- RegieGiorgio Verdelli
- ProduktionsländerItalien
- Dauer100 Minuten
- GenreDokumentarfilm
- Cast
- AltersfreigabeFSK 0
- IMDb Rating7/10 (0) Stimmen
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Filmkritik
Während der Corona-Pandemie wurde der Song „Azzurro“ von Paolo Conte zur heimlichen Nationalhymne Italiens, die mit Inbrunst und zur gegenseitigen Aufmunterung von Balkon zu Balkon gesungen wurde. Obwohl Adriano Celentano damit 1968 in den Charts ganz oben landete, stammte das Lied ursprünglich aus der Feder des 1937 geborenen Liedermachers, Chansoniers und Jazzmusikers, der es ab den frühen 1980er-Jahren auch selbst intonierte, so dem eigensinnigen Maestro mit dem markanten Schnauzer und dem Comic-Knautschgesicht danach gerade mal der Sinn stand. Denn klassische Zugaben mit einer Best-of-Auswahl seiner berühmtesten Lieder wie „Via Con Me“, „Dancing“ oder „Un Gelato Al Limon“ sind bei seinen Auftritten eher selten, die ihn seit den 1970er-Jahren vom Pariser „Olympia“-Club über die Münchner Philharmonie bis in die Arena di Verona führten. Und wenn „Azzurro“ dann doch einmal angestimmt wird, trägt Paolo Conte das Lied leicht ironisch vor, mit spürbar kindlicher Naivität im Ausdruck und einer gleichzeitig ausgesprochenen Coolness in seinem Scat-Gesang.
Verführerische Stimme, eindrucksvoller Charme
Zu den Verehrern seiner Kunst zählen auch die Regisseure Roberto Benigni und Patrice Leconte, die in dem dokumentarischen Porträt von Giorgio Verdelli mit kurz eingeschnittenen Interviewpassagen als prominente Stichwortgeber dienen. „Paolo Conte ist sexy, mit seiner verführerischen Stimme und seinem beeindruckenden Charme. Er strotzt geradezu vor Intelligenz. Wenn man seine Lieder hört, spielt es überhaupt keine Rolle, dass man nicht alle Worte versteht“, schwärmt Jane Birkin. Sie war die einzige Frau, mit der der aus einer Piemonteser Juristenfamilie stammende Singer-Songwriter je ein Duett sang: „Chiamami adesso“.
Viele seiner Lieder habe er für sich geschrieben, sagt Conte, weniger für seine weiblichen Fans, die ihn auch noch heute als 84-Jährigen anhimmeln. Trotzdem spielte er sie oft zuerst seiner Mutter vor. „Sie hatte Tränen in den Augen, als sie ,Azzurro‘ zum ersten Mal hörte“, erinnert sich der Multiinstrumentalist zu Beginn des leichtfüßigen Porträts von Giorgio Verdelli.
Das Gros der Conte-Klassiker handelt von einsamen Tagträumern und melancholischen Fernweh-Suchenden, komplizierten Lieb- und Leidenschaften, aber auch vom südeuropäischen Temperament, von politischem Spott und den kleinen Fluchten im Alltag eines Flaneurs. Seine Popularität verdankt er einer gekonnten Mixtur aus Schelmenhaftigkeit und Seriosität.
„Einige der Geschichten, über die ich in meinen Liedern singe, sind autobiografischer Natur. Der Rest ist Fiktion“, erklärt Conte mit dem Understatement eines Gentlemans, der trotz seines musikalischen Erfolgs jahrzehntelang als Anwalt arbeitete: „Mir ist diese Arbeit sehr wichtig. Schließlich habe ich dafür lange studiert. Ich schätze sie nach wie vor.“
Bitterzarte „Canzoni“
Isabella Rossellini lobt hingegen Contes „spezifischen Humor und seine unglaubliche Musikalität. Es ist eine besondere Form der Einfachheit, die aber verdammt schwer zu erreichen ist und ihn so einzigartig macht.“
Die Hommage ist weitgehend unchronologisch erzählt und stützt sich auf Fernseharchivmaterial sowie repräsentative Konzertausschnitte aus mehreren Jahrzehnten. Die bitterzarten „canzoni“ des Musikers fanden auch immer wieder Eingang in Filme, etwa bei Nanni Moretti, Roberto Benigni oder auch in „Bella Martha“ von Sandra Nettelbeck. Der Film zeichnet aber auch den Aufstieg der „Cantatore“- und Entertainer-Kultur nach, die die italienische Populärkultur seit dem Wirtschaftswunder der 1960er-Jahre entscheidend prägte.
Paolo Conte, der mit der Posaune, aber auch mit der kleinen Kazoo für Stimmung sorgt und sich auch im hohen Alter auf musikalische Experimente einlässt, ist einer ihrer wichtigsten Vertreter, inklusive Zigarettenqualm, standardisierter Auftrittsrituale und rauchig-knarzender Stimmakrobatik. Mit Sakko, Fliege und Sonnenbrille, Boxerfäusten und Tippelbewegungen hat sich „der Fürst der italienischen Musik“ (Roberto Benigni) auf diese Weise schon zu Lebzeiten ins kulturelle Langzeitgedächtnis eingebrannt.