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Filmplakat von NOTES ON A SUMMER - Notas sobre un verano - span.

NOTES ON A SUMMER - Notas sobre un verano - span.

83 min | Drama, Lovestory
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Filmkritik

Eine junge Frau im Badeanzug blickt auf die Bahnen des Hallenbads. Umrahmt vom leuchtenden Blau des Wassers ist sie auf dem Sprung und zögert doch. Als sie kurz darauf Kindern Schwimmunterricht gibt, übt sie mit ihnen das Eintauchen, bleibt dabei selbst an der Oberfläche. Später folgt die Kamera Marta (Katia Borlado) skizzenhaft auf einer Busfahrt zur Uni, wo sie als Mitarbeiterin eine Klausuraufsicht übernimmt. Eigentlich sollte ihre Doktorarbeit längst fertig sein; die Stelle endet in einem halben Jahr. Doch es ist August in Madrid, und Marta verschiebt ihre Probleme kategorisch auf den Herbstanfang.

In den Semesterferien, am Beginn einer langen, leeren Zeit, will Marta in ihre Heimatstadt Gijón fahren, um mit Familie und Freunden zusammen zu sein. Für ihren Partner Leo (Antonio Araque) ist das eine Herausforderung, da er mit seinem Vollzeitjob nicht wochenlang verreisen kann. Eigentlich wollen die beiden demnächst zusammenziehen, doch in die losen Enden ihrer verfehlten Kommunikation hat sich ein Gefühl der Irritation eingeschlichen. Marta scheint etwas zu erleichtert, allein in die Sommerferien aufzubrechen, und er schwankt zwischen anklammernden Liebesbekundungen und hilflosem Schweigen.

Fragmentarisches und Unausgesprochenes

Im Elternhaus angekommen, hört man sie zunächst eine lange, floskelhafte Sprachnachricht an Leo in ihr Smartphone sprechen. Das alte Zimmer scheint unverändert adoleszent. Am Abend trifft sich Marta mit ihrer besten Freundin zum ausgelassenen Trinken und Tanzen. Sie scheint aufzuleben, als sich alles in die gewohnten Rhythmen einpendelt, so als wäre sie nie fort gewesen. Doch eine Konversation am Tag darauf bricht die Alltäglichkeit auf. Sie zahle das nächste Mal, hört man Marta im Café lächelnd sagen. „Das heißt, es gibt ein nächstes Mal“, ertönt die Stimme eines Mannes aus dem Off.

Was wie die zaghafte Anbahnung von etwas Neuem klingt, erweist sich in der nächsten Szene als das leidenschaftliche Aufleben einer vergangenen Beziehung. Die Intensität, mit der Marta sich ihrem Ex-Freund Pablo (Álvaro Quintana) hingibt, verrät, wie viel Unausgesprochenes noch immer zwischen ihnen wirkt. Doch die routinierte Nähe wirkt auch irritierend, weil zunehmend unklar wird, was in der jungen Frau eigentlich vorgeht. Dass sie es selbst nicht weiß, trägt sie als Figur rastlos immer weiter durch fragmentarische, sonnendurchflutete Szenen.

Man merkt dem spanischen Regisseur Diego Llorente an, dass er nicht nur filmisch, sondern auch literarisch arbeitet. Nach seinem Studium der französischen Philologie hat er als Autor drei Bücher veröffentlicht, bevor er sich dem Kurzfilm zuwandte. Unweigerlich kommen durch „Notes on a Summer“ auch die atmosphärisch-sommerlichen Liebesdramen von Éric Rohmer in den Sinn. Und doch gelingt es Llorente, in der scheinbar unbeschwerten Augenblicklichkeit etwas sehr Zeitgenössisches einzufangen, das seine eigene Gewichtigkeit erzeugt. In die beiläufigen Gespräche der Protagonisten schleichen sich immer wieder ökonomische Sorgen ein, die sich für ihre unzulänglichen Entscheidungen zunehmend als handlungsleitend erweisen.

Ökonomische und soziale Entfremdungen

Als Marta ihrem Ex-Freund vorwirft, dass er noch immer bei seinen Eltern wohne, geht es weniger um persönliche Reife als um materielle Sachzwänge, die eine Ahnung von der Wirklichkeit in Spanien nach der Finanzkrise vermitteln. Als Fabrikarbeiter verdient Pablo kaum genug für sich selbst und wünscht sich doch, sein Leben mit Marta zu teilen. „Dann werden wir viel Reis essen, jeden Tag“, kontert diese trocken. Dass sie eigentlich am liebsten Porträts malt und darin auch ziemlich gut ist, will sie lieber nicht mehr hören. Wer kann heutzutage schon von altmodischer Kunst leben?

Auch Martas Mutter vergisst nicht zu erwähnen, wie wichtig es ist, dass ihr Freund Leo einen festen Job hat, der einen gewissen Lebensstandard in der Großstadt ermöglicht. All das weiß Pablo längst über Martas ausführliche Selbstdokumentation auf Instagram.

Neben dem noch immer aktuellen, spezifisch weiblichen Konflikt zwischen Sicherheit und Selbstverwirklichung verweist „Notes of a Summer“ über die ökonomischen Verhältnisse hinaus auch auf eine Krisenhaftigkeit der Subjektivität junger Menschen, die sich aus dem Einsickern der sozialen Medien in die Beziehungen speist. Martas wiederkehrende Sprachnachrichten stehen zunehmend im Spannungsverhältnis zu ihrer sichtbaren emotionalen Realität. Statt miteinander über die eigenen Probleme zu sprechen, verfolgt man in gemeinsamen Momenten die Social-Media-Accounts anderer und mutmaßt über ihr besseres Leben.

Martas Interaktionen mit den beiden so unterschiedlichen Männern schwanken zwischen einem durchaus egoistischen Kalkül und ratloser Entfremdung. Als sie nach langem Hin und Her einmal mit einer Kindergruppe ein Scherenschnitt-Theaterstück besucht, kommen ihr angesichts der sich bewegenden Silhouetten plötzlich die Tränen. Eingetaucht in die Dunkelheit des Raums und der gemeinsamen Erfahrung entsteht für sie vielleicht das erste Mal im Film so etwas wie eine Beziehung zu sich selbst und der eigenen Zerrissenheit.

Durch seine formale Skizzenhaftigkeit erzeugt der Film ein Gefühl der Ziellosigkeit, das in klugen Kadrierungen dazu anhält, die Leerstellen der Figuren mit eigenen Gedanken zu füllen. Die sorgfältig komponierten Bilder von Kameramann Adrián Hernández bilden in ihrer leuchtenden Farbigkeit einen spannungsvollen Kontrapunkt zur unterschwelligen Trostlosigkeit der Lebensperspektiven.

Erschienen auf filmdienst.deNOTES ON A SUMMER - Notas sobre un verano - span.Von: Silvia Bahl (26.10.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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