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Filmkritik
Wenn sich in Zeiten der sogenannten „Alternativlosigkeit“ niemand wirklich mehr aufregt, dann muss man sich eben künstlich aufregen. Die Kunst als Ort und Medium des Widerspruchs gegen das „juste milieu“: Das ist etwa im Theater bei René Pollesch der Fall oder auf der Straße bei den Protesten gegen „Stuttgart 21“, wenn Volker Lösch Chöre des Widerspruchs inszeniert. Oder in den Filmen von Godard, Kluge, Schlingensief & Co., die den Sand der Gegen-Information oder des (auch formalen) Widerstands ins Getriebe der Medien streuten. Den Filmemacher Max Linz hat sein Studium an der dffb wütend gemacht, weil er merkte, dass das Studium zu genormter Kunst führt, die ins System passt. Er hat darauf polemisch reagiert und eine Videoreihe mit dem Titel „Das Oberhausener Gefühl“ ins Netz gestellt. Eine scharfsinnige, scharfzüngige und nicht humorlose Polemik, die Linz einen Namen verschafft hat. Es passt ins Bild, dass „Ich will mich nicht künstlich aufregen“ 2013 im Programm der „Berlinale“ lief, gefördert mit den Mitteln des RBB und des Medienboard Brandenburg. Das ist insofern konsequent, als der Film genau diese Tatsache als bitteren Kommentar zur Handlung verdoppelt. Wie ist diese umfassende Folgenlosigkeit politischer Kunst organisiert, dass sie so perfekt funktioniert? Linz zeigt ein Fallbeispiel auf Spielfilmlänge, nebst einigen Abschweifungen und Aperçus. Die junge und stets elegant auftretende Kuratorin Asta will mit einer Ausstellung den Zusammenhang von Politik, Kunst und Kino untersuchen, bekommt aber nach einem unbotmäßigen Interview Probleme bei der Finanzierung. In der ersten Hälfte des Films werden junge, kluge und eloquente Menschen gezeigt, die es offenbar verstehen, mit dem Stoff, den „Suhrkamp“-Bänden, die zu Beginn gezeigt werden, zu arbeiten. Mal sind sie, wie Asta, „aus gutem Hause“, mal haben sie Migrationshintergrund oder das Down-Syndrom, aber gemeinsam sind sie engagierte Projektemacher. Linz klaut mit Verve bei Pollesch oder auch Kluge, wenn er Astas Mutter von Hannelore Hoger spielen lässt, die dann in einer dokumentarischen Sequenz dem Bundespräsidenten Gauck begegnet – so wie Hoger einst in „Die Patriotin“ (fd 22 265) auf einer „echten“ SPD-Parteitag auftauchte. Hier trifft man sich zum „Brecht-Yoga“ und bringt die Dinge pointiert auf den Punkt: „Heute gilt nur die Alternative: Affirmation oder Werktreue“. Und dann sind da ja noch die Seilschaften, genannt: „Exzellenzcluster normativer Kühe“. Linz punktet dadurch, dass man in der Zuspitzung die Verhältnisse erkennt und schmunzeln muss: „Ausdruck ist existenzgefährdend. Ausdruckslosigkeit erst recht.“ Schließlich begegnet Asta eher zufällig der obersten Kulturchefin persönlich und erfährt, dass sie sich im Widerstand derart bewährt habe, dass sie nun doch über die Mittel für ihre Ausstellung verfügen dürfe. Glückliche Umstände. Ein Triumph? Wohl eher das Todesurteil, weil ein Ort zugewiesen wird, der notwendig wirkungs- und folgenlos bleiben wird. „Ich will mich nicht künstlich aufregen“ ist manchmal etwas nostalgisch in seiner Sehnsucht nach klareren Verhältnissen, als man für seine Kunst noch zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Doch Linz versteht es, die Verhältnisse auf die Essenz herunterzubrechen, ohne eine Lösung anzubieten. Auf die Leerstelle seines Films könnte man – machte es Sinn – mit Brecht antworten: „Sollten sie dies für utopisch halten, so bitte ich sie, darüber nachzudenken, warum es utopisch ist.“