- RegieVera Glagoleva
- Dauer89 Minuten
- GenreDrama
- Cast
- IMDb Rating6.4/10 (116) Stimmen
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Filmkritik
Die ersten Bilder von „Drei Frauen – Ein Krieg“ zeigen den Krieg von oben: Bombenabwürfe über einem Waldgebiet, auf Städte, dann eine Formation von Flugzeugen am Himmel. Dazu die Worte einer Frau aus dem Off. Sie spricht darüber, dass sie sich oft gefragt habe, wie der Krieg enden würde und wo sie dann sein und mit wem sie feiern würde. Dann sagt sie: „Ich war in Hitlers Wohnung, als sein Tod bekanntgegeben wurde, in der Nacht zum 1. Mai.“
Diese Frau ist Lee Miller, eine Fotokünstlerin, die im Auftrag der „Vogue“ in Europa unterwegs ist, als die Vereinigten Staaten in den Krieg eintreten. Sie gehört zur Pariser Boheme, ist mit Pablo Picasso befreundet und war mit dem Fotografen Man Ray liiert. Sie fotografiert das zerstörte London, in den Ruinen selbstbewusst-tatkräftige Frauen, aber auch traurige Kinder. Lee Miller will unbedingt am „D-Day“ teilnehmen, der Landung der alliierten Streitkräfte in der Normandie. Sie gelangt ohne Erlaubnis an die Front, wird in Frankreich zunächst festgesetzt, darf dann aber weiter berichten.
Sie geht in die Lazarette und dokumentiert die Qualen der Verletzten, das Leid der Schwestern und Ärzte. Später ist sie bei der Befreiung von Paris dabei und zieht mit den US-Truppen weiter nach Deutschland, wo sie in den gerade befreiten Konzentrationslagern von Buchenwald und Dachau unaussprechliches Elend miterlebt und in Bildern festhält, deren Inhalt sie erst später, in der Dunkelkammer, realisiert.
Über ihre Erfahrungen sprach sie nie
Lee Miller war eine sensible Frau, hochgradig kreativ und neugierig, die ihre Erfahrungen niemals vergessen hat. Eine Kriegsdepression ist die Folge, an der sie beinahe zugrunde geht und die sich nicht nur durch übermäßiges Trinken bemerkbar macht. Das vormals so fröhliche Mädchen, gefeiertes Model und allseits anerkannte Fotoreporterin, sprach später nie mehr von den prägenden und verstörenden Kriegserlebnissen. Erst nach ihrem Tod findet ihr ahnungsloser Sohn kistenweise Weltkriegsbilder von seiner Mutter, welche sie auf dem Dachboden versteckt hatte.
Vielleicht ist Lee Miller die interessanteste der drei Frauen in dem Film von Luzia Schmid. Als Fotografin brachte sie eine professionelle Sichtweise mit in ein Geschehen, das ihr alles abverlangte. Sie entwickelte sich – ohne dass sie es zunächst selbst realisierte – vom Glamour Girl zur taffen Reporterin, behielt dabei aber ihre Sensibilität und ihren Blick fürs Wesentliche.
Ähnlich verläuft der Werdegang von Martha Gellhorn. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs ist sie eine bekannte, weitgereiste Journalistin, die aus dem Spanischen Bürgerkrieg ebenso berichtete wie aus China. 1940 heiratete sie Ernest Hemingway und träumte davon, endlich wieder ihr eigenes Leben führen zu können, sobald der Schriftsteller sein neuestes Werk beendet hat. Ihr Ziel ist ebenfalls das Kriegsgeschehen in Europa, zunächst vor allem Italien, wo sie mit den US-Streitkräften zusammenarbeitet. Auch Martha Gellhorn ist neugierig, abenteuerlustig und weltgewandt.
All diese Attribute gelten auch für die dritte Protagonistin Margaret Bourke-White, deren Bilder von den ausgemergelten Häftlingen aus Buchenwald später Weltruhm erlangten. Sie war ebenfalls eine bekannte, weltoffene Foto-Reporterin.
Drei einander sehr ähnliche Hauptfiguren
Hierin zeigt sich die zentrale Problematik von „Drei Frauen – Ein Krieg“: Alle drei, zwei Fotografinnen und eine Journalistin, die sich persönlich wohl nie über den Weg gelaufen sind, ähneln einander in gewisser Weise doch sehr: erlebnishungrig, erfüllt von Vitalität und Lebensfreude, neugierig, durchsetzungsfähig, hochintelligent und kreativ. Sie brennen für ihren Beruf und nehmen die größten Schwierigkeiten auf sich, um zu arbeiten. Zu Beginn des Krieges sind sie in ihren Dreißigern und schon viel in der Welt herumgekommen; sie sind oder waren mit Männern verheiratet, die einen ähnlichen Beruf haben, sie feiern gern und lassen sich oft in Uniform und mit Zigarette fotografieren. Alle drei sind sich außerdem in ihrer Abneigung gegenüber den Deutschen einig, die sie für verlogen und heuchlerisch halten.
Obwohl es verständlich und sinnstiftend sein mag, diese drei Frau durch ihre Texte einem größeren Publikum vorzustellen, hat sich Luzia Schmid etwas viel vorgenommen, indem sie alle drei als gleichberechtigte Protagonistinnen nebeneinanderstellt. Zwei hätten vollauf genügt. Denn die Exposition mit der Vorstellung dauert bereits knapp dreißig Minuten, die sich schon deshalb hinziehen, weil bereits hier die zahlreichen Gemeinsamkeiten zutage treten. In der Folge gerät der Film insgesamt zu lang.
Die abwechselnden Erzählungen der Protagonistinnen werden von meist wenig spektakulären, bisher aber unbekannten Filmbildern alliierter Kameramänner unterlegt. Gut daran ist, dass zumindest zu Beginn das gesprochene Wort nicht von der visuellen Wirkung überstrahlt wird. Dabei zeigt sich kaum ein Gegensatz zwischen dem männlichen Blick der Kameramänner und dem weiblichen Blick der Protagonistinnen auf das Geschehen. Da wird nichts konterkariert, sondern eher untermalt.
Den Kollegen an Taffheit übertreffen
Eine unterschiedliche Betrachtungsweise könnte eher in den Texten deutlich werden, wobei es ein wenig an den Haaren herbeigezogen scheint, männlichen Kriegsreportern eine andere Sicht zu unterstellen. Vielmehr hat man manchmal den Eindruck, als wollten die Frauen ihre Kollegen an Taffheit, Tatkraft und Selbstbewusstsein noch übertreffen. Was die Folgen des traumatischen Erlebens betrifft, unterscheiden sich Männer und Frauen kaum: die Kriegsdepression, unter der Lee Miller litt, dürfte auch viele Soldaten betroffen haben.
Gut gelungen ist hingegen die Steigerung der Intensität. Vom Kriegsabenteuer, das eigentlich erst mit dem D-Day 1944 und damit nach etwa fünfzig Minuten beginnt, geht es zum Kriegsende hin in die Abgründe der menschlichen Existenz. Für die drei Reporterinnen wird das Schreiben und das Fotografieren zum Mittel, um mit ihren Erfahrungen weiterleben zu können, ohne daran zugrunde zu gehen.
Zum Schluss hin gewinnt der Film an Dichte; die Erlebnisse bei der Befreiung der Konzentrationslager, ihre Erzählungen und die Bilder sind schwer erträglich. Die Auseinandersetzung damit und das Bewusstsein, dass praktisch alle Deutschen von den Gräueln gewusst haben müssen, überdecken alle vorherigen Erfahrungen. Das Abenteuer ist zu Ende. Was bleibt, ist Wut. Und Ratlosigkeit.