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Filmkritik
Dieser Anbandel-Trick dürfte nicht in jedem Ratgeber stehen, der die unkomplizierte Kontaktaufnahme zwischen den Geschlechtern zum Gegenstand hat: Als Alexandre sieht, wie eine schöne Frau im Café ihr Handy vergisst, läuft er ihr nicht etwa hinterher und gibt es zurück. Er ruft sie vielmehr am selben Abend zuhause an, verwickelt sie in einen Flirt und verabredet sich für den folgenden Tag, unter anderem, um das mobile Telefon zurückzugeben. Diane ist gespannt: Wer mag sich wohl hinter dieser charmanten, freundlich-witzigen Wortgewandtheit verstecken? Als sie den Anrufer im Bistro kennenlernt, erlebt sie eine Überraschung. Der Architekt Alexandre misst gerade mal 1,36 Meter und lässt die Beine wie ein Schulbub vom Stuhl baumeln. Das hindert ihn freilich nicht daran, der schönen Anwältin mit Verve und waghalsigen Ideen den Hof zu machen – vom Tandemsprung aus einem Flugzeug bis zum abenteuerlichen Abendessen in einer düsteren Hafenkaschemme. Rasch erliegt Diane dem Charme des kleinen Mannes und verliebt sich in ihn. Ihre Umwelt, vom eifersüchtigen Ex-Ehemann bis zur standesbewussten Mutter, reagiert irritiert. Die bezaubernde Hauptdarstellerin Virginie Efira kann einem fast leidtun. In ihren jüngsten Filmen stellen die Regisseure der Belgierin ausschließlich Männer mit Macken an die Seite. Auf den deprimierten und unansehnlichen Millionär in „Familie zu vermieten“ (fd 43 796) folgte der weltfremde Kerl mit Asperger-Syndrom in „Birnenkuchen mit Lavendel“ (fd 43 742). Der Liebe tut das aber keinen Abbruch, die Handicaps sind nur kleine Stolpersteine auf dem Weg zum Happy End, an dem es, so auch hier, keinen Zweifel gibt. Eine fantastische Utopie liegt darin, die man gar nicht erst auf ihre Alltagstauglichkeit hin abklopfen sollte. Französische Komödien aus der jüngsten Zeit lassen die Romantik unangetastet und betonen die Verbundenheit zwischen den Menschen, egal, ob sie durch Klasse, Hautfarbe, Geschlecht oder Gesundheit unterschieden sind. Regisseur Laurent Tirard zieht die richtigen Strippen: originelles Kennenlernen, humorvolles Umwerben, romantisches Verlieben. „Mein ziemlich kleiner Freund“ bewegt sich lange im Fahrwasser einer unterhaltsamen Liebeskomödie, der man sich gern überlässt. Mit dem Unverständnis und dem Einspruch von Eltern, Verwandten und Freunden erinnert der Film, wenn auch auf einem anderen Tabu-Level, an „Rat mal, wer zum Essen kommt“ (1967, fd 15 363). Hier geht es zwar nicht um Rassismus, aber auch um Anerkennung, Toleranz und Gleichberechtigung – was ist schon dabei, wenn der Freund zwei Köpfe kleiner ist? Man ist, wie man ist – und das ist gut so, auch wenn andere die Nase rümpfen, so die etwas schlichte Botschaft. Nicht immer trifft Tirard dabei den richtigen Ton. Eine Prügelei zwischen Alexandre und Dianes Ex auf offener Straße ist ebenso lächerlich wie die Massenkarambolage, die Dianes Mutter beim Erhalt der unmöglichen Neuigkeit beinahe anrichtet, nicht zu vergessen der Hund, der Alexandre in einem trostlosen Running Gag immer wieder umrennt. Zu allem Überfluss ist Dianes Stiefvater auch noch gehörlos, also ebenfalls gehandicapt, was für die angeregte Unterhaltung aber kein Hindernis darstellt – eine unnötige Betonung, dass Behindertsein kein Nachtteil ist. Gewöhnen muss man sich auch daran, dass Hauptdarsteller Jean Dujardin, eigentlich 1,82 Meter groß, im Computer kleingerechnet wurde. Nicht immer stimmen dabei die Proportionen, besonders im Verhältnis zu Objekten. Das ändert nichts an seiner schauspielerischen Leistung, die hinter der Lebensfreude immer auch eine Verletzlichkeit spürbar macht: Klein zu sein ist manchmal verdammt ärgerlich.