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Filmkritik
Mehr als 40 Jahre ist es her, dass der höchst umtriebige Kobold Pumuckl, der Held aus der „Meister Eder und sein Pumuckl“-Hörspielreihe von Ellis Kaut, auch im Fernsehen in der Werkstatt von Meister Eder auftauchte. Es war im Jahr 1982, als der kleine Plagegeist an einem Leimtopf festklebte und so für den gutmütigen Schreiner – verkörpert vom bayerischen Volksschauspieler Gustl Bayrhammer – sichtbar wurde. Der kleine „Klabautermann“, gestaltet als ins Realfilm-Umfeld eingefügte Zeichentrickfigur, schilderte seinem neuen Herrn nach ehernem „Koboldsgesetz“ die ungewöhnlichen Umstände ihrer künftigen Gefährtenschaft. Damit war ein Traum-Duo des Fernsehens geboren: der alte Münchner Grantler und sein kleiner, unsichtbarer Begleiter, der das Leben des Junggesellen gehörig auf den Kopf stellte.
Kaum jemand, der in den 1980er- oder 1990er-Jahren aufgewachsen ist, dürfte an dem „Hurra“-schreienden „Kobold mit dem roten Haar“ vorbeigegangen sein. Die Geschichten vom „Meister Eder und sein Pumuckl“, so der Originaltitel der Serie, haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. 52 Episoden lang spielten sich Bayrhammer und der mit der Stimme von Hans Clarin versehene Zeichentrick-Held in die Herzen der kleinen wie großen Zuschauer. Das Glück währte bis zum Jahr 1987, als die Serie eingestellt wurde. Der Tod Bayrhammers im Jahr 1994 verunmöglichte ein Wiederaufleben des fein eingespielten Teams. Es folgten allzu bemühte Fortsetzungen wie der Kinofilm „Pumuckl und der blaue Klabauter“ sowie eine Fernseh-Neuauflage „Pumuckls Abenteuer“ im Jahr 1999.
Zurück zu Wurzeln
Beide Unternehmungen krankten daran, dass nach dem Tod von Bayrhammer dem Pumuckl sein entsprechend großformatiges menschliches Gegenüber abhandengekommen war. Eine Leerstelle, die auch der ansonsten fantastische Towje Kleiner als neuer Herr des Pumuckl nicht zu füllen vermochte. Den etwas lieblos zusammenproduzierten Folgen fehlte es außerdem an Charme und insbesondere an der Detailliebe der Originalserie. Beim Publikum floppten beide Inszenierungen sowie eine weitere Fortsetzung im Jahr 2002, in der Pumuckl ein höchst unglückliches Design-Update verpasst wurde. Die missratene Produktion verwandelte und verniedlichte den klassischen Pumuckl-Look und ersetzte obendrein Hans Clarin als krakelige Stimme des Pumuckl.
Dann blieb es 20 lange Jahre lang still um den kleinen rothaarigen Revoluzzer. Als die Rechte an dem Stoff wieder frei wurden, nutzte der Münchner Produzent und Drehbuchautor Korbinian Dufter die Gelegenheit, eine abermalige Neuverfilmung zu wagen. Dufter fungiert nun als Showrunner der Pumuckl-Neuauflage.
Die künstlerische Fallhöhe könnte für ihn und das Filmteam unter der Regie von Marcus H. Rosenmüller kaum höher sein. Ein dritter Fehlstart nach der Ur-Meister-Eder-Phase hätte das urige „Franchise“ wohl endgültig begraben. Doch alle diesbezüglichen Sorgen sind von der ersten Folge der Serie „Neue Geschichten vom Pumuckl“ verflogen. „Back to the roots“, lautet die einfache und doch so schwer umzusetzende Erfolgsformel, der sich die Kreativen verpflichtet haben. Das heißt auch: Zurück in jenes vertraute Ambiente des Münchner Hinterhofs, in dem die Schreinerwerkstatt beheimatet ist.
Ein „kleiner Eder“ belebt die Hinterhofwerkstatt
Schon in den 1980er-Jahren war der Hinterhofkosmos der Schreinerei Eder eine wohlbehütete Zeitkapsel inmitten der geschäftig-gschaftlhuberischen Stadt. Heute ist die filmische Reise dorthin ein nostalgischer Trip in eine andere Ära. Die Zuschauer unternehmen ihn an der Seite des Eder-Sprösslings Florian (Florian Brückner). Das von ihm geerbte Haus soll eigentlich möglichst schnell und gewinnbringend veräußert werden. Doch dazu kommt es nicht. Wie schon vor 40 Jahren bleibt der Pumuckl, der noch immer in der Werkstatt haust, erneut am Leimtopf kleben und materialisiert sich vor den Augen des ungläubigen „kleinen Eder“, wie er seinen neuen Herrn bald nennt. Der „Eder Flori“ fügt sich zunächst nur zögerlich in seine neue Rolle. Denn eigentlich ist der Neffe des ehemaligen Werkstattbesitzers in einem Baumarkt angestellt. Doch der melancholische und etwas wortkarge Mittvierziger sehnt sich insgeheim nach einer Perspektive zum Ausstieg. Was käme für den geschickten Handwerker da gelegener als eine eigene Werkstatt?
Nostalgie und viel neuer Schabernack
Zu dem zunächst unerklärlichen Kobold-Treiben fällt Florian nur ein Satz ein: „Ja, so ein Wahnsinn“. Der spielt dann zusammen mit jeder Menge liebenswertem Schabernack im Laufe der 13 neuen Pumuckl-Episoden tatsächlich eine große Rolle, wobei der ständig zum Reimen aufgelegte kleine Klabautermann im Zentrum der jeweils abgeschlossenen Erzählungen steht.
Um die Magie der Originalepisoden aus den 1980er-Jahren wieder auferstehen zu lassen, wurde die alte Eder-Schreinerwerkstatt getreu nachgebaut: die Werkzeuge des alten Eder, das Pumuckl-Bettchen, die Schiffsschaukel und das Holzpferd auf der Werkbank wecken wohligen Erinnerungen. In den Folgen, in denen es zum Skifahren, Angeln und Silvesterfeiern geht, bieten sich ideale Anlässe, um die anarchischen Pumuckl-Schelmereien der alten Folgen fortzusetzen. Dass dies formvollendet gelingt, verdankt sich auch dem Geschick der Macher, den Stoff behutsam zu erneuern, ohne dem Kobold ein totales Make-over zu verpassen.
Mit KI-Hilfe wiederbelebt
Der Pumuckl sieht nicht nur so wie vor 40 Jahren aus, sondern spricht und hört sich auch so an, wofür die weit fortgeschrittenen Möglichkeiten einer Stimm-Synthetisierung mittels KI sorgt. Dafür aber haben sich die Konflikte, um die die Serie erzählerisch kreist, und auch das soziale Gefüge geändert, in dem sich der frischgebackene Schreinermeister Flori behaupten muss. Wo die alten Folgen noch einem recht statischen Geschlechterbild huldigten, sind die Verhältnisse in Floris Umfeld nun zunehmend im Fluss. Überdies ist die Münchner Gesellschaft diverser geworden. Das Junggesellendasein des Protagonisten Eder wird ebenfalls thematisiert. Wobei Verabredungen mit einem Kobold im Gepäck natürlich für jede Menge Überraschungen gut sind!
Die Erzählungen vom Pumuckl waren immer auch pädagogische Geschichten. Sie drehten sich auch in den 1980er-Jahren um gesellschaftliche Normen, die der Kobold verletzte oder partout nicht einsehen wollte. Der konsequent ruppige, großväterlich-patriarchalisch auftretende Gustl-Bayrhammer-Eder rief den rothaarigen Rabauken immer wieder zur Ordnung, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Sein Nachfahre hingegen agiert mit deutlich nachsichtigerer Sensibilität. Der „kleine Eder“ lässt den Pumuckl durch gezielte Anstöße selbst zu sozialverträglicheren Einsichten gelangen. Das führt zu anrührenden Szenen, wenn der Pumuckl etwa großherzig einem Mädchen sein geliebtes Pferdchen schenken will. Der Kobold erhält auf diese Weise in der Neuauflage ein charakterliches und geistiges Entwicklungspotenzial.
Kreuzbirnbaum und Hollerstauden!
Auch schwere Themen wie der Tod werden dabei nicht ausgespart. Einmal machen sich Florian und der Pumuckl zum Grab des alten Eder auf. Der Pumuckl besitzt jedoch keine wirkliche Vorstellung davon, was der Tod bedeutet, beginnt in der anrührenden Szene aber eines zu entwickeln. Unsere Seele sei unsichtbar, bemerkt Eder, worauf der Pumuckl erwidert: „Wie ich manchmal.“ Zufriedengeben mag er sich damit aber nicht so recht. „Am liebsten hätte ich, dass er wiederkommt und sagt: Kreuzbirnbaum und Hollerstauden!“
Die sprachliche Finesse, mit der sich die „Neuen Geschichten vom Pumuckl“ präsentieren, steht ganz in der Tradition der Originalepisoden und vermag den alten Charme neu aufleben zu lassen. Auf diese Weise gelingt ein seltenes Kunststück: die wirklich gelungene Fortsetzung einer Kultserie.