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Filmplakat von One in a Million

One in a Million

63 min | Dokumentarfilm
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One in a million

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Filmkritik

Eine Million Follower hat die Turnerin und Influencerin Whitney Bjerken auf der ganzen Welt. Eine davon ist die Norddeutsche Yara Storp. Beide sind Teenager, beide sind gleich alt und lieben den Turnsport. Während Whitney als Einzelgymnastin seit ihrem siebten Lebensjahr turnt, treibt Yara in einem Verein in Neumünster den Sport in der Gruppe. Yara verehrt Whitney, ist seit Jahren Fan von ihr. Whitney dagegen weiß lediglich von Yaras Existenz, weil Yara Whitneys auf Instagram gepostete Fotos zu witzigen Montagen verarbeitet, indem sie es so aussehen lässt, als hätte Whitney einen Zwilling.

Regisseurin Joya Thome pendelt in ihrem Dokumentarfilm „One in a Million“ zwischen dem US-amerikanischen Staat Georgia und Norddeutschland und arbeitet Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Werdegang ihrer beiden jungen Heldinnen heraus. Mehrere Jahre hat sie Whitney und Yara begleitet – bis zu ihrem jeweils 16. Geburtstag. Whitney fühlt sich vor der Kamera offenbar wohl. Die Zuschauer entdecken sie als 13-Jährige, die ein Mal pro Woche ein Video von sich postet, dabei stets lächelt und sich floskelhaft bei ihren Followern bedankt. So sieht man sie an den Turngeräten beim Training ebenso wie beim Frühstück mit ihren Geschwistern oder mit Freundinnen in ihrem Zimmer. Wenn ihr kein Thema für einen Youtube-Post einfällt, fragt sie ihre Eltern, die ihre Vermarktung aktiv betreiben und als ihre Manager fungieren.

Alles perfekt getaktet

Alles in Whitneys Leben ist perfekt getaktet: Schule (die man nicht sieht), Training, Social Media, Wettkämpfe. Bei letzteren erfüllt sie geduldig Selfie-Wünsche ihrer Fans. Zum Wohlstand ihrer Familie hat Whitney durch ihre Aktivität als Influencerin auch selbst beigetragen. Es ist einem nicht immer wohl beim Anblick des sehr jungen Mädchens, das mit seiner Zahnspange noch sehr kindlich wirkt, seine Follower zum Teil altklug belehrt („Manchmal muss man seine Komfortzone verlassen.“) und sein Leben dermaßen in die Öffentlichkeit trägt. Dass hinter Whitney sehr viel mehr steckt als ein Social-Media-Star, enthüllt der Film erst allmählich.

Die Protagonistinnen wechseln sich in einem Rhythmus von einigen Minuten ab, denn Yara erhält genauso viel Leinwandzeit wie ihr Idol. Ihr Leben erscheint um einiges geerdeter. Wie Whitney hat sie mehrere Geschwister, ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern und wächst behütet und in sicheren finanziellen Verhältnissen auf. In ihrem lokalen Turnverein werden Gruppenchoreographien eingeübt, und Yara ist gut integriert. An Whitney bewundert sie die Stärke, den unbeugsamen Willen als Sportlerin und ihr Selbstbewusstsein. Sich selbst empfindet sie zuweilen als zu zögerlich.

So agiert die eine im Rampenlicht, die andere im Schatten, und doch steht Yara ihrem amerikanischen Pendant in puncto Charakterstärke nicht nach. Durch die Pandemie gerät Whitneys Karriere als Athletin in Stocken. Außerdem ist sie größer und schwerer geworden. Yara dagegen hat entdeckt, dass sie lesbisch ist und bei Freundinnen und Eltern ein erfolgreiches Coming Out gewagt. Das stärkt ihr Selbstwertgefühl immens, auch wenn ihr später eine unerwiderte Liebe das Leben nicht leichter macht.

Leiden unter dem Image als Strahlefrau

Whitney dagegen offenbart ihre Unsicherheiten und Zweifel durch ihre zusätzliche Aktivität als Songschreiberin. Der Druck der Öffentlichkeit lastet auf ihr, sie will niemanden verprellen und leidet unter ihrem Image als Strahlefrau. In sehr persönlichen Liedern, deren Qualität für eine Jugendliche erstaunlich ist, reflektiert sie Schein und Sein und ihre Gefühle und begleitet sich dabei auf der Gitarre oder dem elektrischen Piano. Man merkt, dass in der jungen Amerikanerin sehr viel mehr Tiefe steckt, als ihre Selbstdarstellung auf Youtube vermuten lässt. Auch als Musikerin kann sie mehrere Millionen Follower begeistern.

So entsteht das Porträt zweier Digital Natives: Sie hinterfragen die Gefahren von sozialen Medien anfangs nicht und werden sich erst allmählich einiger Konsequenzen ihrer Aktivitäten bewusst. Älteren Zuschauern mag dieses Leben in der digitalen Parallelwelt befremdlich erscheinen. Die Qualität des Films besteht aber auch darin, die versteckten Facetten und Talente seiner beiden Heldinnen zu offenbaren. Sich permanent dem Blick der Öffentlichkeit auszusetzen, zeitigt bei Whitney durchaus psychische und physische Folgen, auch wenn sie sich tapfer den Herausforderungen durch veränderte Physis und auch Lebensbedingungen – ihre Eltern lassen sich scheiden – stellt.

Je weiter der Film voranschreitet, desto mehr Ähnlichkeiten entdeckt man bei den beiden jungen Mädchen. Beide sind sensibel und stark zugleich, außerdem diszipliniert, zielstrebig und beide neigen wenig zum Rebellentum, wobei vor allem Whitney ihre sozialen Privilegien nie zu hinterfragen scheint. Dass sie zum 16. Geburtstag einen SUV geschenkt bekommt, findet sie offenbar normal.

Whitney und Yara wachsen ans Herz

Der Film verzichtet auf Kommentare, Inserts oder Erklärungen. Er folgt seinen Heldinnen in ihrem Alltagsleben und lässt sie dabei selbst Auskunft über ihre Erfahrungen und Gefühle geben. Dabei lassen die Filmemacher zuweilen eine professionelle Distanz vermissen oder überfrachten den Film an jenen Stellen mit gefühliger Musik, wo er durch die Aussagen oder das Tun der beiden Mädchen selbsterklärend ist. Dennoch wachsen einem Whitney und Yara ans Herz und folgt man gerne ihrem Reifeprozess zu begabten und reflektierten jungen Frauen.

Erschienen auf filmdienst.deOne in a MillionVon: Kira Taszman (23.10.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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