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Filmplakat von Goliath - Im Netz der Lügen

Goliath - Im Netz der Lügen

122 min | Thriller | FSK 12
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Drei Menschen - drei Schicksale: Patrick, ein ehrgeiziger Anwalt, hat sich auf Umweltrecht spezialisiert. Mathias arbeitet als Lobbyist im Auftrag eines Agrarchemie-Konzerns. Die Lehrerin France engagiert sich als Aktivistin gegen den Einsatz von Pestiziden, nachdem ihre Ehefrau an Krebs verstarb. Als eine junge Frau eine radikale Tat begeht, kreuzen sich die Wege von Patrick, Mathias und France. Und während der Chemie-Konzern alles tut, um die Wahrheit zu vertuschen, stehen nicht nur ihre drei Lebenswege, sondern auch das Leben tausender Menschen auf dem Spiel.
  • RegieFrédéric Tellier
  • Dauer122 Minuten
  • GenreThriller
  • AltersfreigabeFSK 12
  • TMDb Rating6.9/10 (278) Stimmen

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Leider gibt es keine Kinos.

Filmkritik

Die erste Konfrontation zwischen Patrick (Gilles Lellouche) und dem Chemiekonzern Phytosanis verläuft scheinbar auf Augenhöhe. In einem kleinen, schmucklosen Gerichtssaal hält der idealistische Anwalt sein emotionales Plädoyer. Die Lebensgefährtin seiner Mandantin Lucie (Chloé Stefani) ist viel zu jung an Krebs gestorben. Patrick versucht zu beweisen, dass Pestizide aus der Landwirtschaft die Ursache dafür waren. Die Verteidigung führt den Tod dagegen auf eine Erbkrankheit zurück und weist jegliche Verantwortung zurück. Mit dieser Strategie gewinnt sie schließlich den Prozess.

In dicken, roten Buchstaben füllt der Filmtitel „Goliath“ das Bild aus. Der Gegner erweist sich in dem Film von Frédéric Tellier mit der Zeit nicht nur als übermächtig, sondern durch seine Vielzahl an Verantwortlichen und Komplizen auch als schwer greifbar. Als sich Lucie aus Verzweiflung vor dem Firmensitz mit Benzin übergießt und anzündet, treibt das den Anwalt nur weiter an. Während er einen neuen Prozess vorbereitet, setzen die Handlanger von Phytosanis auf Bestechung und Einschüchterung. Selbst der Anwalt wird dabei mit erfundenen Vorwürfen in den sozialen Medien diskreditiert.

Nüchterner Realismus & Paranoia-Thriller

Im Unterschied zu thematisch verwandten Filmen wie „Erin Brokovich“ von Steven Soderbergh oder Todd Haynes’ „Vergiftete Wahrheit“ konzentriert sich Tellier nicht auf einen unermüdlichen Einzelkämpfer, sondern widmet sich gleich mehreren Figuren. Etwa der Sportlehrerin France (Emanuelle Bercot), deren Mann ebenfalls von dem in Pflanzenschutzmitteln enthaltenen Stoff Tetrazin krank geworden ist. Aus France sprudelt es ungefiltert heraus. Weil sich ihre Wut nicht mehr angemessen in Worte fassen lässt, spuckt sie dem Bauern, der indirekt ihren Mann auf dem Gewissen hat, ins Gesicht. Später schließt sie sich einer Gruppe radikaler Öko-Aktivisten an.

„Goliath“ erzählt zwischen nüchternem Realismus und Paranoia-Thriller von Wut, Ohnmacht und Widerstand. Der Vorspann weist die Geschichte zwar als erfunden aus, ermuntert aber zu Vergleichen mit der Wirklichkeit. Angespielt wird dabei vermutlich auf den Konzern Monsanto, dessen hochgiftiges, im Vietnamkrieg eingesetztes Entlaubungsmittel Agent Orange ebenfalls einmal erwähnt wird. Tellier will aufrütteln, aber ebenso am Gefühl der Genugtuung teilhaben lassen, wenn er den Chemiegiganten irgendwann doch taumeln lässt. Auch wenn der Sieg nicht von langer Dauer bleibt, bewahrt sich der Film bis zum letzten kämpferischen Blick in die Kamera die Hoffnung auf Veränderung.

Ein medial geführter Krieg

Die spannendste Figur hat scheinbar kein Gewissen. Der aalglatte PR-Berater und Lobbyist Mathias (Pierre Niney) nutzt die Sprache ebenfalls als Waffe. Er ist jedoch nicht angriffslustig, sondern argumentiert ruhig, sachlich und mit einer Prise Humor. Sein höfliches, eloquentes Auftreten verschleiert erfolgreich, dass er Lügen als Fakten präsentiert. Jedes seiner Worte ist pure Berechnung. In einem Gespräch mit Patrick schmeichelt er seinem Gegenüber kalkuliert, nur um ihn gleich darauf mit manipulativen Formulierungen und in Watte gepackten Drohungen zu konfrontieren.

Mehrmals führt Tellier vor Augen, welche zerstörerischen Kreise Lobbyismus und Firmenpropaganda ziehen. Der von Mathias’ ausgedachte Slogan, dass die Bonbons, die man Kindern gibt, schädlicher seien als Tetrazin, wird von korrupten Wissenschaftlern öffentlichkeitswirksam ins Fernsehen getragen. Während „Goliath“ mit solchen präzise beobachteten Details über einen medial geführten Krieg glänzt, bleibt er sonst oft im Allgemeinen.

Dem rein wirtschaftlich denkenden Konzern stellt „Goliath“ menschliche Unzulänglichkeiten gegenüber. Jeden Protagonisten lernt man auch als Privatperson kennen: Patrick mit seinen Alkoholproblemen und seiner zerrütteten Ehe, Lucie mit ihrem authentischen Familienleben auf dem Land und Mathias in seinem von Statussymbolen geprägten Umfeld, in dem man die Abgründe nur vermuten kann. Die Vielzahl an Figuren und das hohe Erzähltempo erlauben es jedoch nicht, diese Figuren wirklich kennenzulernen.

Vieles bleibt Fragment

Auch die vielen Erzählstränge überfrachten den Film und führen dazu, dass vieles nur angeschnitten wird. Der Kontakt zu einem Whistleblower, die Suche nach brisanten firmeninternen Unterlagen oder Lucies Loslösung von ihrer bürgerlichen Existenz: alle diese Momente bleiben Fragmente, die im Drehbuch etwas verloren wirken. Manchmal liegen zwischen einzelnen Schnitten mehrere Wochen, was man erst in einem Nebensatz erfährt. Indem „Goliath“ versucht, alles irgendwie mitabzudecken, verliert er sich häufig in der Hektik. Am stärksten ist der Film immer dort, wo er sich die Zeit nimmt, genau hinzuschauen.

Erschienen auf filmdienst.deGoliath - Im Netz der LügenVon: Michael Kienzl (27.1.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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