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Filmkritik
„Horizon“ ist Verheißung und Fluch zugleich. Schon der Name zieht weiße Siedler an. Sie strömen Mitte des 19. Jahrhunderts in langen Tracks in Richtung des mythischen Ortes, fasziniert von der Weite des in ihren Augen unberührten Landes. Im ersten Teil der vierteiligen Saga von Kevin Costner tauchen immer wieder Flugblätter der Siedlung „Horizon“ auf. Was die Siedler so anzieht, verärgert jedoch nicht nur die Soldaten eines naheliegenden US-Forts, sondern auch die Ureinwohner des Landes: die Apachen.
Nach einem kurzen Epilog, der im Jahr 1859 mit der Landvermessung eines Vaters und seines Sohnes beginnt, die von Apachen getötet werden, setzt die eigentliche Handlung erst 1863 ein. Horizon hat sich zu einer ansehnlichen Siedlung entwickelt. Für die Apachen ist der Zeitpunkt gekommen, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Sie greifen überraschend an, setzen alles in Brand und töten alle Siedler, die nicht rechtzeitig fliehen können.
Blutiger Kampf um das Land
Costner inszeniert das in drastischen Bildern. Die Apachen machen keine Gefangenen. Auch Frauen und Kinder kommen ums Leben. Dramatischer Höhepunkt ist der Kampf einer Familie gegen eine Übermacht indigener Angreifer, bei dem nur die Mutter Frances (Sienna Miller) und ihre Tochter Elizabeth überleben. Am nächsten Tag erscheint die US Army, die von einem Jungen zu Hilfe gerufen wurde. Völlig illusionslos macht ein Sergeant den wenigen Überlebenden klar, dass die Armee sie nicht schützen kann und will. Wer sich retten möchte, muss mit ins Fort.
Die Inszenierung setzt früh einen dramatischen Höhepunkt. Costner erweist sich dabei als Filmemacher, der Action und Drama gleichermaßen zu inszenieren weiß. Es geht um den Kampf um Land, um Verdrängung und Verteidigung. Für Frieden ist da kein Platz, erst recht nicht, weil sich die USA bereits in einem Bürgerkrieg befinden. Und doch ist diese Exposition nur einer von mehreren Handlungssträngen einer breit angelegten Saga.
Im winterlichen Montana hat Lucy (Jena Malone) den Patriarchen James Sykes niedergeschossen, der sie offensichtlich sexuell missbrauchte. Sie flieht mit ihrem kleinen Sohn nach Wyoming, nennt sich dort Ellen und versucht sich mit einer Heirat ein neues Leben aufzubauen. In einer weiteren Parallelhandlung leitet Matthew van Weyden (Luke Wilson) einen riesigen Track mit Aussiedlern, die nach Horizon ziehen.
Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus
Bei der Premiere in Cannes hagelte es unfaire Verrisse. Manche Filmkritiker fühlten sich von der Vielzahl der Figuren und Handlungsstränge überfordert. Das gipfelte in der Behauptung, dass der altmodische Western kein Film, sondern nur der erste Teil einer Miniserie sei. Als der erste Teil in den US-Kinos auch noch als Flop deklariert wurde und der US-Verleiher den Start des zweiten Teils auf unbestimmte Zeit verschob, kannte die Häme kaum noch Grenzen.
Die ersten beiden Teile haben etwa 100 Millionen Dollar gekostet. Ein Drittel des Budgets steuerte Costner aus eigener Tasche bei, der seit seinem Comeback mir der Neo-Western Serie „Yellowstone“ auch wieder zu den gut bezahlten Hollywood-Stars gehört. In den USA hat der erste Teil an der Kinokasse über 30 Millionen Dollar eingespielt, in Frankreich, wo der Film sehr viel wohlwollendere Kritiken erhielt, kamen 300 000 weitere Zuschauer dazu. Das sind tatsächlich enttäuschende Zahlen, aber keineswegs ein Totalflop.
Filmisch kann Costners erste Regiearbeit seit über 30 Jahren durchaus bestehen. Er nimmt sich zwar viel Zeit und setzt nach dem schockierenden Massaker weitgehend auf eine entschleunigte Inszenierung. Dennoch sind die 180 Minuten unterhaltsam und mit Szenen durchsetzt, in denen das Tempo anzieht, bei Verfolgungsjagden oder Duellen, wo den Westernmythen Tribut erwiesen wird.
Gebrochene, vielschichtige Charaktere
Costner will als Regisseur das Genre nicht neu erfinden. Als Schauspieler taucht er als Figur erst nach einer Stunde auf. In Wyoming ist der einsilbige Cowboy Hayes Ellsion in dem Kaff gelandet, wo sich Ellen/Lucy mit ihrem kleinen Sohn aufhält. Weil Ellen mit ihrem Mann Land verkaufen will, hat sie ihren kleinen Sohn der jungen Prostituierten Marigold (Abbey Lee) anvertraut. Lee spielt diese schmollende, blonde, attraktive Frau mit schönem Trotz, viel Naivität und immer auf ihren Vorteil bedacht. Marigold will Hayes verführen und für sich gewinnen, auch um davon finanziell zu profitieren. Hayes bleibt vom Charme dieser Frau nicht unbeeindruckt. Auf dem Weg zu ihr trifft er auf einen der brutalen Sykes-Brüder, die immer noch nach Lucy/Ellen und ihrem kleinen Sohn suchen. Um Marigold beizustehen, die auf den Jungen aufpasst, wird Hayes wider Willen zum Beschützer.
Es sind diese kleinen Geschichten, die Costner überzeugend inszeniert. Er etabliert gebrochene und vielschichtige Charaktere, die an das eigene Überleben denken und dementsprechend auch egoistisch agieren. Auch wenn „Horizon - Eine amerikanische Saga“ nicht in CinemaScope auf der Leinwand erstrahlt, so ist der Film doch pures, klassisches Kino, das auf einem kleinen Bildschirm viel von seiner Kraft verliert.
Es ist zu früh, um „Horizon- Eine amerikanische Saga“ als Gesamtwerk zu beurteilen. Interessant ist jedoch, wie Costner hier die „Native Americans“, die verschiedenen indianischen Stämme, und das Verhältnis zu den weißen Siedlern und Eroberern zeigt. Im Gegensatz zu seinem idealistischen Western „Der mit dem Wolf tanzt“ nuanciert Costner das Gut-Böse Schema und zeigt die Apachen anfangs als gnadenlose Krieger, aber auch als Verteidiger. Über das Vorgehen gegen die „Weißen“ besteht keineswegs Einmütigkeit. Wenn sich blutrünstige Söldner später an Zivilisten eines anderen indigenen Stammes austoben, hat das nichts mit einer einfachen Gleichsetzung von Gewalt auf beiden Seiten zu tun. Auch hier erweist sich Costner als ein nachdenklicher Filmemacher.
Zu den echten dramaturgischen Schwächen gehört allerdings das ungeschickte Ende. Anstatt auf einen Cliffhanger oder Höhepunkt zuzusteuern, beginnt völlig unerwartet eine Art Preview auf den zweiten Teil mit Figuren, die man teilweise noch gar nicht gesehen hat.
Ein Work in Progress
Als Schauspieler wie als Filmemacher hat Costner immer polarisiert, gute und schlechte Filme gedreht. Zu Beginn der 1990er-Jahre war er der Topstar in Hollywood. Für „Der mit dem Wolf tanzt“ erhielt er „Oscars“ für den besten Film und als bester Regisseur. Auch weniger überzeugende Großproduktionen wie „Robin Hood“ oder „Bodyguard“ wurden zu Kassenschlagern, während „Waterworld“, der damals teuerste Film aller Zeiten, erst nach der Home-Auswertung seine Kosten von 200 Millionen Dollar wieder einspielte.
Fast zwei Jahrzehnte Jahre lang wurde es still um Costner, der oft nur noch Nebenrollen spielte. Doch mit den beiden Westernserien „Hatfields & McCoys“ und „Yellowstone“ kehrte er als Star wieder zurück.
Teil 2 von „Horizon“ wird beim Filmfestival von Venedig uraufgeführt. Die Dreharbeiten zum dritten Teil dauern noch an. Man kann nur hoffen, dass Costner seine vierteilige Vision so verwirklichen kann, wie sie von ihm beabsichtigt ist. Und dass man die gesamte Saga auf der großen Leinwand zu sehen bekommt.