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Filmkritik
In den 1970er-Jahren war die Côte d’Azur mondäner und verrückter als heute. Zumindest erzählen das die Filme mit Louis de Funès als „Gendarm von Saint-Tropez“ (1964-1982). Das waren Blödeleien, so unverschämt und nervig wie in gewisser Weise auch typisch französisch, und sie hatten einen charismatischen Hauptdarsteller, der souverän alle Regeln brach, was ihn zum Kult werden ließ. Daran erinnert auch „Mord in Saint-Tropez“, in dem Christian Clavier den trotteligen Polizisten spielt. Da sich die Handlung in der Villa des belgischen Milliardärs Baron Tranchant (Benoît Poelvoorde) ereignet, wo sich nicht nur dessen Freunde, sondern auch Filmmenschen zwischen Pool und Party lümmeln, denkt man unweigerlich auch an den „Rosaroten Panther“ mit Peter Sellers, der als Inspektor Clouseau in Frankreich herrlich trottelig ans Werk ging.
Diese beiden Vorbilder verarbeitet das einstige Traumkomödienpaar Jean-Marie Poiré und Christian Clavier, beide inzwischen über 70, zu einer Komödie, bei der es nur vordergründig um einen versuchten Mord geht. Mit Jean-François Hanin holten sie sich einen erprobten Nostalgiker als dritten Drehbuchautoren dazu. Allerding entwickelte sich „Mord in Saint-Tropez“ im Corona-Sommer 2021 in Frankreich nicht zum erwarteten Hit; trotz seiner vielen Stars, neben Clavier und Poelvoorde auch Thierry Lhermitte und Gérard Depardieu, wurden nicht einmal eine halbe Million Zuschauer gezählt, obwohl Nostalgie-Filme in Frankreich gerade in Mode sind.
Jacques Chirac soll helfen!
Baron Tranchant hat mit Gattin Eliane (Virginie Hocq) im August 1970 einige Freunde in ihr mondänes Anwesen in Saint-Tropez eingeladen. Dazu gehören Elianes hübscher Patensohn Ben, die Diva Carmen (Rossy de Palma), Tranchants bester Freund Jacquot, ein Starlet und ein Filmregisseur. Zwischen Pool, gutem Essen und Party verbringen sie die sonnigen Sommertage. Doch als Eliane Morddrohungen erhält, bringt das den Baron mehr in Rage als seine Frau. Er ruft den befreundeten Staatssekretär Jacques Chirac, der dem Polizeichef von Paris Beine macht. Doch da Ferien sind, wird der eigenwillige Kommissar Jean Boulin (Christian Clavier) ans Mittelmeer geschickt; der ist seit einem Malheur, bei dem er in einer Metzgerei ein wildes Gemetzel anrichtete, so gut wie unbeschäftigt.
Boulin macht sich auf den Weg zu den Tranchants, wo sich die Ereignisse inzwischen zugespitzt haben. Elianes Sportcoupé wurde sabotiert, wodurch es zu einem Unfall kam; allerdings saß nicht sie am Steuer, sondern Jacquot, der sich den Wagen ausgeliehen hatte und leicht verletzt überlebte.
Tranchant holt Boulin am Bahnhof ab, der mit zwei Koffern anreist; einer davon ist so groß, dass er nicht in Tranchants Ferrari passt. Man sieht gleich, dass diese beiden Männer nicht zusammenpassen. Auf dem Weg zum Anwesen des Barons passiert ein Unglück, bei dem die Anzüge der beiden Herren in Mitleidenschaft gezogen werden, weshalb sie äußerst unwürdig in Unterhosen in der Villa erscheinen. Formell wird Boulin dem Küchenchef Cyril zugeteilt, der mit Kastratenstimme spricht und gleich erkennt, dass er einen Trottel vor sich hat.
Das sieht die Ehefrau anders, die sich von Boulin sogar nötigen lässt, einige der Drohbriefe mit anstößigem Sexualvokabular vorzulesen, während der schusselige Kommissar das Gleichgewicht verliert und vom Liegesessel kippt. Ihr erster Kontakt endet abrupt, als der grobe Boulin die Dame des Hauses fragt, ob sie eine Affäre habe, weil der Briefschreiber sie als Hure bezeichnet. Hat sie natürlich (mit Jacquot), doch das sagt sie nicht, schließlich ist ihr Ehemann beim Verhör zugegen. Der sorgt sich mindestens so sehr um sein schwarzes Hündchen wie um seine Ehefrau und wird gänzlich zum Nebendarsteller, als Elianes Ex-Mann, der Schauspieler Yves (Thierry Lhermitte), auftaucht.
Die Marotten der Reichen
Weitere seltsame Dinge geschehen: Ein Paar wird kurzzeitig in der Sauna eingeschlossen und droht zu ersticken; eine junge Schauspielerin, die sehnsüchtig auf einen Anruf von Alain Delon wartet, mit dem sie gerade gedreht hat, will sich mit Boulins Dienstwaffe töten; ein Verdächtiger schleicht im Taucheranzug durch den Garten. Boulin sieht ihn und ruft mitten in der Nacht seinen Chef an, um den Stand der Ermittlungen durchzugeben. Der beschließt daraufhin, selbst nach Saint-Tropez zu fahren, was zu weiteren Komplikationen führt.
Ob und wie der Täter gefunden wird, ist zweitrangig. Dem Drehbuchtrio und Regisseur Nicolas Benamou geht es nur um den Slapstick, die schöne Ausstattung und die Marotten der Reichen in den 1970er-Jahren, die lustvoll karikiert werden. Anfangs gelingt das auch ganz gut, doch viele Wiederholungen und simple Gags machen die zweite Filmhälfte zu einer eher langatmigen Angelegenheit, in der die Gags nicht mehr zünden; Clavier entwickelt sich dabei zu einer ähnlichen Nervensäge wie einst Louis de Funès, ist allerdings weniger charismatisch oder originell. Als Unterhaltungskomödie ohne tieferen Sinn oder gar als Krimi (im Originaltitel geht es nicht um Mord, sondern nur um Geheimnisse) hat der Film zwar nicht genug Schwung, kann Nostalgie-Fans des französischen Kinos aber durchaus ein Lächeln entlocken.