- RegieEvi Romen
- Dauer108 Minuten
- GenreDrama
- TMDb Rating1/10 (1) Stimmen
Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Die Einsamkeit auf dem Land ist immer ein schönes Motiv, insbesondere wenn es um die Einsamkeit derjenigen geht, die sich nicht in die herrschenden Verhältnisse einordnen. Das Aufbegehren und die Unterdrückung, die Selbstverwirklichung und die Fremdbestimmung werden gerne am Beispiel der Provinz abgehandelt. Oft wird darin plakativ reduziert, wie diffus die Lage für die Abweichler sein kann, auf wie vielen Ebenen sich die Ordentlichen einmischen, die nicht bloß Feinde sind, sondern Familie, Freunde, vielleicht auch Liebende. Der Film „Hochwald“ hingegen schaut jedoch gerade da genau hin. Er zeigt die Vielzahl der Verwicklungen, eine eher unglamouröse Gemengelage, aus der niemand glücklich herauskommt.
Bedrückend biedere Kulissen
„Hochwald“ ist das Regiedebüt von Evi Romen. Die Filmemacherin stammt aus Bozen, wo sie die Geschichte auch angesiedelt hat. Es ist zu vermuten, dass sie Umgebung und Atmosphäre kennt; das macht das Bild der Heimat in „Hochwald“ aber nicht besser. Schnell ist ein Bergdorf vorgestellt, samt malerischer Lage und Touristenglück. Der Film wechselt zur Perspektive der Einheimischen beim Tanz oder zum Kiffen im Verborgenen und findet bedrückend biedere Kulissen. Es gibt hier weder Armut noch Verwahrlosung, schließlich ist man in Mitteleuropa, die Seilbahn fährt ins Tal. Bloß, weiter weg zu kommen, das wird halt schwierig.
Romen zeigt zwei Jungs, die trotzdem den Ausbruch versuchen. Sie sind schwul, heimlich natürlich, die Lust in ihren Blicken wird von der Kamera fast verliebt festgehalten. Der eine hat reiche Winzer als Eltern und von ihnen das Geld, nach Rom zu verschwinden, Schauspielschule, Castings, ein bisschen Übermut. Der andere besitzt nur eine weiße Lockenperücke und träumt davon, ein Tänzer zu werden. Spontan begleitet er den Freund nach Italien, schließlich waren die beiden früher Lover und sind es gelegentlich immer noch, da könnte doch eine neue Freiheit dabei herausspringen. In Rom dann, in einer Schwulenbar, verliert der eine sein Leben. Der andere muss nach Hause zurück; die Enge dort wird jetzt noch schlimmer.
„Hochwald“ spürt der Trauer im Dorf nach, mit der niemand richtig umgehen kann, auch der Wut, die dadurch entsteht. Die teilen sich der Überlebende und die Dörfler; die einen schüren sie mit Aggressionen, der Junge mit weiteren Fluchtversuchen. Dafür schickt ihn die Inszenierung in die Koranschule oder als Junkie in den Bahnhof, auf ungewöhnliche Wege also, genauso wie ins Klischee. Vor allem aber lässt die Regie ihm einen Trotz, mit dem er jede misslungene Flucht durch eine neue ersetzt.
Dieser hartnäckige Widerstand ist schwer mitanzusehen, da keine Entscheidungen fallen. Der Film entwirft eine Zustandsbeschreibung, die vom Pathos jugendlicher Verweigerung lebt, und von deren stetem Scheitern. Nur manchmal, wenn ganze Sequenzen ausschließlich zu Musik montiert sind, spürt man einen Hauch von Optimismus.
Kaum an Konventionen orientiert
Interessanterweise orientiert Romen sich kaum an der Konvention. Ihre Protagonisten haben abgeschlossene Lehren, zugewandte Eltern, teure Therapeuten. Die ganze bürgerliche Krisenprävention könnte greifen, und trotzdem siegt die Verzweiflung. Wobei „Hochwald“ sich wenig mit Erklärungen abgibt, was angenehm ist. Stattdessen gibt es Emotionen, möglichst im Überschwang; die kann man teilen oder auch nicht. Das befördert den Realismus der Geschichte, selbst wenn die Auflehnung der Hauptfigur auf Dauer ziemlich ratlos wirkt.
Aber so ist es doch oft genug mit der Hilflosigkeit und dem Ausbruch, dass beides immer weitergehen muss, bevor das Alter die Niederlage einfacher macht. Für Romen liegt die Lösung eher darin, dass sie keine anbietet – dafür aber einen spürbaren Schmerz ihrer Figuren.