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Filmkritik
Ist Jigsaw doch nicht tot oder hat er einen Nachahmer? Der größte Fehler, den die Produzenten des Erfolgs-Franchises machen konnten, war es, ihrem „edlen“ Oberbösewicht schon in Teil 2 eine tödliche Krankheit anzudichten. So musste sich John Kramer alias Jigsaw (Tobin Bell) über zwei Teile mit dem Sterben und ab dem vierten mit dem Doch-nicht-Totsein beschäftigen; seine Rolle des Moralapostels im Gewande eines Serienkillers bekam derweil kaum neue Dimensionen und Begründungskonstrukte verpasst, die erklären könnten, warum und wie er immer wieder Mitmenschen entdeckt, die in ihrer Vergangenheit Unrecht begingen und nun mit Tod und Verstümmelung „erzogen“ werden müssen. Seit Teil 7 der „Saw“-Reihe („Saw 3D – Vollendung“, 2010 (fd 40 190)) sind nun schon einige Jahre vergangen, Jigsaw gilt immer noch als tot und beerdigt, da tauchen sie wieder auf: die Toten nach dem Muster des Meisters; grausam verstümmelt und mit untrüglichen Zeichen von Jigsaw in der Stadt herumliegend. Das kann nicht sein, wie Kommissar Detective Halloran, sein neuer Kollege Keith Hunt und das Team Logan Nelson und Eleanor Bonneville von der Gerichtsmedizin finden. Während sie obduzieren und recherchieren und sich immer mehr herauskristallisiert, dass das Böse nicht tot sein kann, hocken vier arme Opfer an den „Ketten der Schuld“, um sich von einem richten zu lassen, der so klingt und so agiert wie der selbsternannte Sühner Jigsaw. Die Stallungen, in denen das passiert, sind groß und abgelegen genug, um einem regelrechten Todeswettbewerb zu zelebrieren. Wettbewerb sei gut, meint die eine: „Da besteht ja wenigstens die Chance zu gewinnen.“ Dass die Überlebenschance denkbar gering ist, kann man sich denken, denn sujetgemäß braucht es möglichst grell in Szene gesetzte Morde, damit das ausgelaugte Franchise auch auf diesen Wiederbelebungsversuch anspricht. Zwei in Deutschland geborene australische Regisseure sind angetreten, um dies in Szene zu setzen: Die Zwillinge Michael und Peter Spierig, die zuvor u.a. den Vampirfilm „Daybreakers“ (2009) inszeniert haben. Doch im „Saw“-Franchise bleibt auch ihnen nicht viel mehr als das inzwischen Übliche; allenfalls versuchen sie noch ein wenig mehr, dem (morbid-erotischen) Glanz der Jigsaw’schen Mordwerkzeuge zu frönen, indem sie der herb-schönen Kollegin von Doktor Nelson einen Fetisch andichten, der sich in einer Lagerhalle mit den Artefakten als Spielwiese äußert. Nur gucken und bewundern, nicht benutzen! Aber selbst diese Faszination des Grauens bleibt eigentümlich oberflächlich, als hätten die Beteiligten Angst, dem Perversen zu verfallen. Was für ein Zynismus angesichts der unappetitlichen Todesfolgen, die sich der Zuschauer in der Pathologie immer wieder noch mal ganz genau anschauen darf. Ist ja quasi medizinisch begründet! Als Betrachter wird einem man dabei fast abtrainiert zu hinterfragen, inwiefern da noch irgendein erzählerischer Sinn waltet: warum der Eine doch wieder lebt und der oder die Andere doch mit dem Vermächtnis von Jigsaw kokettiert – egal! Die Handlungswendungen und/oder die Erklärungsversuche sind ebenso Beiwerk wie die Dialoge. Wichtig ist nur das Spiel des Todes, das hier wieder ein wenig mehr an das Abenteuer im „Fort Boyard“ erinnert, durch dass das Privatfernsehen einst arme Teams aus Kombattanten jagte, die als Lohn für die körperliche und geistige Schinderei ein wenig Geld mit nach Hause nehmen konnten. Mit dem Unterschied, dass die Kombattanten in „Jigsaw“ froh sein können, wenn sie mit allen intakten Körperteilen am Leibe sterben. Und die Moral von der Geschicht’? Es gibt einmal mehr deren zwei. Erstens: Sei brav, sonst holt dich der Jigsaw. Zweitens: Sorge für reichlich Boxoffice, dann gibt es vielleicht Teil 9. In dem werden dann aber wirklich alle Unklarheiten final bereinigt. Versprochen.