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Filmkritik
Die bewegte Lebens- und Liebesgeschichte der Marie Jeanne, Comtesse du Barry (1743-1793) wird nicht das erste Mal verfilmt. Bereits Ernst Lubitsch hatte aus dem Stoff 1919 den Historienfilm „Madame Dubarry“ gedreht. Dort verkörperte Pola Negri die Mätresse von Königs Louis XV, den Emil Jannings schön eitel und gierig auf „junges Fleisch“ spielte. Bei Lubitsch wurde die ehemalige Modistin Jeanne von Männern begehrt, benutzt, wie eine Ware gehandelt und missbraucht. Damit gelang es dem Regisseur, ein sehr kritisches Sittengemälde zu schaffen.
Über 100 Jahre später schwelgt die Neuverfilmung von Regisseurin und Hauptdarstellerin Maiwenn primär in Opulenz. Die 20 Millionen Euro Produktionskosten wollen gesehen werden. In dem klassisch wie ein Biopic aufgebauten und gelegentlich mit einem Off-Kommentar versehen Film begegnet man Jeanne Vaubernier als junger, mittelloser Frau, die weiß, wie sie die Aufmerksamkeit der Männer erregen kann. Um sozial aufzusteigen, heiratet sie den Grafen Barry (Melvil Poupaud). Der will die erotisch-frivole Ausstrahlung seiner Ehefrau gewinnbringend einsetzen und sie mit Hilfe des Grafen Richelieu an den Hof von Ludwig XV. nach Versailles bringen. Jeanne spielt bereitwillig mit, da sie sich über die Gefühle ihres Mannes keine Illusionen macht. Als er ihr einmal fast überschwänglich emotional seine Liebe gesteht, antwortet sie trocken: „Das ist keine Liebe“.
Die Favoritin des Königs
Im ersten Drittel gelingen der Inszenierung immer wieder prägnante Szenen, die aufzeigen, wie sehr „Männer von Welt“ Frauen geringschätzen. Das verdeutlicht vor allem der von Pierre Richard vorzüglich porträtierte Graf Richelieu in einer kleinen Schlüsselszene. Eben noch gönnerhaft väterliche Ratschläge erteilend, wie sich Jeanne am Hofe des Königs zu verhalten habe, benutzt er sie kurz darauf auf einem Küchentisch sexuell. Dieser freudlose Quickie hat etwas erschreckend Beiläufiges. Jeanne nimmt es hin.
Ganz anders ist der Tonfall dann, wenn Jeanne endlich dem König vorgestellt wird. Sehr humorvoll und augenzwinkernd pfeift sie auf alle Konventionen, die man ihr zuvor eingebläut hat. Sie schaut dem König bewusst in die Augen und knickst lasziv vor ihm. Der von dem auf älter geschminkten Johnny Depp verkörperte Monarch ist schnell erobert. Jeanne steigt zu seiner Lieblingsmätresse auf. Der Arbeitstitel des Films lautete dementsprechend „La Favorite“.
Maïwenn und Johnny Depp beim Spielen zuzusehen gehört zu den unterhaltsamsten Aspekten dieser Großproduktion. Depp verlässt sich ganz auf seine zurückhaltende Mimik, deutet hier und da ein unterdrücktes Grinsen an und findet Gefallen daran, mit seiner Geliebten den Hof und seine bigotten Töchter zu provozieren. Im französischen Original spricht Johnny Depp, der lange in Frankreich gelebt hat, exzellent Französisch. Maïwenn muss sich in diesen gemeinsamen Szenen darstellerisch nicht hinter Johnny Depp verstecken. Sie spielt Jeanne einerseits mädchenhaft-kokett, aber auch vielschichtig charmant, verletzlich und selbstbewusst.
Der leichte Tonfall passt
Ob diese Liebe nun, historisch betrachtet, wirklich so romantisch und innig war, wie von der Regisseurin behauptet, darf getrost bezweifeln werden. Sie belässt die Gesellschaftskritik bei Eifersuchtsszenen und der Empörung des Adels über dieses „Straßenmädchen“. Das sind dann eher burleske Szenen in einem unpolitischen Werk, das sich allerdings die eine oder andere Spitze gegen höfische Etikette und starre Rituale erlaubt. Besonders amüsant ist eine Szene mit der noch sehr jungen Marie Antoinette, die Deutsch sprechend zugibt, Hunger zu haben. Sie muss noch lernen, dass erst dann gegessen wird, wenn der König alle endlich mit seiner Anwesenheit beglückt. Dieser leichtere Tonfall passt besser zu „Jeanne Du Barry“ als das Melodrama, dem der Film an seinem Ende zustrebt.
Dennoch überzeugt die sechste Regiearbeit von Maiwenn. Nach ihren intimeren und emotional wie filmisch herausfordernderen Arbeiten „Poliezei“ und „Mon Roi - Mein ein, mein alles“ hat sich Maïwenn mit „Jeanne du Barry“ erfolgreich in der A-Liga französischer Regisseur:innen etabliert und in erster Linie einen sehenswerten Unterhaltungsfilm gedreht. In Frankreich dankten es ihr die Kinobesucher mit 800 000 verkauften Tickets.