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Filmkritik
Steven Spielberg versuchte mit "Always", den Mythos und das melodramatische Flair einer Kinoperiode zu wiederholen, die in den 30er und 40er Jahren ihren Reiz aus dem vorzeitigen Ableben und der überraschenden Wiederkehr ihrer Helden bezogen hat. Beim Blick zurück kommen Norman Z. McLeods und Roy Del Ruths "Topper"-Filme (1937-41) ins Gedächtnis, die ein verunglücktes Ehepaar ins Leben zurückkehren ließen, um eine gute Tat nachzuholen; oder Alexander Halls "Urlaub vom Himmel" (1941), der einem toten Box-Champion gestattete, im Körper eines Millionärs weiterzuleben; oder Stuart Heislers "The Remarkable Andrew" (1942), der einem in Bedrängnis geratenen Buchhalter die Geister George Washingtons und Jesse James` zu Hilfe sandte. Einer der erfolgreichsten Filme des Geister-Genres aber war jener Film, auf den sich auch Steven Spielberg berief, Victor Flemings "A Guy Named Joe" (1943). Dalton Trumbo, der damals das Drehbuch geschrieben hat, ließ einen tödlich verunglückten Kampfflieger als Geist auf der Erde verweilen, um seiner in Trauer zurückgebliebenen Freundin beizustehen. Spielberg ist an der Übertragung der Geschichte in die Gegenwart weitgehend gescheitert, weil er keine überzeugende Verbindung von Realität und Melodram gefunden hat. Nun greift der bisher nur aus dem Komödienfach mit handfesten Parodien wie "Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone" und "Die nackte Kanone" bekanntgewordene Jerry Zucker das Thema auf, und er tut es mit überraschendem Geschick und viel mehr Sensibilität, als nach den sehr komischen, aber oft auch sehr groben Filmen zu erwarten war, die er zusammen mit seinem Bruder David und seinem Freund Jim Abrahams inszeniert hat.
Zucker hat mit dem realistischen Hintergrund der Story, an dem Spielberg immer wieder aneckte, keine Probleme. Sam ist ein Bankangestellter, und seine Geliebte Molly betätigt sich mit Töpfern, als beide in ein New Yorker Loft einziehen. Die alltägliche Idylle des jungen Paares wird urplötzlich zerstört, als sie auf dem abendlichen Heimweg in einer finsteren Straße überfallen werden. Im Handgemenge mit dem bewaffneten Angreifer kommt Sam ums Leben. Doch zu seiner eigenen Überraschung muß er feststellen, daß er nach wie vor alles wahrnimmt, was um ihn herum vorgeht. Mit einem kleinen gravierenden Unterschied: er hat auf nichts mehr Einfluß, und die Lebenden nehmen seine Anwesenheit nicht wahr. Kurz: Sam ist ein Geist. Das Privileg, als Toter noch eine Weile auf Erden zu bleiben, erfährt man später, wird nur guten Menschen zuteil; die Bösen hingegen werden nach ihrem Ableben sogleich von finsteren Schatten in die Unterwelt gezerrt. Und Bösewichte gibt es genug in Sams Umgebung. Schon bald enthüllt sich ihm der Überfall nicht als Tat eines Straßenräubers, sondern als vorgeplantes Verbrechen. Dahinter steckt sein Freund und Bankkollege Carl, der für seine schmutzigen Geschäfte Informationen brauchte, über die nur Sam verfügte. Um in den Besitz von Sams Brieftasche zu kommen, hatte Carl einen einschlägigen Ganoven angeheuert, dessen Überfall mit dem unglückseligen Schuß endete. Als Geist kehrt Sam natürlich zuerst in seine Wohnung zurück, wo er nicht nur Zeuge von Mollys Niedergeschlagenheit und Trauer wird, sondern auch von der Gefahr, in der sie sich durch Carls Nachstellungen befindet. In seiner Verzweiflung, alles mitansehen zu müssen und doch nicht helfen zu können, stößt Sam auf ein Medium, die Farbige Oda Mae Brown, die aus Kartenlegen und Geisterbeschwörung ein passables Geschäft entwickelt hat. Sie ist die einzige, die ihn hören kann. Kaum ahnt Sam, daß er über sie wieder Einfluß auf die Ereignisse nehmen könnte, schleppt er die zitternde und zeternde Oda Mae zu Molly.
Damit fängt die eigentliche Handlung des Films natürlich erst an, in der mehr als einmal Skepsis und überraschende Erkenntnis, Diesseits und Geisterwelt aufeinanderprallen. Jerry Zucker hat Erfolg mit der filmischen Aufbereitung der übersinnlichen Geschichte, weil er von vornherein einen Ton sanfter Unernsthaftigkeit anschlägt. Seine Figuren sind in der Anlage glaubwürdig, aber in ihren Handlungsweisen doch gleichzeitig so prononcierte Kinohelden, daß Spielbergs Konflikt zwischen der Märchenhaftigkeit des Konzepts und der realen Situation, aus der die Handlung sich entwickelt, hier erst gar nicht zum Tragen kommt. Zucker nimmt sein Publikum gleichsam an die Hand und geleitet es aus der New Yorker Realität in die Fabelwelt, indem er es teilhaben läßt an Sams erstaunter Erkundung seiner plötzlichen Fähigkeiten und Unfähigkeiten. Was zählt es da, daß Zucker sich das Handwerkszeug bei keinem Geringeren als Cocteau ausleiht, an dessen Orphée, den jungen Jean Marais, Patrick Swayze in einigen Einstellungen auch physisch überraschend erinnert.
Je weiter er fortschreitet, ist Zuckers Film eine erstaunliche Gratwanderung zwischen Komik, Sentimentalität und Action, in der die Regie nur wenige Male die Balance verliert. Wie bereits die klassischen Hollywood-Vorbilder hat "Ghost" keinen anderen Anspruch als den zu unterhalten. Und das tut er mit einem unaufhörlichen Wechselbad von Klischees und Stimmungen, die aber alle so geschickt arrangiert sind, daß der Zuschauer ihnen der Reihe nach verfallen muß. Die Originalität des Films ist nicht die Eigenständigkeit seiner Einfälle, sondern die unverkennbare Chuzpe, mit der er all die abgenutzten derivativen Elemente des Films zusammenbringt und sie mit scheinbarer Unbekümmertheit und Naivität zu einem Bilderbuch lachender und weinender Emotionen entwickelt, als gelte es, das Gefühlskino der Stumrnfilmzeit neu zu erfinden. Auch seine Darsteller machen dabei mit offensichtlichem Vergnügen mit: die tragisch leidende Demi Moore, Rick Aviles und Tony Goldwyn als die Fieslinge, Whoopi Goldberg als Inkarnation übermütiger Komik und - nicht zuletzt - Vincent Schiavelli, der einen furiosen Geist in der U-Bahn kreiert. Selbst der nach wie vor recht hölzerne Patrick Swayze gewinnt sich die passenden Physiognomien ab, um das heitere Melodram jeweils in die gewünschte Richtung zu manövrieren.