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Filmkritik
Eines der Hauptmerkmale der „Scream“-Reihe ist es, die eigenen Genre-Mechanismen zu thematisieren. Mal diskutieren die Figuren über Slasher-Klischees, mal spiegelt sich das Geschehen in einem Horrorklassiker wider, der gerade im Fernsehen läuft, mal erzählt der Film-im-Film „Stab“ noch einmal die bisherige Handlung in komisch verfremdeter Form nach. Sogar der jeweiligen Stellung innerhalb der Reihe kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. So handelt etwa der zweite Teil von Sequels, der dritte von Trilogien, und der mittlerweile fünfte, nun erstmalig ohne Beteiligung des Horror-Altmeisters Wes Craven entstandene Film fragt sich erstmal, was er denn eigentlich sei. Die „Stab“-Reihe hat die „Wirklichkeit“ hier längt überholt und bietet dabei keine Orientierung mehr: Im 8. Teil hat der Killer sein ikonisches Messer gegen einen Flammenwerfer und Kung-Fu-Moves getauscht.
Staffelübergabe an die Post-Millennials
Zehn Jahre nach „Scream 4“ sucht also erneut ein Killer im Ghostface-Kostüm die Kleinstadt Woodsboro heim. Diesmal sind es die durch ein dunkles Familiengeheimnis mit der Ursprungsgeschichte verbundene Sam (Melissa Barrera) und ihre Freunde, die um ihr Leben fürchten müssen. Und wie in früheren Teilen versuchen die Teenager irgendwann, dem Täter mit ein wenig Horrorfilmgeschichte auf die Schliche zu kommen. Sams Freundin Mindy (Jasmin Savoy Brown) hat die Lösung: Es handelt sich um ein „Requel“, also weder um ein Remake noch um eine Fortsetzung, sondern um einen Kompromiss, der an Altes anknüpft, aber etwas Neues etablieren will. Tatsächlich fühlt sich „Scream“ wie eine Staffelübergabe der alten Darstellerriege an die Post-Millennials an.
Cravens Geheimnis war es, auf postmoderne Schlaumeiereien zu setzen und zugleich auf die Wirkungskraft des Genres zu vertrauen. Über die Regeln, wann jemand dem Tode geweiht ist, machen die Filme sich zwar lustig, befolgen diese aber letztlich doch. Auch der neue „Scream“ spielt mit Slasher-Konventionen, ohne sie zu unterwandern. So öffnet in einer Szene ein potenzielles Opfer immer wieder Türen, während die unheilvolle Musik von Brian Tyler ein baldiges Erscheinen des Killers nahelegt. Auch wenn sich durch die mehrfache Wiederholung eine komische Wirkung einstellt, lebt die Szene davon, dass Ghostface eben doch irgendwann auftaucht.
In ein Horrorfilmquiz verwickelt
Teilweise demonstriert „Scream“, wie sich das bewährte Rezept für die Gegenwart adaptieren lässt. Den Auftakt macht eine gelungene Variation der Eröffnungsszene aus dem ersten Teil. Diesmal ist es Sams jüngere Schwester Tara (Jenna Ortega), die allein zu Haus ist und von einem anonymen Anrufer in ein tödliches Horrorfilmquiz verwickelt wird. Die Regisseure Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett nutzen dabei Fragen nach der „Stab“-Reihe, um einige Hintergrundinformationen ins Gedächtnis zu rufen, zeigen aber auch mit Feinheiten, dass sich die Zeiten geändert haben. So gibt es in der Gegenwart nicht nur bessere Alarmsysteme und neue technische Möglichkeiten durch Smartphones, sondern es haben sich auch Genretrends gewandelt. Tara etwa droht zu versagen, weil sie sich keine Slasher ansieht, sondern nur „gehobene“ Horrorfilme wie „Der Babadook“ und „Hereditary“. Auch andere Momente verleihen Leitmotiven einen neuen Twist. Bei einer bereits in früheren Teilen mehrfach zitierten, von Hitchcocks „Psycho“ inspirierten Duschszene tauschen die Regisseure etwa die attraktive Scream Queen durch einen durchtrainierten Jungen aus.
Oft allerdings finden Vergangenheit und Gegenwart hier nicht so recht zueinander. Ghostfaces einstiges Lieblingsopfer Sidney (Neve Campbell), die skrupellose Reporterin Gale (Courteney Cox) und der treudoofe Ex-Polizist Dewey (David Arquette) sind lediglich als nostalgische Randfiguren angelegt, die für die Story nie wirklich relevant werden. Ihre jungen Nachfolger bekommen dafür zwar ein paar treffsichere Oneliner, bleiben aber zu austauschbar, um ihre Vorbilder würdig ablösen zu können.
Kühler und brutaler als die Vorgänger
Auch der Vibe des Films ist ein anderer, obwohl er weitgehend auf dieselben Zutaten zurückgreift. Der neue „Scream“ ist kühler und brutaler als seine Vorgänger; er beschäftigt sich etwas arg ausführlich mit tränenseliger Vergangenheitsbewältigung und bleibt bei seinen Spannungsmomenten im soliden Mittelfeld hängen. Zugegebenermaßen sind die Fußstapfen ziemlich groß, in die Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett treten. Durch Cravens dichte und virtuose Regie, die ironisch doppelbödigen Drehbücher von Kevin Williamson und den wuchtigen Soundtrack von Marco Beltrami büßte die handwerklich konsequent anspruchsvolle „Scream“-Reihe selbst nach mehreren Fortsetzungen nur bedingt an Qualität ein. Das „Requel“ ist zwar nicht richtig gescheitert, aber doch zu sehr damit beschäftigt, alles richtig zu machen. Statt Drive, Witz und Spannung dominieren zu häufig Vorsicht und Kalkül.