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Filmkritik
1949 bis 2023 … wie viele Jahre sind das eigentlich? Mit solchen Rechenaufgaben tut sich Titelheld Leo schwer. Das Eidechsen-Männchen sitzt als Maskottchen einer Grundschul-Abschlussklasse in seinem Terrarium in Sachen Schulbildung zwar an der Quelle; sein Erfahrungshorizont reicht aber nicht über das Klassenzimmer der 5. Jahrgangsstufe hinaus, und weil kurz vorm Wechsel auf die „Middle School“ Bruchrechnen unterrichtet wird, hat er von Addition und Subtraktion nie was aufschnappen können. Dumm ist Leo aber trotzdem keineswegs, und mit etwas Aufwand, für den nichts weniger als ein falscher Feueralarm nötig ist, kommt er an die Antwort, die er will. Die ist allerdings deprimierend: 74 Jahre!! So viel hat Leo schon auf seinem schuppigen Buckel, und seines Wissens damit seine Eidechsen-Lebenserwartung ziemlich ausgeschöpft. Was das Reptil prompt in eine Sinnkrise stürzt: Wie wenig hat er doch getan, gesehen, erlebt in dieser Zeit! Soll es das schon gewesen sein?
Zeit, übers Leid zu singen
Immerhin bleibt Leo, über sein Leid zu singen: Der ihm gewidmete Film ist ein Animationsfilm-Musical, das sich visuell und akustisch gleichermaßen ins Zeug legt, um aus dem an sich unspektakulären Szenario um den betagten Terrariumsbewohner ein Maximum an Attraktionen rauszuholen. Angefangen bei der erstaunlichen Physis des Titelhelden, der zwar als „Lizard“ firmiert, aber nicht nur seinen Schwanz abwerfen, sondern auch chamäleonmäßig Tricks mit seiner Zunge vollführen und einen schicken Kehlsack wie ein Leguan aufblasen kann, und nicht stoppend bei einer augenzwinkernden „Godzilla“-Hommage, geizt die optische Umsetzung nicht mit liebevollen Details und originellen Ideen. Und eingängige, vor allem aber herrlich getextete Song-Nummern sorgen immer wieder dafür, dass neben den unterhaltsamen Äußerlichkeiten auch die Gefühlswelten zur Geltung kommen.
Leos lakonischer Mitbewohner, Schildkrötenmann Squirtle, ist ihm in seiner Krise nicht gerade ein Trost – man kann zwar famos mit ihm über den aktuellen Schülerjahrgang herziehen (wobei die beiden ein bisschen wie tierische Pendants der „Grumpy Old Men“ Waldorf & Statler aus den „Muppets“ wirken), aber eine Schulter zum Ausheulen ist er eher nicht. Aus seiner Tristesse gerissen wird Leo aber ausgerechnet, als die beliebte Lehrerin seiner Abschlussklasse wegen Schwangerschaft durch eine bärbeißige ältere Vertretungslehrerin ersetzt wird. Diese verdonnert nämlich ihre 10-jährigen Schülerinnen und Schüler dazu, übers Wochenende nacheinander eines der tierischen Klassenmaskottchen mit nach Hause zu nehmen und dort zu versorgen.
Unverblümte, aber nützliche Ratschläge
Leo will das zunächst als Steilvorlage nutzen, um seinem Terrarium zu entfliehen und sich endlich den einen oder anderen Traum zu erfüllen. Doch dann findet er unerwartet Geschmack daran, mit den einzelnen Kids jenseits der Klassengemeinschaft zu tun zu haben: Er verblüfft sie nicht nur mit der Offenbarung, dass er sprechen kann, sondern erweist sich als erstaunlich lebenskluger Ratgeber bei kindlichen Notlagen – schließlich hat Leo im Laufe seiner 74 Jahre weidlich Gelegenheit gehabt, Menschenkinder zu studieren. Dank seines offenen Ohrs und seiner meist nicht sehr charmanten, aber in ihrer Unverblümtheit nützlichen Ratschläge blühen die Mädchen und Jungs richtig auf – und mit ihnen auch Leo.
Adam Sandler und seine Produktionsfirma „Happy Madison“ versorgen Netflix seit Jahren mit Komödiennachschub, von „Murder Mystery“ und „Murder Mystery 2“ über „Hubie Halloween“ bis zuletzt „The Out-Laws“ und „Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen“. Neben viel Dutzendware, in der Sandler pflichtschuldig seine Standards als kindsköpfiger Ins-Fettnäpfchen-Treter abspult, waren spannendere Arbeiten wie „Hustle“ da eher die Ausnahme. Mit Hilfe des australischen Studios Animal Logic ist dem Star nun mit „Leo“ (an dem er als Produzent, Co-Autor und im Original als Sprecher des Titelhelden mitgewirkt hat) ein richtiges Highlight gelungen. Das liegt nicht zuletzt an dem gewitzten Skript, das aus der Echsen-Perspektive einen treffsicher-satirischen Blick auf den Schulkosmos wirft – auf Schüler- und Lehrertypen, auf übereifrige Eltern und die soziale Dynamik in einer Klasse.
Liebenswert schräger Generationenaustausch
Zugleich geht es als übergeordnetes Thema auf liebenswert schräge Art ums Miteinander unterschiedlicher Generationen – darum, wie die Alten, ob Mensch oder Echse, davon profitieren, wenn sie sich auf die befremdlichen Jungspunde einlassen, die so ganz anders ticken, und wie diese wiederum vom Erfahrungsschatz der Älteren profitieren können, auch wenn diese auf den ersten Blick so gar nicht „up to date“, sondern eher weltfremd erscheinen. Gepaart mit einer guten Portion Wahnwitz, die die Handlung schließlich von der Schule bis in die Everglades treibt, gelingt Sandler und Co. damit ein Familienfilm im besten Sinn, an dem große und kleine Animationsfans gleichermaßen ihre Freude haben können.