- RegieAsleik Engmark
- ProduktionsländerNorwegen
- Dauer73 Minuten
- GenreJugendfilmKinder-
- Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
So etwas soll gut gehen? Ein Kinder- und Familienfilm, der in Zeiten ständiger Reizüberflutung durch Computeranimation, erzählerische Höchstgeschwindigkeit und verbale Gag-Gewitter nichts anderes animiert als einen kleinen, nicht einmal sonderlich hübschen Ast? Ein Stück Holz, das als der beste Freund eines Sechsjährigen zwar in steter Angst vor Ameisen „lebt“, ansonsten aber nur kleine Alltagsabenteuer fernab von Piraten und kampfgewandten Pandabären erlebt? Ja, es geht sogar sehr gut, und das ganz einfach, weil der hölzerne Knerten und sein kindlicher Freund, der fantasiebegabte Junge Lillebror, auf liebenswert-charmante Art etwas zu erzählen haben und „ihr“ Film auf eine Weise lustig ist, die noch lange nachwirkt, nachdem Kinder und (aufgeschlossene) Erwachsene das Kino verlassen haben: „Mein Freund Knerten“ unterhält aufs Beste, amüsiert, rührt an und zeigt mit entwaffnender Aufrichtigkeit, wie wohltuend und befreiend es sein kann, sich „der Welt“ offen und aufgeschlossen zu stellen. Da schlummern im Hintergrund große Themen, etwa wenn es um Freundschaft und Akzeptanz, Familiensolidarität und Zuneigung geht – aber sie schlummern unaufdringlich und ohne erhobenen Zeigefinger, sodass man zuallererst die fröhliche Handlung genießen kann. Diese spielt in den frühen 1960er-Jahren, genau in jener Zeit, in der die Kinderbuchautorin Anne-Catharina Vestly (1920-2008) ihre in ihrer norwegischen Heimat verehrten „Knerten“-Bücher erdachte, und beginnt damit, dass Lillebrors Eltern aufs Land ziehen, um in einem hübschen, aber arg renovierungsbedürftigen Haus nahe einem winzigen Dorf ein neues Leben zu beginnen. Der Vater ist Vertreter für Damenunterwäsche, die selbstbewusste Mutter Hausfrau, die schon bald eine Arbeit in einem Kolonialwarenladen annehmen muss, weil die Dessous-Nachfrage auf dem Land gegen Null tendiert und die finanziellen Nöte der Familie immer größer werden. Kinder zum Spielen gibt es für Lillebror zunächst nicht, sein größerer Bruder Phillip ist zwar ein liebevoller Kumpel, der aber längst zur Schule und damit seine eigenen Wege geht. So fällt der (Fantasie-)Freund Knerten gerade zur rechten Zeit vor Lillebrors Füße, dieser stets lustig grinsende, alle Sorgen und Träume mit ihm teilende Holzgeselle, mit dem sich wunderbar die Welt entdecken lässt: z.B. die Wurzeln im Wald, die im Spiel zum Drachen werden. Oder die Erwachsenen, etwa der Ladeninhaber Eilertsen, der wider Erwarten Kinder doch sehr gerne hat, und der alte Schreiner, der die Seele des Holzes kennt. Vor allem aber entdeckt Lillebror eine (gleichaltrige) „Prinzessin“: Sie reitet auf einem Pferd, heißt Vesla und wird Lillebrors heiß ersehnte Freundin. Das episodisch angelegte Erzählen entfaltet sich in kurzen Spannungsbögen mit liebenswürdiger Unaufgeregtheit, was von Ferne ein wenig an Astrid Lindgrens (schwedischen) Michel aus Lönneberga erinnert, etwa wenn Lillebror in seiner kindlichen Vorwitzigkeit ein reges Geschäft mit Pfandflaschen aufzieht oder wenn er sich nach einer fiebrigen Erkältung durch seine ausgefuchsten Pläne fast um das Vergnügen bringt, Vesla kennen zu lernen. Dabei ist „Mein Freund Knerten“ eine gänzlich eigenständige Kinofantasie, die durch die sorgfältige Ausstattung sowie die Spielfreude der Darsteller auch jüngste Zuschauer unterhält und durch amüsante, einmal auch richtig spannende (Genre-)Kinoelemente aus den „Abenteuern um die Ecke“ Funken schlägt; dann gibt es stimmungsvolle Western-Musik; wenn Lillebror Knerten aus den Fängen zweier (wunderbar stoisch gespielter) Mädchen rettet, deutet sich nach dem unerwarteten Geschäftserfolg des Vaters gar eine kleine Musical-Tanzszene an und verdichten sich Lillebrors Ängste zu einer gruseligen Szene, die sich aber schnell in erleichternde Komik wandelt und entsprechend sanft aufgelöst wird. Insgesamt flaniert man nur zu gerne durch den nostalgisch getönten Alltag der liebenswerten Familie und folgt neugierig der ungewöhnlichen Freundschaft von Lillebror und Knerten, erlebt die kindliche Entdeckerfreude des Jungen, seine Träume, auch seine Langeweile, die er mit viel Fantasie vertreibt, seine Sorgen und Nöte, die er beherzt angeht, um sie gar nicht erst zur Belastung oder gar Bedrohung werden zu lassen – ganz gemäß dem Familienmotto, dass man nie aufgeben darf.