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Filmplakat von Starlet

Starlet

103 min | Drama | FSK 16
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Auf den ersten Blick scheint es nichts zu geben, was Jane und Sadie verbindet. Das liegt jedoch nicht nur am Alter, das die beiden trennt, sondern vor allem an ihren vollkommen gegensätzlichen Leben. Während die 21-jährige Jane von einer Karriere als Schauspielerin träumt, ihre Zeit aber mit zwielichtigen Freunden verbringt, ist die 85-jährige Sadie die meisten Stunden ihres Tages vollkommen allein. Als der Zufall die Frauen jedoch zusammenführt, nimmt eine ungewöhnliche Freundschaft ihren Lauf. (j.b.)
Sadie, eine Witwe im fortgeschrittenen Alter, verbringt ihre Tage allein und sorgt sich vor allem um ihren Blumenladen. Als die beiden Frauen bei einem Flohmarkt aneinandergeraten und Jane kurz darauf in einem alten Erinnerungsstück von Sadie eine Menge Geld findet, sieht sie ihre Chance gekommen und nimmt das Geld an sich. Als sie danach ihr schlechtes Gewissen zu plagen beginnt, fängt Jane an, Zeit mit der alten Dame zu verbringen. Langsam nähern sich die verschlossene Frau und das sorglose Mädchen an.

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Filmkritik

Eine so wunderbare wie unwahrscheinliche Freundschaft: Sadie ist über achtzig, in Bingo vernarrt und alleine lebend, Jane unterhält immerhin eine stabile Beziehung zu einem Chihuahua-Hund und versucht im San Fernando Valley als Porno-Sternchen zu glänzen. Richtungsoffen, empathisch im Tonfall und mit Bildern, die in kalifornisches Sonnenlicht getränkt sind – eine schwebende Erzählung über Träume, Einsamkeit und Familienersatz. Am Anfang ist da nur ein Gewirr aus blonden Haaren, Bettdecke, Hundefell und warmem Licht. Die Sonne im kalifornischen San Fernando Valley steht hoch, wenn für die einundzwanzigjährige Jane der Tag beginnt. Ebenso wie Melissa und ihr Freund und Manager/Zuhälter Mikey, mit denen sie eine kleine, unpersönliche Wohnung teilt, ist Jane hauptberuflich Zeittotschlägerin: Schlafen bis in den Mittag, Dope rauchen, vor der Spielkonsole herumhängen, mit dem Chihuahua Starlet spazieren gehen; auch von Ausgehen und Partys ist die Rede, doch das passiert „off-screen“ – „Starlet“ ist ein konsequenter Tagfilm, allein die Hangover-Stimmung zeugt von nächtlichen Verausgabungen. Janes Ziellosigkeit und ihr schläfriges Durchs-Leben-Gleiten macht sich der Regisseur Sean S. Baker auch dramaturgisch zu Eigen. „Starlet“ ist kein Film, der nach vorne erzählt, sondern vielmehr umherstreift – gelassen, fast traumwandlerisch, mal in diese, mal in jene Richtung. Allein die zentrale Figurenkonstellation ist eine Setzung gegen alle Regeln der Wahrscheinlichkeit und wird bis zum Ende mit hartnäckigem Optimismus verfolgt: so führt ein Zufall Jane, deren einzige stabile Beziehung ihr Hund Starlet ist, mit der über sechzig Jahre älteren Sadie zusammen, einer allein lebenden Frau mit verwildertem Garten und unerfüllten Paris-Fantasien. Sadie verkauft ihr auf einem Hofflohmarkt eine Thermoskanne, in der Jane einen schönen Batzen Geld findet. Nach einem kurzen Shoppingexzess meldet sich das schlechte Gewissen, und so treibt es Jane immer wieder in die Nähe der etwas kratzbürstigen alten Dame, bis sich aus dieser sanften Form des Stalkertums so etwas wie eine echte Freundschaft entwickelt. All das erzählt Baker so leicht und schwebend und offen, dass die gegen Ende dann doch sehr expliziten Anspielungen auf eine Mutter-und-Tochter-Ersatzbeziehung ziemlich überflüssig erscheinen. Dafür umgeht Baker glücklicherweise die üblichen Darstellungsmuster – Herzenswärme, Sentimentalität und Schrulligkeit –, mit denen alte Leute im Kino nur allzu gerne portraitiert werden. Sadie, die von der beeindruckenden 86-jährigen Laiendarstellerin Besedka Johnson verkörpert wird, mag zwar ihre kauzigen Seiten haben, doch „Starlet“ zeigt sie meist in unaufgeregter Manier, in ihrem Garten, mit Jane maulfaul in irgendeinem Diner sitzend, beim Bingo-Spielen: Szenen aus einem alltäglichen amerikanischen Vorstadt-Leben mit kleinen Fenstern ins Dokumentarische. Und auch wenn auf halber Strecke des Films erstmals Janes Beruf enthüllt wird – sie arbeitet als Porno-Darstellerin –, passiert das eher wie im Vorbeigehen. Bakers Blick auf die florierende Pornoindustrie im San Fernando Valley, einer Gegend, in der wöchentlich rund 200 Filme entstehen, ist so unaufdringlich wie unvoreingenommen und wird auch in der Beziehung mit Sadie nie thematisiert. Weder schmuddelig noch glitzerhaft-aufgepimpt, erscheint „Porn Valley“ vielmehr schrecklich öde in seiner Alltäglichkeit: die kleine Produktionsfirma, in der ohne viel Aufwand ein Video nach dem anderen heruntergedreht wird, ist im Wesentlichen von grauen Teppichböden und Computern bestimmt. Dass sich Jane von ihrer Profession so wenig berührt zeigt, liegt neben einer gewissen Opakheit der Figur auch an Dree Hemingway: ihr langgestreckter, kurvenarmer Model-Körper mag nicht so ganz zu dem Bild eines Porno-Starlets passen, und auch ihre betont natürliche Garderobe erscheint in ihrem Understatement fast ein bisschen zu „sophisticated“ – die hysterische Melissa fügt sich allein optisch viel nahtloser in die Umgebung ein. Mitunter erinnert die flüchtige, auf keine dramaturgische Zuspitzung treibende Erzählung von „Starlet“ an Sofia Coppolas Beschreibungen von Ennui – freilich ohne deren „glamourisierenden“ Effekte. Und natürlich ist auch das gesellschaftliche Milieu weitaus weniger privilegiert; schon allein deshalb sind Bakers Vorbilder eher im Umfeld des neorealistischen Kinos zu suchen; auch seine Erfahrungen mit Reality-TV-Formaten sind hier und da spürbar. Wenn dann aber Jane und Sadie ganz in den schimmernden, sonnendurchfluteten Bildern aufgehen, rückt der Wirklichkeitsbezug in weite Ferne – ein Traumpaar im wörtlichen Sinn.

Erschienen auf filmdienst.deStarletVon: Esther Buss (27.5.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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