- RegieTimo Jacobs
- Dauer89 Minuten
- GenreDrama
- Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Früher war Charlie Schwarzer (Timo Jacobs) ein gefeierter Comedian. Doch für seine Macho-Witze und seinen Humor unter der Gürtellinie findet sich heute kein Publikum mehr. Nun jobbt er als Aushilfe in einem Club, in dem andere auf der Bühne stehen. Doch nachdem er einen Gast verprügelt hat, anstatt die Toiletten zu putzen, wird er gefeuert. Zu Hause erwartet ihn seine nicht minder depressive und von ihm zutiefst genervte Ehefrau Emilie (Pegah Ferydoni). Beide reden nur noch aneinander vorbei. Der Tiefpunkt in Charlies ohnehin schon tristem Leben ist erreicht, als ihm der Arzt eine Alkoholdemenz bescheinigt. Charlie hat in seinem Leben dermaßen tief ins Glas geschaut, dass sein Gehirn nun mit schwarzen Löchern punktiert ist. Das führt zu Aussetzern und Gedächtnisverlust – was nicht ideal für Auftritte ist, in denen er einen Witz nach dem anderen erzählen soll.
Das Pech klebt an seinen Schuhen
Nach der Beerdigung seines Vaters, der auch ein Comedian war, bittet Charlie seine Halbschwester um Hilfe. Sie arbeitet beim Fernsehen und kennt einflussreiche Leute. Doch auch sie verweigert sich. Womöglich ist das nicht verwunderlich angesichts eines Typen, der ständig abgedroschene Witze reißt, keine Verantwortung übernehmen will und seine Frau betrügt. Nach einem heftigen Ehestreit auf einer Vernissage verlässt ihn Emilie, baut danach allerdings einen Unfall und verliert ein Auge und ein Bein. Zudem wird Charlie von einem Gangster und dessen Handlangern verfolgt, weil er ihnen Geld schuldet. Selbst als er für seinen vermögenden Schwiegervater den Verkauf eines gefälschten Gemäldes organisieren soll, bleibt ihm das Pech hold und alles geht gründlich schief.
Die kleinen und großen Katastrophen des Protagonisten wirken in ihrer Anhäufung komisch, jedenfalls wenn man sie nacheinander aufzählt. Charlie lässt kein Fettnäpfchen aus und verliert immer mehr den Boden unter den Füßen. Doch amüsant anzuschauen ist der mentale, physische und soziale Abstieg nicht. Regisseur, Autor und Hauptdarsteller Timo Jacobs bleibt seinem Faible für Antihelden treu und verweigert sich traditionellen Erzählmustern und Spannungsbögen. Doch das teilweise Anarchische und die Selbstironie, die Filme wie „Klappe, Cowboy“ oder „Mann im Spagat“ auszeichneten, finden sich in „Stand Up! Was bleibt, wenn alles weg ist“ kaum. Das spiegelt sich schon in den extrem ausformulierten und künstlichen Dialogen wider, die Jacobs seinen Figuren in den Mund legt. Sie wirken mitunter ebenso peinlich wie Charlies Witze auf der Bühne, wenn auch auf einer anderen sprachlichen Ebene.
Vereinzelt blitzen Charme und Humor auf
So spielt der Film damit, eine Comeback-Geschichte zu erzählen, die sich an klassische Hollywood-Muster anlehnt. Doch diese wird erwartungsgemäß unterwandert, da die Hauptfigur für eine solche Art von Wandlung nicht taugt. Dumm daran ist, dass man diesem Charlie so wenig abgewinnen kann. Der Mittvierziger, der morgens sein Bierfrühstück einnimmt und sich abends bis zum Zusammenbruch besäuft, lädt dermaßen wenig zur Identifikation oder auch nur zur Empathie ein, dass man ihn mit derselben Apathie betrachtet, mit der er durchs Leben wankt. Vereinzelt blitzen Charme und Humor bei ihm auf, doch im nächsten Moment macht er dies durch ein neuerliches Fehlverhalten wieder zunichte. So ist es einigermaßen quälend, dem dauerverpeilten Protagonisten dabei zuzuschauen, wie ihm sein Leben zunehmend entgleitet. Auch küchenpsychologische Interpretationen seines wenig einnehmenden Wesens durch andere Figuren („Warum trägst du eine Maske?“) wirken eher deplatziert.
Als weitere Begründungen für seinen destruktiven Lebenswandel müssen seine gescheiterte Liebe zu Emilie oder der Druck, seinem Vater nachzueifern, herhalten. Doch solche Erklärungsversuche kollidieren mit dem lakonischen Erzählstil des Films, der eigentlich Jacobs’ Markenzeichen ist. Auf diese Weise vermag „Stand Up!“ der Geschichte seines depressiven, verlorenen Helden kaum einen Mehrwert abgewinnen. Warum einige Mitmenschen dennoch an Charlie glauben, bleibt ihr Geheimnis, zumal, wenn sie ihn doch als hoffnungslosen Fall eingestuft haben.
Wenig glamouröse Club-Comedy-Szene
Was bleibt, ist ein interessanter Einblick in eine wenig glamouröse Club-Comedy-Szene, die Begrenzung des Films auf austauschbare nächtliche Szenerien oder Motive von Berlin-Kreuzberg am helllichten Tag. Ein sehr kurzer Gastauftritt von Barbara Philipp sorgt für Heiterkeit, während Katy Karrenbauer ihre Rolle als Barbesitzerin und Möchtegern-Managerin von Charlie mit einer schönen Mischung aus brutaler Ehrlichkeit und Fürsorglichkeit ausstattet.