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Filmkritik
Eigentlich haben Sam (Melissa Barrera), Tara (Jenna Ortega) und ihre Freunde Mindy (Jasmin Savoy Brown) und Chad (Mason Gooding) alles richtig gemacht. Nach den knapp überlebten blutigen Ereignissen in „Scream“ (2021) hat die Gruppe ihre Heimatstadt Woodsboro Richtung New York verlassen. Auf dem College in der großen Stadt, so die Hoffnung, würden sie das Trauma der „Ghostface“-Attacke hinter sich lassen.
Das Problem an der Sache aber ist, dass die Killer in der „Scream“-Reihe immer schon eine Idee waren, die sich selbst reproduziert, solange es Überlebende gibt, an deren Geschichte sich anknüpfen lässt. Der Tod ist buchstäblich eine Fortsetzung, die schiere Möglichkeit, eine Geschichte weiterzuerzählen: Es findet sich immer jemand, der die Klinge wetzt. Und so kommt es, dass auch im Big Apple ein Killer mit dem klassischen Geistergesicht umgeht und Sam, Tara & Co. erneut um ihr Leben kämpfen müssen.
Genützt hat es bislang niemandem
Dahingehend gibt es keine Überraschungen. Auch „Scream 6“ ist und bleibt ein Slasher-Film. Selbstverständlich wird auch in diesem Teil über die Funktion von Sequels, Franchises und Requels diskutiert, auf der Suche nach irgendeiner Logik hinter den Taten. Welche Regeln des Slasher-Genres gelten jetzt? Welche werden potenziell ausgehebelt? Und wer kommt gemäß der Wahrscheinlichkeit als Täter infrage?
Genützt haben diese Reflexionen bislang nie etwas. Schon bei Wes Craven war dieser metafilmische Kommentar in „Scream“ von der eigentlichen Binnenmechanik des Films entkoppelt, was im Ur-Film der Reihe aus dem Jahr 1996 durchaus brillant war.
Was aber bedeutet das für den neuen „Scream“-Film? Erneut sind letztlich alle verdächtig. Selbst Sam und Tara könnten in letzter Konsequenz den schwarzen Umhang umgeworfen haben. Wer allerdings ein spannendes Ratespiel, einen nervenzerfetzenden Whodunit-Plot erwartet, der wird bitter enttäuscht. Jeder, der nur halbwegs mit der Filmreihe vertraut ist, wird dem Gesicht hinter der Maske alsbald auf die Schliche kommen.
Der brutalste Film der Reihe
Allerdings suggeriert der Film gerade zu Beginn, dass die bisherigen Regeln vollkommen ausgehebelt werden. Vor allem, weil der Grad der Gewalt und der Zynismus des Täters alle bisherigen Filme überschreitet.
Grundsätzlich war die Waffe der Wahl von jeher das ikonische Jagdmesser. Diesmal aber macht Ghostface auch von Schusswaffen gebraucht und zerlegt seine Opfer, wenn es denn sein muss, in alle Einzelteile. All das wird schonungslos explizit in Szene gesetzt, was diesen Film zum bisher brutalsten Werk der Reihe macht.
Allerdings folgt aus diesem Superlativ nicht viel; denn die Gewalt erweist sich lediglich als Mittel, um die ansonsten fehlenden Ideen zu kaschieren. Ein Killer, der mit wahrlich anarchistischer Rücksichtslosigkeit das bisherige „Scream“-Universum unterläuft, wäre wirklich mal was Neues gewesen. So aber unterwirft sich der sechste Teil dem Diktum des Killers aus dem vorherigen Film, der noch ganz selbstbewusst im Namen von „Fandom“ getötet hat. Fans hätten ein Recht, hieß es da, in den Fortsetzungen das zu bekommen, was sie verlangen.
Auch wenn schon „Scream 5“ als Horrorfilm nicht wirklich zu überzeugen wusste, so waren die bissigen Kommentare über diesen Wahn der Filmfans, die buchstäblich ihre Helden abschlachten, ziemlich clever. So findet sich in „Scream 5“ nicht umsonst eine Anspielung auf Regisseur Rian Johnson, dessen „Star Wars: Die letzten Jedi“ von den Hardcore-Fans regelrecht (und vollkommen zu Unrecht) zerfetzt wurde. Der Film wurde Opfer eines reaktionären Double Binds: Einerseits darf eine Fortsetzung nicht bloß eine Wiederholung des Vorherigen sein. Andererseits werden alle Abweichungen hart bestraft. Von einer solchen Zwickmühle wird man unweigerlicher zermalmt.
Eine Geschichte des Erbes
Bis zur Mitte hält sich „Scream 6“ die Möglichkeit zur Subversion offen. Die Regisseure Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett sowie die Drehbuchautoren lassen Ghostface an einer Stelle sogar sagen, dass es einen wie ihn bisher nicht gegeben hätte. Dumm ist nur, dass im völlig überfrachteten Finale doch wieder alle Bausteine an ihre vorgesehenen Stellen fallen. Das macht die Sache ungemein ärgerlich. Denn nichts ist schlimmer als ein Film, der seine eigenen Maßstäbe ohne Grund unterläuft.
Allerdings war „Scream“ immer eine Frage oder vielmehr eine Geschichte des Erbes. Das Böse wandert, wird weitergegeben und bleibt familienähnlich. Langsam aber sollte Wes Craven aus dem Jenseits eine Erbschaftssteuer einfordern. Denn aus der postmodernen Spielerei, in der die Leere des Genres einst meisterlich vorgeführt wurde, ist endgültig ein reines Franchise geworden, das immer noch clever und reflektiert tut, im Grunde aber im Leerlauf morden lässt, solange die Einspielergebnisse stimmen.