Vorstellungen
Filmkritik
Das deutsche „Stammlager Luft II“ bei Lodz wurde von den für die Kriegsgefangenenlager verantwortlichen Militärs im Zweiten Weltkrieg für so sicher gehalten, dass dort ein großer Teil der als Ausbrecher bekannten IS-amerikanischen und englischen Luftwaffenoffiziere zusammengezogen wurde. Doch auch aus diesem Lager fanden im Frühjahr 1944 insgesamt 76 Gefangene den Weg in die Freiheit, wenngleich er für rund 50 von ihnen mit dem Tod durch die Gestapo und für meisten anderen mit erneuter Einlieferung endete.
Alles wird versucht
An den Vorbereitungen zu dieser Flucht und an den Fluchterlebnissen einiger Gefangener lässt das Drama „Gesprengte Ketten“ teilhaben. Als Grundlage für das Drehbuch diente der Tatsachenbericht „Die große Flucht“ des „Stalag Luft III“-Gefangenen Paul Brickhill. Vieles, was der Film zeigt, dürfte sich in Wirklichkeit so abgespielt hat, auch wenn es hier in geraffter Form vergegenwärtigt wird. Auf die Authentizität hinzuweisen, dürfte auch dann angebracht sein, wenn die im Film gezeigten Geschehnisse insgesamt oder in Einzelheiten als übertrieben, unmöglich oder als Ausgeburt einer abenteuerlichen Fantasie bezeichnet werden sollten. Es gibt Zeugnisse in großer Zahl, dass nichts so unmöglich schien, um nicht doch versucht zu werden, nur um dem stacheldrahtumzogenen Bezirk zu entrinnen.
Das Drama „Gesprengte Ketten“, das John Sturges in Bayern und im Münchner Ateliergelände Geiselgasteig mit internationaler Besetzung produzierte und inszenierte, zeichnet vor allem aus, dass er das Abenteuerliche zwar nicht ausmerzen wollte und konnte, dennoch aber zu einer bemerkenswerten Vertiefung gelangte. Die Antriebe zur Flucht werden klar herausgearbeitet, die nicht nur persönlichem Freiheitsstreben entsprangen, sondern die politische und strategische Absicht verfolgten, die Kräfte des Feindes so stark zu binden, dass an der Front eine fühlbare Belastung entstand.
Nachhaltige Wirkung
Auch menschliche Einzelschicksale werden anleuchtet, so dass auch von da aus die Flucht nicht nur als Abenteuer erscheint. Selbst das tragische Dilemma wird angedeutet, in dem sich deutsche Offiziere gegenüber Partei, SS und Gestapo befanden, wenngleich das Gestapo-Milieu auch nicht ganz ohne karikierende Verzerrung gelang. Aber das sind nur geringfügige Einwände, die den Rang des Films kaum beeinträchtigen. „Gesprengte Ketten“ ist ein fairer Film, der - recht verstanden - dazu beitragen könnte, dass nie wieder Menschen hinter Stacheldraht landen, um sich unter den fürchterlichsten Bedingungen einen Weg in die Freiheit bahnen zu müssen, der für viele den Tod bedeutete.
Die nachhaltige Wirkung des Films beruht nicht zuletzt darauf, dass US-Amerikaner von US-Amerikanern, Deutsche von Deutschen, Engländer von Engländern gespielt werden, wobei sich dann allerdings die Synchronisation, wenn auch nicht schlecht gelungen, doppelt als künstlerische Barbarei erweist.