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Filmkritik
Antonio sieht sich selbst als glücklichen Menschen. Mit dreißig Jahren hat er längst die Liebe fürs Leben gefunden. Seinem Ehemann Lorenzo hält er den Rücken frei, indem er sich um den Haushalt kümmert und ihn mit leidenschaftlich zubereitetem Gebäck verwöhnt. Tiramisu ist, der Titel des Films „Mascarpone“ lässt es erahnen, Antonios Spezialität. Dann aber, aus heiterem Himmel, eröffnet Lorenzo Antonio plötzlich, dass er eine Affäre hat und sich von ihm trennen möchte. Sie hätten sich auseinandergelebt, erklärt Lorenzo lapidar. An einem Tag noch sei alles gut, und dann plötzlich wache man auf und – „puff“ – sei die Liebe weg. Antonio glaubt zuerst an einen Scherz und will das auch danach noch lange nicht wahrhaben. Schließlich aber sucht er sich ein Zimmer zur Untermiete – nur vorübergehend, wie er hofft.
Über eine Annonce landet er beim exzentrischen Denis, der ihn zur Zimmerbesichtigung in einem papageiengelben Morgenmantel begrüßt und, kaum ist Antonio in der Wohnung, die Hüllen fallen lässt, weil er ihn mit einem Online-Date verwechselt. Der selbstsüchtig hedonistische Denis behandelt Antonio anfangs schnippisch und arrogant. Mit bürgerlicher Moral kann er nichts anfangen. Schließlich aber kommen sich die beiden doch näher. Denis rät Antonio, sich von der Illusion der einen, großen Liebe zu befreien, endlich aus Lorenzos Schatten zu treten und sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Um ihm dabei auf die Sprünge zu helfen, vermittelt er ihm einen Job bei einem befreundeten Bäcker und erklärt ihm die wichtigsten Regeln fürs Onlinedating: rede nie über vergangene Beziehungen, und vor allem: verabrede dich kein zweites Mal.
Die Protagonisten werden auf Sexiness reduziert
Vom deutschen Filmverleih „Pro-Fun Media“ wird die italienische Produktion als „Komödie“ angekündigt. Mit Attributen wie „attraktiv“, „süß“ (Antonio), „gutaussehend“ (Luca, der Bäcker) oder „charmant“ (Thomas, eine Art Lorenzo 2.0, mit dem Antonio quasi alle Regeln des Onlinedatings bricht) werden die Protagonisten nahezu durchgängig auf ihre Sexiness reduziert. Lediglich der „unbedarfte und egozentrische Denis“ fällt da etwas aus dem Rahmen. Tatsächlich ist der von Eduardo Valdarnini mit frivolem Charisma grandios verkörperte Gay-Gigolo so etwas wie der heimliche Held des Films, eine Version des „Wiedersehen mit Brideshead“-Protagonisten Sebastian Flyte im Dating-App-Zeitalter.
Viel zu schmunzeln oder gar zu lachen gibt es in dem von Alessandro Guida und Matteo Pilati mit leichter Hand in pastellfarbener Weichzeichner-Optik inszenierten und durchweg überzeugend gespielten Film allerdings nicht. Eine Komödie ist er nur insofern, dass er das ganze Liebesdrama nicht so ernst nimmt. Ein leichtes, seichtes Kino mit einer ebenso simplen wie oberflächlichen Moral.
Es fehlt ein Deutungsraum für Zwischentöne
Romantische Nebenfiguren, die nicht ins lustvoll zelebrierte Schönheitsraster passen, werden mit brüsken Bemerkungen gnadenlos ausgemustert – „da habe ich schon Bessere gesehen“ –, ohne dass die Filmemacher das nur ansatzweise hinterfragen würden. Aber genau das ist es, was der Selbstfindungsbotschaft fehlt: ein Deutungsraum für Zwischentöne und Ungewissheiten. Guida und Pilati präsentieren ihre Botschaft mit dicken Ausrufezeichen. Antonio befreit sich aus überkommenen Zwängen dank wechselnder Partner und einer hingebungsvollen Ausbildung zum Konditor. Die Schlussszene setzt das filmische Statement – auch buchstäblich – plakativ ins Bild. Zumindest, ob das selbstironisch oder trivial ist, darf dann jede und jeder für sich selbst entscheiden.