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Filmkritik
Minthe (Diana Maria Frank) stolpert von einem Gefühlszustand zum nächsten. Mal ist die junge Frau mit den vollen Lippen und dem schläfrigen Blick verträumt, dann wieder lasziv oder schlecht gelaunt. Und während sie in jedem dieser Momente so wirkt, als wüsste sie gerade nicht so recht, wie ihr geschieht, scheint Regisseur und Drehbuchautor Misha L. Kreuz aber längst eine Bestimmung für sie gefunden zu haben. Nackt wie ein Embryo treibt die Protagonistin am Anfang im gelb schimmernden Fruchtwasser, und diese Rückkehr zu den Ursprüngen ist gewissermaßen das Ziel, auf das „Im Nachtlicht“ zusteuert.
Eine Kette von Ereignissen bringt Minthe von der Stadt aufs Land. Dass sie zeitgleich aus ihrer Wohnung fliegt, ihren befristeten Job als Kassiererin im Supermarkt verliert und sich anschließend noch auf einer Sex-Party für 500 Euro die Stunde verdingen soll, wirkt allerdings nicht wie eine Abfolge von Zufällen, die sich aus der Handlung entwickeln, sondern eher wie ein Sammelsurium lustloser Drehbucheinfälle.
Das Unheil von Heilsheim
Diese bringen Minthe schließlich zu einem Angebot wie aus einem Horrorfilm. Wenn sich die Job- und Wohnungssuchende um eine verlassene Mühle im Wald kümmert, darf sie dort kostenlos leben. Dabei heißt der Ort Heilsheim nicht nur genauso wie die Protagonistin; im Gespräch mit ihrem Arbeitsvermittler realisiert sie urplötzlich, dass sie dort aufgewachsen ist.
„Im Nachtlicht“ scheint eine einzige Vorbestimmung zu sein. Eine stumme Nachbarin mit angestrengt geheimnisvollem Gesichtsausdruck, die Legende eines Wolfsmenschen, der hier einst umtriebig gewesen sein soll, sowie die schmierigen Männer aus dem Dorf, die einander verschwörerisch zuflüstern, lassen Unheilvolles erwarten. Die vorgegebenen Bahnen der Erzählung laufen jedoch oft ins Leere. Sehr wohlwollend könnte man sagen, dass der Film Zuschauererwartungen unterlaufen und Genregrenzen durchbrechen will. Realistischer ist aber die Einschätzung, dass hier kaum etwas Hand und Fuß hat.
Misha L. Kreuz hat einen Film voller Brüche gedreht, die jedoch keine neuen Pfade eröffnen, sondern nahezu jeden Funken Leben im Film ersticken. Oft wirkt es, als wären die Figuren und Motive nur blasse Zitate von Bewährtem, teilweise auch so inkompatibel zueinander, dass sie unterschiedlichen filmischen Universen zu entstammen scheinen. Ein bis zur Karikatur verzerrter, mit schmerzhaftem Overacting verkörperter Macho-Mechaniker (Peter Eberst) und ein reaktionärer Dorfpolizist (Jens-Peter Fiedler) treffen dabei beispielsweise auf eine geheimnisvolle Motorradfahrerin mit Armbrust (Ruby O. Fee), die wie eine Manga-Figur aussieht.
Wie Mönche aus dem Nichts
Auch sonst passt in diesem auf mythologische Schwere, künstlerischen Stilwillen und Genreklischees vertrauenden Film wenig zusammen. Ohne erkennbaren Anlass wechseln die Figuren etwa zwischen Alltagssprache und altertümlich verkünstelten Formulierungen, orientieren sich bei ihrem Schauspiel mal an Fernsehrealismus, dann wieder an einer überdrehten Provinz-Groteske. Charakteristisch ist, dass sich die Handlungselemente fast wie isolierte Ereignisse betrachten lassen. Wenn aus dem Nichts eine Gruppe von Mönchen auftaucht oder ein spießiger Bankangestellter (David Rott) zögerlich etwas verdrückt, das wie menschliches Exkrement aussieht, ist das dem Effekt und nicht der Sinnhaftigkeit geschuldet. Wenn eine Szene dann mal kurzzeitig doch eine eigene Dynamik entwickelt wie etwa die notorisch unbeholfenen Annäherungen zwischen Minthe und dem neuen Hauptkommissar Karon (Sebastian Hülk), kann man fast gewiss sein, dass auch dieser Erzählstrang im Sand verlaufen wird.
„Im Nachtlicht“ spielt mit Genreerwartungen oder auch damit, dass überhaupt etwas passiert. Der einzige fantastische Moment wird bezeichnenderweise lieblos im Dunkeln abgehandelt, das angekündigte Familientrauma letztlich links liegen gelassen. Was von dem Film bleibt, ist vor allem ein ärgerlich unfokussiertes Drehbuch, über dem ein bedeutungsvolles Raunen liegt.