Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Der Film zur Pandemie. Eigentlich hatte Mika Kaurismäki diesen Film in einer Bar in Dubai drehen wollen, wo sich drei Männer zufällig begegnen sollten. Als eine Art Fortführung des Konzepts aus Kaurismäkis „Three Wise Men“ (2008) und „Brüder“ (2011), in denen bereits dieselben drei Darsteller Kari Heiskanen, Timo Torikka und Pertti Sveholm mitspielen.
Doch Covid-19 und der erste Lockdown machten dem Regisseur einen Strich durch die Rechnung. Kurzentschlossen siedelte er die Geschichte in Helsinki an, und zwar in der Bar, die er dort zusammen mit seinem Bruder Aki Kaurismäki betreibt. Ein großes Etablissement mit langem Tresen, mehreren Billardtischen, tiefhängenden Lampen und einer Jukebox. Dass die Bar „Corona“ heißt, ist einer der komischen Zufälle, über die sich Kaurismäki besonders gefreut haben dürfte.
Allein am gedeckten Tisch
Der Film erzählt die Geschichte von Heikki, dem Inhaber der Bar. Im Mai 2020 ist ganz Finnland im Lockdown; Hygiene-Durchsagen auf S-Bahnhöfen oder Ministerreden im Autoradio verweisen darauf. Heikki darf seine Bar nicht öffnen, und so sitzt er allein an einem festlichen gedeckten Tisch, um zu Abend zu essen. Seine Tochter wollte ihm eigentlich Gesellschaft leisten, doch sie kommt nicht. Stattdessen klopft ein Freund an die gläserne Eingangstür: Risto, ein Krankenhausarzt, der nach einem beschwerlichen Arbeitstag noch nicht nach Hause will.
Eigentlich darf Heikki ihn nicht hereinlassen. Doch dann spendiert er ihm ein Glas Wein. Sie reden miteinander und merken, wie gut das in dieser Zeit des Social Distancing tut. Dann begehrt ein dritter Mann Einlass: Juhani. Er müsse dringend sein Handy aufladen, um mit seiner Tochter zu telefonieren, die auf der Entbindungsstation liege. Er würde bald zum ersten Mal Großvater. Doch diese Geschichte stimmt nicht, wie Heikki und Risto kurz darauf entgeistert feststellen.
Drei Männer, drei Geschichten
Drei Männer, drei Geschichten. Der eine fürchtet um das wirtschaftliche Aus für seine Bar, der andere hat sich von seiner Frau entfremdet, der Dritte hat zu einer extremen Maßnahme gegriffen, um einer Nachbarin und ihrem Kind zu helfen. Kaurismäki drehte ohne Script, entwickelte gemeinsam mit jedem der drei Schauspieler – ohne Wissen der anderen – die Hintergrundgeschichten der Figuren und ließ sie dann beim Dreh in chronologischer Reihenfolge die Dialoge improvisieren. Nur der Regisseur wusste, wie die Geschichten ausgehen würden.
„Der Zweck dieser Methode war, die Atmosphäre realer zu gestalten, als ob die Geschichte wirklich passierte“, wird Kaurismäki in den Produktionsnotizen zitiert. In der Tat vermittelt die Unmittelbarkeit der Dialoge und die spontane Reaktion auf das Gegenüber etwas Authentisches, sogar Allgemeingültiges. Die Erfahrung, während des Lockdowns Gesellschaft und Gespräche zu brauchen, um der Einsamkeit zu entfliehen, haben die Kinozuschauer auch gemacht.
Obwohl die drei Männer unterschiedlichen Schichten angehören und unterschiedliche Probleme haben, also die finnische Gesellschaft im Kleinen abbilden, macht sie die Pandemie gleich. Der Alkohol löst ihre Zungen, und so öffnen sie sich den anderen, offenbaren Geheimnisse oder werben um Verständnis.
Mit „Corona-Bier“ nach Hause
Die Bar wird der Film erst am frühen Morgen verlassen. Nur wenige Lichtquellen haben bis dahin die düsteren Cinemascope-Bilder erhellt. So entsteht eine Melancholie, die durch finnische Balladen aus der Jukebox noch unterstützt wird. Als schließlich sechs vergnügungssüchtige Jugendliche die Bar stürmen und mit Freibier in „Corona“-Flaschen nach Hause geschickt werden, kommt auch der Humor nicht zu kurz. Gelassenheit ist in diesen Zeiten ein guter Ratgeber.