- RegieJoel Coen
- ProduktionsländerVereinigte Staaten
- Produktionsjahr2021
- Dauer140 Minuten
- GenreDramaKriegsfilm
- AltersfreigabeFSK 12
- TMDb Rating7/10 (602) Stimmen
Cast
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Filmkritik
Die Schlacht ist geschlagen, die Norweger und die mit ihnen verbündeten Rebellen sind vernichtend besiegt. Der erfolgreiche Heerführer Macbeth wird sogleich vom schottischen König Duncan zum „Thane of Cawdor“ befördert. Eine Auszeichnung für treue Dienste, wie sie von den drei Hexen vorhergesagt wurde, denen Macbeth und sein Kollege Banquo nach der Schlacht begegnet sind. Das Trio hatten noch mehr gute Nachrichten: Macbeth werde König werden, und Banquo zum Begründer einer Dynastie.
Macbeths Ehrgeiz, besonders aber der Ehrgeiz von Lady Macbeth sind geweckt. Wenn der erste Teil der Prophezeiung so unmittelbar in Erfüllung gegangen ist, kann man beim zweiten und dritten Teil ja ein wenig nachhelfen!
Der Fluch der Doppeldeutigkeit
Der Stoff der Shakespeare-Tragödie „Macbeth“ um Ehrgeiz, Machtgier, Anarchie und Verführung durch sprachliche Doppeldeutigkeiten ist weithin bekannt. Das kompakte Stück gehört zwar nicht nur zu den meistgespielten Stücken von Shakespeare, sondern wurde auch schon häufig verfilmt, mal expressionistisch, mal psychologisierend, aber auch naturalistisch, archaisch oder politisch. Darunter finden die Klassiker von Orson Welles (1948), Akira Kurosawa (1957) und Roman Polanski (1971). Zuletzt versuchte sich der Australier Justin Kurzel 2015 an dem Stoff, enttäuschte allerdings mit betont archaisierendem Kunsthandwerk. Insofern mag es überraschen, dass Joel Coen sich für sein Solo-Debüt ohne seinen Bruder Ethan für diesen Stoff entschieden hat, zu dem alles gesagt zu sein scheint.
Andererseits verwundert es nicht, wie er sich diesem Stück nähert, das über eine so wechselhafte Rezeptionsgeschichte verfügt. Ohne den üblichen dunklen Coen-Humor nimmt er den Shakespeare-Text als Theaterstück ernst. Das heißt: „The Tragedy of Macbeth“ ist gefilmtes Theater in Kostümen, mit einer poetischen, an Metaphern reichen, kraftvollen Sprache, die auch genau so zelebriert wird: in der Shakespeare’schen Originalfassung, lediglich leicht gekürzt, mit gleichfalls poetischen Untertiteln, nicht synchronisiert. Allein das lohnt bereits.
Der Film dient dem Theaterstück
Das bedeutet auch, dass der Filmemacher sein Handwerk nutzt, um dem Theater zuzuarbeiten. Dialoge werden in Schuss-Gegenschuss aufgelöst und so zu ganz selbstverständlichen Gesprächen, nicht zum Deklamieren eines Textes in gehobener Sprache. Verzichtet wird dagegen auf Kamera-Mätzchen oder eine Beschleunigung durch Montage. Effekte dienen der atmosphärischen Vermittlung der fatalen Prophezeiungen der drei „weird sisters“, was einen leichten „gothic touch“ impliziert.
Auf eine Aktualisierung des Stoffes wird verzichtet, sieht man einmal von der Diversität der Darsteller ab. Großartig gelungen ist das abstrahierend-brutalistische, gerade nicht naturalistische Bühnenbild von Stefan Dechant, das sich ebenso wie die kontrastreichen Bilder von Kameramann Bruno Delbonnel nachdrücklich an die expressionistische „Macbeth“-Verfilmung von Orson Welles anlehnt.
Auf diese Weise produziert Joel Coen mit dem originellen Theater-Film-Mix eine paradoxe Spannung: Er lädt zum genauen Hinschauen und Hinhören ein, hält das Kunstwerk aber zugleich auf Distanz und macht trotzdem kennerhafte Sehangebote in Richtung Welles, Carl Theodor Dreyer oder Ingmar Bergman.
Eine pessimistische Pointe
Getragen wird das Spektakel um Machtgier, Einsamkeit – nach dem Königsmord hat das Paar Macbeth nur noch sich als Gesprächspartner und später nicht einmal mehr das – und Wahnsinn durch die Schauspielkunst der Hauptdarsteller Denzel Washington und Frances McDormand, ergänzt durch einen spektakulären Auftritt der „Hexe“ Kathryn Hunter. Dass die Usurpation des Thrones durch Macbeth vorübergehend sein würde, war bereits der ersten Prophezeiung implizit. Allerdings negiert „The Tragedy of Macbeth“ die Deutung, dass der Königsmord eine herrschende Ordnung zerstörte und die abschließende Inthronisierung von Malcolm eine alte Ordnung wiederherstellt, durch seine pessimistische Schlusspointe. Macbeth bleibt eine Episode; die Gewalt in der Welt dauert an und hält die Verhältnisse instabil und damit offen für skrupellosen Ehrgeiz.