Vorstellungen
Filmkritik
Ein Film zur Klimakatastrophe, ein kleiner, gegenwärtiger Actionfilm, der den Widerstand in den USA thematisiert. Erzählt wird, dass Veränderung Taten braucht, nicht Worte, dass friedlicher Protest und Verhandeln nicht mehr ausreichen. Wer etwas bewirken will, muss Gewalt anwenden – nicht gegen Menschen, aber gegen ihre Profitmöglichkeiten, ihre Behaglichkeit, ihr Herrschaftsverständnis.
Diese Ideen stammen zwar aus dem gleichnamigen Buch des Humanökologen Andreas Malm, der 2021 eine Radikalisierung der Klimabewegung forderte. Aber Fiktion sind sie deshalb keineswegs, und wie gefährlich ihre Umsetzung ist, kann man in Deutschland an den aktuellen Maßnahmen gegen die „Letzte Generation“ ablesen.
Tatsächlich sind Gedanken über die richtige oder falsche Form von Widerstand für den Film „How to blow up a Pipeline“ ziemlich egal. Er lässt sich nur an zwei Stellen auf die Diskussion über Legalität, Effizienz und Volksnähe ein. Stattdessen zeigt er schlicht acht Menschen, die handeln wollen. Pro und contra Kriminalisierung ist für sie keine Frage. Sie wissen, was eine Straftat ist, und haben sich die Konsequenzen gut überlegt. Während man ihnen dabei zusieht, wird man ihr Freund, nicht nur aus politischen Gründen, sondern weil sie unprätentiös sind und mutig, aber auch, weil sie miteinander und füreinander arbeiten. Und weil sie schlauer sind als ihre Gegner – wie schlau genau, das stellt sich erst schrittweise heraus, jedes Mal wieder als Überraschung.
Nicht viel anders als Bankräuber
Klugerweise behandelt der Film von Daniel Goldhaber diese Menschen nicht viel anders als Bankräuber bei einem schwierigen Coup. Der Titel ist Programm. Sie wollen die Pipeline einer Raffinerie in die Luft jagen, und zwar so, dass die Ölversorgung von West-Texas eine Weile lahmgelegt bleibt. Ein Skandal soll her, samt Bekennervideo, damit über den Umweg ihrer Tat auch ihre Ziele von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Bis es aber so weit ist, muss höchst konspirativ vorgegangen werden. Dazu treffen die Beteiligten in Texas zusammen, aus den unterschiedlichsten Bundesstaaten, alle jung und skrupellos. Nur drei sind vor Ort aufgewachsen, sie kennen das Gelände.
Der Film schildert minutiös, wie sie Material beschaffen, ihre Spuren verwischen, sich in einer Hütte im Nirgendwo treffen, um große Bomben zu bauen. Eine gefährliche Aufgabe, daran wird kein Zweifel gelassen, insbesondere, weil die Anleitung aus dem Internet kommt.
Dem Thriller verpflichtet, wird die Arbeit in detaillierten Bildern gezeigt. Gerade die Herstellung von Zeitzündern ist heikler, als man es eigentlich wissen möchte. Das alles sorgt für Spannung, die zeitweise kaum erträglich ist, weil auch genügend Pannen passieren, die nicht immer glimpflich verlaufen. Ständig wird man in Unsicherheit versetzt; der Film spielt gern mit dem Informationsrückstand der Zuschauer, die nicht alle Facetten des Plans kennen, und daher zusätzlich noch Gefahren fürchten.
Alle haben eine genau umrissene Aufgabe
Man sieht vier Männer und vier Frauen, alle haben eine genau umrissene Aufgabe. Während sie die erledigen, gibt es jeweils Rückblenden zu Herkunft und Vergangenheit. Die Radikalisierung aller wird knapp geklärt, unsentimental, aber einsichtig. Jede Figur hat Verluste davongetragen, manche direkt durch die Luftverschmutzung der Raffinerien, manche durch deren Auswirkung aufs Klima, andere durch die harte Verfolgung von zivilem Widerstand. Dieser Blick auf die US-amerikanische Gesellschaft ist ungewohnt und nicht das, was man oft zu sehen bekommt, aber genau wie das ganze Vorgehen recht wirklichkeitsnah.
In Interviews zu dem Film erklärten die Filmemacher, dass sie sich von Pipeline-Ingenieuren beraten haben lassen. Das klingt ein bisschen obskur, doch was der Film zeigt, spricht dafür.
Der Thriller führt sachlich von der Planung über die Vorbereitung zur Tat. Man lernt die Protagonisten in Aktion kennen, durchaus angstvoll im Angesicht der Gefahr. Sie stammen nicht aus einem wohlhabenden Milieu und kümmern sich lakonisch ums Notwendige, ohne viele Worte zu verlieren. Das ist eine der interessantesten Seiten des Films: Er verwehrt sich dem Pathos, obwohl es manchmal verdient wäre. Denn die Helden resignieren nicht vor Hindernissen.
Um im Kino für noch mehr Herzflattern zu sorgen, treten Hindernisse auf, immer unberechenbar und im falschen Moment. Aber der Film lehrt, dass sie bewältigt werden können, wenn das Ausmaß des Vorhabens stimmt. Sobald man weit genug drinsteckt, ist ein Wagnis wie die Pipeline einfach zu groß, um selbst bei bedrohlichen Fehlern klein beizugeben.
Einmal mit Stolz
Die Geschichte findet ihr Ende, so wie gute Bankraub-Geschichten ein Ende finden: Es gibt Verletzungen, aber keine Ausfälle. Die Sorgfalt beim Zusammenstellen der Truppe hat sich gelohnt, das zahlt sich auch beim Zuschauen aus. Keiner ist ein Idiot, und ein Verrat der Aktion, bekanntlich der häufigste Grund für das Scheitern von kriminellen Ideen, wird auch verhindert. Dabei will der Film nicht mit einer Erfolgsgeschichte provozieren, so wenig wie Thriller provozieren wollen. Wenn es eine Intention gibt, dann will „How to blow up a Pipeline“ agitieren. Das gelingt spätestens beim letzten Bild. Da wird noch einmal deutlich das politische Ziel der Tat ausgesprochen, und dieses eine Mal mit Stolz.