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Filmkritik
Wer nach ein paar Jahren Eheroutine durch ein Rollenspiel wieder etwas (sexuelle) Würze in den Alltag bringen will, sollte wissen, mit wem er oder sie es zu tun hat. Denn auf welche unliebsamen Überraschungen man bei Missachtung dieser Regel stoßen kann, haben Filme wie „La totale!“ „True Lies“ oder „Mr. & Mrs. Smith“ ja schon angedeutet.
In „Role Play“ von Thomas Vincent führen Emma Brackett (Kaley Cuoco) und ihr Ehemann Dave (David Oyelowo) mit ihren beiden entzückenden Kindern ein normales Leben in New Jersey. Manchmal muss Emma für einige Tage verreisen, um irgendwo in der Provinz ein Coaching-Seminar zu leiten. Nichts Aufregendes, aber offenbar doch so anstrengend, dass sie einmal tatsächlich den Jahrestag ihrer Beziehung verpasst. Das gibt Dave zu denken und lässt ihn auf die Idee mit dem Rollenspiel kommen. Allerdings will sich Emma schon wegen der Kinder nicht auf den Vorschlag einer Krankenschwester in den eigenen vier Wänden einlassen. Stattdessen sollen sie sich in einer Bar in der Stadt begegnen und so tun, als würden sie sich (noch) nicht kennen.
Der andere (er-)kennt sie wohl
Auf dem Weg zum Rendezvous bleibt Dave allerdings im Stau stecken und verspätet sich, weshalb Emma in der Zwischenzeit jemanden trifft, der sie sehr wohl (er)kennt. Bob Kellerman (Bill Nighy) ist nämlich wie Emma vom Fach und gefällt sich im gewitzten, schlüpfrig-anspielungsreichen Smalltalk, den man von einem mit allen Wassern gewaschenen Profi-Killer eigentlich nicht erwarten würde. Emma, die zu den internationalen Top-Kräften dieses Fachs zählt, ahnt, dass dieser Abend einen anderen Verlauf nehmen wird und trifft entsprechende Vorkehrungen.
Zweierlei wird in diesen Szenen deutlich: Die Regie setzt auf den schroffen Gegensatz von komödiantischem Geplänkel und durchaus handfester Action und nimmt sich zudem die Freiheit, offenkundige Schwächen des Drehbuchs durch einen „zweiten Blick“ aufs Geschehen nachträglich zu plausibilisieren. So gelingt es Emma recht mühelos, sich des Killers zu entledigen. Erstaunlicherweise aber hat sie nicht mit den Überwachungskameras in der Bar gerechnet, weshalb das Pärchen, das den Abend mit Kellerman verbrachte, dringend tatverdächtig erscheint. Die Polizei ist ihm bereits auf der Spur.
Emmas größte Sorge gilt aber der Tatsache, dass sie aufgeflogen ist. Sie fliegt nach Berlin, wo sie sich Schutz bei ihrem Auftraggeber Raj (Rudi Dharmalingam) erhofft. Dave ist deshalb allein zu Haus, als ihm die Polizei und eine undurchsichtige CIA-Agentin (Connie Nielsen) die alternative Identität seiner Ehefrau als Profi-Killerin offenbaren. Was Dave zunächst für einen absurden Witz hält, bevor er sich im gemeinsamen Haus an Orten umsieht, die ihn bislang nicht interessierten.
Showdown im Berliner Umland
Jean-Pierre Melville hat seiner Killer-Studie „Der eiskalte Engel“ (1967) einst das Motto „Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht die eines Tigers im Dschungel“ vorangestellt. Doch weder bei Dave noch bei Emma kann von einer elementaren Einsamkeitserfahrung die Rede sein; vielmehr wird der Vertrauensbruch einfach weggelacht, indem der unbedarfte Ehemann seiner Ehefrau kurzerhand und gegen ihren Willen nach Berlin nachreist, um ihr dort staunend bei der Arbeit zuzuschauen. Denn dort residiert nicht nur Rajs Killer-Service, sondern auch eine mächtige Konkurrenzorganisation, die von einer Frau geleitet wird, welche Emma schon sehr lange kennt; der finale Showdown hat deshalb etwas von einem Mutter-Tochter-Konflikt. Mit Emma in der Rolle der verspätet Pubertierenden.
Jedenfalls geht es in den Wäldern von Brandenburg gehörig zur Sache, bis am Schluss nur noch Frauen in den Ring zu steigen scheinen, während die Männer ohne größeres Aufsehen entweder aus dem Geschäft aussteigen oder ausgestiegen werden. Da Fragen der Moral konsequent ausgeblendet bleiben, befeuert der gemeinsame Ausflug ins Berliner Umland die Ehe von Emma und Dave auf eine Weise, die sich keiner von beiden hätte träumen lassen. Und da Emma ihr Handwerk versteht, werden auch keine Krankenschwestern mehr benötigt.
Dumm nur, dass das Ganze in etwa so aufregend ist wie Malen nach Zahlen und der Höhepunkt des Films – der furiose Auftritt von Bill Nighy als alternder Gentleman-Killer-Schwerenöter – schon nach einer guten halben Stunde Geschichte ist.