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Filmkritik
Während andere Kinder seines Alters Fußball spielen, ist der zehnjährige Edward vom Tod besessen. Oder vielmehr von all dem, was mit dem Jenseits zu tun hat: Geister, Séancen, Friedhöfe. An potenziellem Anschauungsmaterial mangelt es ihm nicht. Edward (Bill Milner) lebt in einem von seinen Eltern geführten Altersheim. Tagtäglich ist er von zittrigen, wirren Gestalten umgeben, von Endlichkeit, Verfall und üblen Gerüchen. Edward hasst dieses Leben, in dem er die eigenen Bedürfnisse ständig seinen Mitbewohnern opfern muss. So hat er nicht nur die Autorität über das Fernsehprogramm verloren, sondern auch sein Zimmer für den alten Arnold räumen müssen. Kaum hat dieser seinen letzten Atemzug getan, hält ihm Edward ein Mikrofon an den offenen Mund. Atmet da nicht irgendwas weiter? Was passiert nach dem Tod? Gibt es die Wiedergeburt oder spukt man vielleicht als Gespenst umher? Wie ein kleiner Detektiv geht er mit Logbuch und Kassettenrekorder diesen drängenden Fragen nach.
Der Charme des Analogen
Mit Clarence (Michael Caine), der neu in das Heim eingezogen ist, verbindet Edward bald eine tiefe Feindschaft. Der grantige alte Mann wurde vom Sozialamt eingewiesen. Seinen Frust über den Autonomieverlust lässt er an den Mitbewohnern aus – und auch an Edward. Als ehemaliger Zauberkünstler weckt „Amazing Clarence“ bei dem Jungen allerdings reges Interesse. Der müsste doch Antworten wissen! Clarence wehrt Edwards Kontaktversuche jedoch ab; der wiederum schießt einen Ball in sein Wohnmobil und bewirft ihn mit Dreck. Dennoch werden aus dem ungleichen Duo bald beste Freunde.
Der Ire John Crowley macht hauptsächlich Theater und Fernsehen; bekannt wurde er durch die Colm-Tóibín-Verfilmung „Brooklyn“ (2015). „Is Anybody There?“ ist einer seiner frühesten Spielfilme, der jetzt, 16 Jahre nach seiner Premiere, auch in den deutschen Kinos zu sehen ist. Der Charme des Analogen mag vielleicht ein Grund für die späte „Wiederentdeckung“ sein. „Is Anybody There?“ spielt Mitte der 1980er-Jahre, als Fernsehserien wie Arthur C. Clarkes „World of Strange Powers“ noch die Fantasien von Heranwachsenden beflügelten. Der popkulturelle Kosmos wird jedoch nur oberflächlich gestreift. Das Interesse des Films gilt mehr dem Alltag im Altenheim, dem seltsamen Nebeneinander von kindlicher Erfahrung, Siechtum und leichter Verrücktheit. Crowley hat ein Faible für schrullige Figuren; ein Heimbewohner erzählt zwanghaft Erektionswitze, eine Bewohnerin rollt den ganzen Tag Klopapier von einer Rolle.
Kollisionen, Wiederannäherungen, Versöhnungen
Die traurigen Seiten des Alterns werden durch die Komik zwar abgefedert, aber nicht ausgespart. Schon bald machen sich auch bei Clarence Anzeichen einer fortschreitenden Demenz bemerkbar. Bei einer Zaubershow zu Edwards Geburtstag klappen die Tricks nicht mehr so reibungslos. Eine Nummer mit einer Finger-Guillotine endet im Krankenhaus.
Zeitweise folgt „Is Anybody There?“ dem Schema einer (intergenerationellen) Buddy-Komödie. Unaufhörlich kommt es zwischen dem Jungen und dem Alten zu Kollisionen, Wiederannäherungen, Versöhnungen. Ihre Begegnung hat eine klare Aufgabe: Edward in das „eigentliche“ Leben zurückzuholen und Clarence mit seinen begangenen Fehlern zu versöhnen, damit der „Grumpy Old Man“ noch schnell zu einem besseren Menschen wird, bevor er sich aus der Welt verabschieden darf – und vielleicht als Dachs wiedergeboren wird. Ganz unsentimental geht es dabei nicht zu. Aber wie Edward mit Trotz und Entschlossenheit für das Konzept des Jenseits kämpft, ist anrührend. Und am Ende kommt sogar der Dachs vorbei.