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Filmkritik
Es ist ihr 9. Geburtstag, und Babs wünscht sich doch so sehr einen jungen Hund – aber ihr Vater ist nun mal allergisch gegen Hunde, da kann man eigentlich nichts machen. Ihr bester Freund Tijn kann ihr auch nur ihren zweitgrößten Wunsch erfüllen, ein Skateboard, von ihm selbst repariert und schick hergerichtet.
Da präsentiert Opa sich als Retter in der Not. Jener Opa Tuitjes aus Amerika, der erst vor ein paar Tagen plötzlich aufgetaucht ist, Cowboystiefel an den Füßen, der passende Hut auf dem schütteren Haar, ein Banjo umgehängt, auf dem er abends vor der Gartenhütte, in der er es sich gemütlich eingerichtet hat, Lieder spielt und singt.
Liebe auf den ersten Blick
Babs’ Mutter ist gar nicht begeistert darüber, dass ihr Vater wieder da ist, sie scheint ihm nicht über den Weg zu trauen – aber nun nimmt er Babs mit auf einen Bauernhof, dort darf sie sich ein süßes neugeborenes Ferkel aussuchen, es ist Liebe auf den ersten Blick. So kann auch ein 25 Jahre lang abwesender Großvater das Herz der Enkelin gewinnen, und Mama bleibt nur die Rolle, die doofen Regeln aufzustellen: Das Schwein, Oink getauft, darf nicht ins Haus, nicht in den Gemüsegarten und vor allem: nicht überall hinmachen. Die Sache mit dem Exkrement wird dann später noch einmal äußerst bedeutsam, zunächst aber kann das Jungtier einfach seine Darmendprodukte nicht bei sich behalten – es beginnt harmlos mit ein wenig Gas und endet nicht bei flotten Tanzrotationen im Wohnzimmer.
Mascha Halberstads „Oink“ erinnert uns immer wieder und vielleicht ein wenig zu erfolgreich daran, wie wenig Exkremente im Kino sonst eine Rolle spielen – oder allenfalls für Momente des grotesken Humors oder groben Ekels. Damit spielt dieser bezaubernde Kinderfilm natürlich, sicher zur großen Begeisterung des jungen Publikums, aber: Das alles hat am Ende auch ein narratives Ziel.
Es geht in „Oink“ freilich alles andere als fotorealistisch zu: Die Niederländerin Halberstad inszeniert die Geschichte als Stop-Motion-Trickfilm mit ganz und gar überzeugenden Figuren. Die etwas zu großen Köpfe zeigen ausdrucksstarke Gesichter, Haare bewegen sich im Wind, der prächtige Schnurrbart des Opas zuckt bei seinen Bewegungen.
Man vergisst, dass man es mit Puppen zu tun hat
Das alles spielt sich vor deutlich niederländisch geprägten Landschaften – flach –, in kleinstädtischen Gassen, Parks und Gärten ab, es ist lebhaft und lebendig, man vergisst im Handumdrehen, dass man es mit kleinen Puppen zu tun hat. Das liegt vor allem an den Figuren und den klug reduzierten Dialogen, in denen vergangene Verletzungen und Erfahrungen stets anklingen, aber lange nicht ausgesprochen werden.
Es lässt sich schnell erahnen, dass die Rückkehr des Großvaters womöglich nicht so zufällig ist, wie er behauptet – vor allem Tijn bleibt skeptisch, allerdings womöglich vor allem, weil er Babs’ Aufmerksamkeit allenfalls noch mit Oink, aber nicht mit diesem seltsamen Opa teilen möchte. Aber ominös ist es schon, dass im lokalen Fernsehen immerzu von dem großen Würstchen-Wettbewerb berichtet wird, der schon ganz bald wieder stattfinden soll und auf dem es vor 25 Jahren zu einem großen Eklat kam … und was versteckt Tuitjes in seinem großen Koffer? Oder ist er doch der nette Opa, dem es nur um das Glück seiner Enkelin geht?
Doch noch eine Rettung
„Oink“ traut sich, die Erwartungen und Hoffnungen des Publikums auf ein Happy End erstganz schön zu erschüttern, bevor der Film dann nach einer ziemlich wilden Verfolgungsjagd in etwas ungelenken Fahrzeugen die Rettung, ins Exkrementelle gesteigert, doch noch aus dem Fleischwolf zaubert. So naht am Ende das Happy End dann doch – für Oink, für Babs, sogar für die Kochkünste von Babs’ Mutter.
Aber dann hat man einen Animationsfilm gesehen, der die Zwischentöne ebenso beherrscht wie das etwas Brachialere und dessen Macherinnen nicht allein auf die Technik geachtet haben, sondern eine kluge Geschichte fern von stereotyper Figurenzeichnung erzählen wollten. Solche Schweinereien darf es bitte mehr auf der Leinwand geben!