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Filmplakat von Patrick

Patrick

112 min | Drama
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Filmkritik

Ein junger Mann liegt auf einer Bank in einem weißen, hell erleuchteten Schönheitssalon und lässt sich die Haare epilieren – am ganzen Körper. Abrupter Szenenwechsel: In einer Disco in Brüssel tanzt derselbe Mann, der 20-jährige Patrick, zu lauter House-Musik, weist rüde eine ältere Frau zurück und bandelt mit einer jüngeren an. Frühmorgens kommt er in ein schickes Appartement nach Hause, das er zusammen mit einem Fotografen bewohnt. Später wird er behaupten, dass er nicht mit ihm befreundet sei.

Der Regiedebütant Gonçalo Waddington wirft den Zuschauer in einzelne hektische Szenen, deren Zusammenhang sich nur langsam oder gar nicht erschließt. Das macht „Patrick“ zu einer anstrengenden Angelegenheit. Zu vieles bleibt unausgesprochen und vage, zu vieles erscheint mysteriös und enigmatisch.

Ein tragisches Schicksal deutet sich an

Die Handlung wirkt kohärenter, als Patrick in seiner Wohnung eine so laute Party schmeißt, dass die empörten Nachbarn die Polizei rufen. Der junge Mann wird wegen Drogenbesitzes verhaftet. Beim Verhör stellt sich heraus, dass er eigentlich Mario heißt, aus Portugal stammt und vor zwölf Jahren als Bub entführt wurde. Seitdem galt er als verschollen.

Was in der Zwischenzeit passiert sein mag, zeigt der Film nicht. Auf seinem Laptop befinden sich Videos mit Mädchen, die Patrick bestialisch quält. Ein möglicher Hinweis auf den Missbrauch, den er selbst erlitten hat und darum anderen antut. Die Behörden schicken den jungen Mann zu seiner Familie nach Portugal zurück.

Nun verändert sich auch das Erzähltempo, es ist sehr getragen. In langen, starren Einstellungen sind zumeist zwei Personen im Bild zu sehen, deren Unterhaltung quälend stockt. Sein Kinderzimmer sieht noch so aus wie damals – Teddybären, wohin man schaut. Trotzdem bleibt Patrick ein Fremder. Er weigert sich, Portugiesisch zu sprechen, seine Mutter interessiert sich nicht für die Folgen der Entführung, einzig die 17-jährige Cousine Marta begegnet ihm unvoreingenommen. Aber was hat es mit Mark auf sich, einem älteren Mann, den Patrick bereits mehrmals vergeblich angerufen hat?

Das ist nur eine von vielen Fragen, die der Film aufwirft, ohne sie zu beantworten. „Patrick“ könnte ein Entführungsthriller sein, doch es fehlt die Auflösung, die das Genre verlangt. Er könnte ein Missbrauchsdrama sein, doch es fehlt die nötige Problematisierung, die Zusammenhänge zwischen Vergangenheit und Gegenwart herstellt und verständlich macht. Stattdessen mündet der Film in eine Familientragödie, bei der die sexualisierte Gewalt verdrängt wird.

Die Dualität wird nicht erläutert

Patrick und Mario, die beiden Namen des jungen Mannes sowie seine Zweisprachigkeit, deuten auf eine Rolle als Täter und Opfer hin. Doch diese wichtige Dualität, die auf die psychopathologische Seite der Sexualität verweisen könnte, wird nicht erläutert. Auch warum Patrick Frauen und Mädchen so sehr hasst und unterdrückt, bleibt im Dunkeln. Das eigene Trauma wäre als Ursache zu kurz gedacht, und diese Anti-Intellektualität ist in ihrer Anspruchslosigkeit schlicht fahrlässig und gefährlich.

Hugo Fernandez spielt Patrick verhärmt, schweigsam und verstockt als feindseligen Narziss, um den man sich als Zuschauer irgendwann nicht mehr sorgen mag. Auch die anderen Darsteller agieren zurückgenommen und steif, so, als seien sie vom Regisseur nicht ausreichend angeleitet worden. So läuft der Film auf sein irritierendes Ende zu, das man nur noch ratlos zur Kenntnis nimmt.

Erschienen auf filmdienst.dePatrickVon: Michael Ranze (3.11.2022)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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