Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Die Liebe ist schuld. Wäre Rubys High-School-Schwarm Connor nicht durch einen dummen Zufall im Meer gelandet, wäre Ruby nicht hinterhergesprungen, um ihn zu retten. Sie wäre an Land geblieben und es wäre nicht eingetreten, wovor ihre Mutter sie immer gewarnt hat. Dass das Wasser für sie gefährlich ist. Denn Ruby Gillman ist keine gewöhnliche Jugendliche. An Land in Florida, in der Welt der Menschen, lebt sie getarnt. In Wirklichkeit aber ist sie eine Krake. Dementsprechend beginnt sich ihr Körper zu verwandeln, sobald sie ins Meer stürzt. Und obwohl sie gerade deshalb ihren Angebeteten retten kann, muss sie ihre wahre Natur weiterhin vor den Menschen verbergen.
„Ruby taucht ab“ beginnt mit einer schönen Prämisse. Für das Publikum ist die 15-jährige Jugendliche mit der blauen Haut, der fehlenden Nase, mit dem kurzen Oberkörper und den sehr langen, schlaksigen Beinen außergewöhnlich und besonders. Für die menschlichen Figuren im Film ist dies aber nur der ganz normale Ausdruck von Vielfalt. Niemand bezweifelt, dass auch die Gillmans Menschen sind, die von sich behaupten, Kanadier zu sein. Mehr Fragen müssen dann nicht gestellt werden.
Die wahren Helden der Tiefsee
Ganz ähnlich stellt die in bestechend leuchtenden Farben und ungemein turbulent inszenierte Computeranimation auch andere vermeintliche Selbstverständlichkeiten auf den Kopf. Kraken sind hier keine Monster, auch wenn die Menschen sie für solche halten, sondern die wahren Helden der Tiefsee. Den Schurkenplatz in diesem Universum nehmen hingegen Wesen ein, die ansonsten meist als lieblich charakterisiert werden: die Meerjungfrauen. So ist es ein wahrhaft bitterböser Zug und Wink Richtung Disney, wenn Rubys künftige Gegenspielerin mit der Flosse als Wiedergängerin von Arielle erscheint, mit leuchtend roten, langen, wallenden Haaren und einem türkisfarbenen Oberteil. Damit knüpft die Dreamworks-Produktion „Ruby taucht ab“ an ihren ersten großen Animationshit „Shrek“ an. Ganz ähnlich bemüht sich der von Kirk DeMicco inszenierte Film darum, Erwartungen zu durchkreuzen und Klischees gegen den Strich zu bürsten. Aus typischen Monstern werden Helden, aus Helden Monster. Allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass der Protagonist in „Shrek“ betont hässlich daherkam, während Ruby jetzt sehr sympathisch aussieht.
Sympathisch ist auch ihr Verhalten. Ruby hat normale Teenagerprobleme. Sie ist verliebt und unsicher, sie will mit einem Jungen zum Schulball, bringt aber im entscheidenden Moment nicht die richtigen Worte über die Lippen. Ruby hat Stress mit ihrer Mutter und vor allem keine Lust, sich länger zu verstecken. So fließen eine Menge Jugendthemen in diesen Coming-of-Age-Film ein. Besonders in den Szenen in der Schule oder im Elternhaus, wenn der Alltag von Ruby beobachtet und das Normale mit dem Außergewöhnlichen verbunden wird, funktioniert das sehr gut.
Im Kampf mit Meerjungfrauen
Doch je dramatischer die Handlung wird, desto mehr gerät der Film in recht konventionelle Fahrwasser. Nach ihrer ersten Verwandlung in eine riesige Krake weiht Rubys unter Wasser lebende Großmutter ihre Enkelin in die Familiengeschichte ein und offenbart ihr, dass sie in Wirklichkeit aus einer königlichen Krakenfamilie abstammt und es daher in ihrer Verantwortung liegt, die gefährlichen Meerjungfrauen in Schach zu halten. Mit der neuen Mitschülerin Chelsea taucht bald auch eine Meerjungfrau in unmittelbarer Nähe von Ruby auf, die zudem ihr Geheimnis zu kennen scheint.
Im weiteren Verlauf setzt „Ruby taucht ab“ auf laute und hektische Actionszenen und Konfliktlösungen durch Kämpfe und erinnert zudem an zwei jüngere CGI-Animationsfilme, beide ausgerechnet vom Konkurrenz-Studio Pixar, die ein ähnliches Themenrepertoire weitaus klüger angegangen sind. Die liebenswerten (und schillernd-bunten) vermeintlichen Meeresmonster stehen „Luca“ nahe, in dem es auch viel um Vorurteile und Maskenspiele ging. Und wie in „Rot“, in dem sich eine Jugendliche in einen roten Panda verwandelt, muss auch Ruby mit plötzlichen körperlichen Veränderungen im Teenageralter klarzukommen, die aus ihr ein neues Wesen machen. Und auch in „Ruby taucht ab“ stehen dabei drei Frauen aus unterschiedlichen Generationen im Mittelpunkt.
Eine Heldinnengeschichte
Das Zusammenspiel von Ruby, ihrer Mutter und ihrer Großmutter bietet den Stoff für die interessantesten zwischenmenschlichen Konflikte. Denn während Rubys Mutter am liebsten hätte, dass Ruby ihre kleine Tochter bleibt, übernimmt Rubys Kraken-Großmutter heimlich die Ausbildung ihrer Enkelin und unterstützt sie nach Kräften. Es ist bedauerlich, dass der Film aus dieser Konstellation nicht mehr macht. Trotz toller Animationen versinkt „Ruby taucht ab“ zunehmend in Actionsequenzen, die mehr überrollen als involvieren. Während „Rot“ im Finale auf eine kluge, berührende Szene setzt, in der die Protagonistin ihren eigenen Weg findet, lässt DeMicco seine Heldin kämpfen. Aus der Emanzipationsgeschichte wird dadurch eine Heldeninnengeschichte.