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Filmplakat von Sting

Sting

91 min | Horror | FSK 16
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Nachdem in einer stürmischen Nacht ein mysteriöses Ei durch das Fenster eines heruntergekommenen New Yorker Wohnhauses kracht, entdeckt die 12-jährige, von Comicbüchern besessene Charlotte (Alyla Browne) eine merkwürdige kleine Spinne. Von ihrer Mutter und ihrem Stiefvater Ethan (Ryan Corr) fühlt sich der rebellische Teenager alleingelassen – und findet in dem Achtbeiner, den sie liebevoll Sting tauft, einen neuen Freund. Doch je mehr Charlottes Faszination für Sting wächst, desto größer wird auch das Krabbeltier. Und sein Durst nach frischem Blut wird unersättlich …
Der Schauplatz ist perfekt für den morbiden Spinnenspaß, der sein titelgebendes Monster durch die schummrigen Luftschächte und Müllschlucker des maroden Gebäudes jagen lässt. Eine Hommage an Jack Arnold und das Trash-Sciencefiction-Kino der 1950er Jahre, mit Spezialeffekten vom renommierten Weta Workshop, inszeniert von Genrekenner Kiah Roache-Turner (WYRMWOOD).

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Filmkritik

Die zwölfjährige Charlotte (Alyla Browne) ist in einem Alter, in dem Spannungen mit den Erwachsenen nicht ausbleiben, weil die uncool und eben: Eltern sind. Allerdings hätte sie es in ihrem Mietshaus in Brooklyn schlimmer erwischen können. Ihre Mutter Heather (Penelope Mitchell) versucht Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Mit leidlichem Erfolg. Da Charlottes leiblicher Vater angeblich ständig im Ausland unterwegs ist, hat die Mutter einen netten Lebensabschnittspartner und einen daraus resultierenden Nachkommen, der im Breialter bislang aber ziemlich nervt. Doch Charlottes „Stiefvater“ Ethan (Ryan Corr) ist „ganz okay“, was vor allem am Comiczeichnen liegt, das er wegen seines Brotjobs als Hausmeister in ihrem angeranzten Haus vor allem nachts ausübt. Da Charlotte so rebellisch wie selbstständig Schule, Familie (babysitten, Oma im oberen Stock besuchen) und Leidenschaft (fürs Comiczeichnen) miteinander vereint, lebt sie so lala ihr Teenagerleben.

Eine Mörderspinne aus dem All

In herkömmlichen Filmdramen würden daraus generische Konflikte erwachsen, und auch Regisseur Kiah Roache-Turner erliegt der ein oder anderen dramatischen Zuspitzung, um dem sozialen Kontext der Geschichte Rechnung zu tragen und das Setting realistisch erscheinen zu lassen. Doch eigentlich geht es um etwas ganz anderes: um Mörderspinnen aus dem All!

Ganz im Verborgenen tritt eine winzige, eigentümlich knotige Kugel in die Erdatmosphäre ein und scheppert durchs Fenster von Grandma Gunter (Robyn Nevin), deren tatterige Mitbewohnerin Helga (Noni Hazlehurst) in Folge der sich bald einstellenden Geräusche in den Belüftungsschächten die Kammerjäger ruft. Dass die Urheber des Raschelns und Quietschens im Prolog von „Sting“ ihre Gegner reihenweise ins Jenseits schicken, ist nur ein effektvoller erster Paukenschlag, wie er zu Beginn eines Horrorfilms gerne genutzt wird, um das Publikum einzunorden.

„Sting“ versucht sich an einem Genre-Mix, der die „Home-Invasion“-Story mit dem „Coming-of-Age“-Familiendrama zusammenbringen will. Denn ein paar Tage vor den Ereignissen aus dem Prolog fängt die vom Alltag gelangweilte und pubertätsbedingt recht rebellische Charlotte eine aus den Lüftungsschächten krabbelnde schwarz-metallene Spinne. Die will sie heimlich als Haustier in einem Einweckglas halten und tauft sie Sting (zu Deutsch: Stachel). Erstaunlich ist, dass das Spinnentier überdurchschnittlich intelligent ist, schnell gedeiht und die ihr präsentierten Kakerlaken gierig aussaugt. Bald wächst das Wesen allen über den Kopf, auch dem aus der Nachbarschaft zu Rate gezogenen Biologen Erik (Danny Kim). Es flüchtet zurück in die Belüftungsschächte und verrichtet dort sein grausiges Werk. Was auch Charlottes unwissende Eltern mit in den Speiseplan integriert.

Grandma Gunter & das obere Stockwerk

Die Stärke von „Sting“ ist nicht nur sein Facettenreichtum, sondern vor allem das latente Gefühl der Bedrohung. Für einen Genrefilm, der sich in den Sequenzen mit Grandma Gunter nicht eine gewisse Komik versagt, ist das ein probates Mittel, um Stimmung zu erzeugen. Kiah Roache-Turner wandelt dabei gekonnt auf dem Grat zwischen krasser Grafik und lakonischem Comic Relief sowie einer emotional tiefen Mitmenschlichkeit, wenn zwischen Charlotte und Ethan über das Comiczeichnen langsam eine innige Vater-Tochter-Zuneigung entsteht.

Das ist für den weiteren Verlauf des Science-Fiction-Horrorfilms nicht ohne Belang, da der Stiefvater in Lebensgefahr gerät und es dann an Charlotte liegt, den Kampf gegen ihr früheres Haustier aufzunehmen. Es gilt, das Monster, das Charlotte kreiert hat, möglichst effektiv und effekthascherisch auszulöschen. Dazu tragen alle mehr oder minder sympathisch in die Handlung eingeführten Nebendarsteller ein kleines Quäntchen bei.

Die originelle Kameraführung mit stylischen Licht- und Schatteneffekten setzt das überzeugend ernsthaft agierende Ensemble nachdrücklich in Szene und kompensiert die aus Kostengründen recht überschaubaren CGI-Effekte. So gerät „Sting“ zu weit mehr als nur zu einer oberflächlichen Genre-Spielerei über Mörderspinnen aus dem All: nämlich zu höchst unterhaltsamen Spannungskino mit ungeahnter zwischenmenschlicher Tiefe.

Erschienen auf filmdienst.deStingVon: Jörg Gerle (22.8.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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