere mit einem Musikvideo von Ice Cube begann und in seinem Kinodebüt „Friday“ (fd 32 339) dem Rapper die Hauptrolle in der Verfilmung von dessen eigenem Drehbuch übertrug, verstärkt diesen Eindruck der Unmittelbarkeit.