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Filmkritik
Eine Erzählung von James M. Cain, ein Drehbuch von Raymond Chandler (zwei Krimiautoren der "hartgesottenen" Schule der 40er Jahre), eine Inszenierung von Billy Wilder. Ein Mann gerät in das Netz einer verführerischen, aber eiskalten Frau. Er wird zum Mitverschworenen in einem Mordkomplott, zum Mörder aus Leidenschaft, für die Frau, die er begehrt, für Geld, das Antrieb ihrer Aktion ist und wegen der lockenden Lust daran, Regeln zu brechen und Verbote zu übertreten. Der Mann wird verraten, verrät alles, zuletzt sich selbst. Er hatte nie eine Chance, und er hat sich im Grunde im dunklen Labyrinth seiner geheimen Sehnsüchte, unterdrückten Triebe und Begierden verirrt. Dunkle Straßen, enge Räume, in die nur indirekt Licht fällt, ein Mord in der Nacht, Schatten auch auf der Seele: "Die Straßen waren schwarz, nicht vom Dunkel der Nacht allein." Dieses poetisch-formelhafte Programm des "film noir", des Kinos der "Schwarzen Serie" skizzierte Raymond Chandler schon vorweg in einem kleinen Essay über Kriminalgeschichten. "Double Indemnity "ist zusammen mit anderen Klassikern des Genres wie "Out of the past" ("Goldenes Gift") von Jacques Tourneur und "The woman in the window" ("Gefährliche Begegnung") von Fritz Lang einer der stilistisch perfektesten und inhaltlich vielschichtigsten Kriminalfilme der 40er Jahre. Das existentialistische Grundgefühl, sich in geschlossenen hermetischen Räumen zu befinden, und das Scheitern der Hauptfigur (an Verbrechen und Schuld) beinahe in der Art klassischer Tragödienhelden, verbunden mit modernen, schnellen Dialogen voller Anspielungen und bösen Witzeleien machen noch immer den Reiz dieses Films aus. Er beginnt mit dem Ende: Walter Neff schleppt sich mit letzter Kraft zum Diktiergerät und beginnt seine Geschichte zu erzählen, die in Rückblenden aufgerollt wird.
Als Walter Neff zum erstenmal Phyllis Dietrichson trifft, ist er noch der prahlerische Versicherungsagent, mit allen Wassern gewaschen und eloquent. Doch ein Blick von Barbara Stanwyck als blonder "Engel" zerstört schon die Gegenwehr. Er wird noch mehrfach zurückschrecken, wenn ihre Lügen offenbar werden und sie ihn Zug um Zug in ihren Plan einweiht, aber im Grunde ist er schon in diesem Augenblick verloren. Phyllis will eine Lebensversicherung für ihren Mann ohne dessen Wissen abschließen und ihn dann töten und lockt Walter mit der fernen Versprechung, mit ihr reich und glücklich zu werden. Betört von der Frau und seinen Vorstellungen geht der Versicherungsagent schließlich auf den Plan ein. Fortan darf man sich nicht mehr sehen, um keinen Verdacht zu erregen. Es gibt nur noch heimliche Treffen. Dann packt ihn die Lust, seine ganze Professionalität am perfekten Versicherungsbetrug zu erproben. Ein kompliziertes Alibi wird ausgeheckt, denn Walters Kollege und väterlicher Freund Keyes ist argwöhnisch, und er selbst muß gleichzeitig als Täter und als hartgesottener Prüfer der Versicherung auftreten. Er muß beide Seiten spielen - den Verbrecher und den Jäger. Noch ahnt er kaum, daß er auch Opfer ist, denn: Phyllis Plan endet nicht mit ihrer Verschwörung. Sie hat sich einen neuen Geliebten zugelegt und lacht ihn aus, als er seinen "Lohn" einklagt. Und doch zögert sie, als sie ihn erschießen kann. War doch Liebe im Spiel, durch das komplizierte Geflecht aus Lüge, Schuld und Verrat verdeckt? Walter Neff aber schießt und flüchtet auf den Tod verwundet in sein Büro, um ein Geständnis abzugeben. Am Ende der Geschichte angekommen, muß er erkennen, daß Keyes das Geständnis mitangehört hat, daß der ganze Fall vielleicht eine Art Prüfung war, eine Versuchung, die er nicht bestanden hat. "Der, den du finden wolltest, war zu nah, gleich dir gegenüber am Schreibtisch", sagt er aufs Tonband. Die Antwort: "Noch viel näher sogar, Walter." Mit dieser Pointe und der Aufdeckung, daß der ganze Film eigentlich eine Dreiecksgeschichte war, in der sich Walter entscheiden mußte zwischen seinem väterlichen Freund und den Prinzipien, für die er steht, und der Verführung durch Leidenschaft, Habgier und Hochmut endet der Film und auch, das kathartische Erlebnis, das er ist.
Besprechung aus Heft 15/1950:
"Double indemnity" ist ein Kriminalreißer mit psychologischem Einschlag, ohne aufregende Verbrecherjagden und wilde Schießereien. Ein Versicherungsagent ermordet gemeinsam mit seiner Geliebten deren Mann, den sie zuvor für eine hohe Summe versichert haben, und täuscht einen Unfall vor. Die Polizei schöpft keinen Verdacht; jedoch der Inspektor der Versicherungsgesellschaft, der Vorgesetzte und Freund des Agenten, nimmt Selbstmord an. Er geht seinem Verdacht nach und entdeckt allmählich die Wahrheit, nämlich den Mörder. Als sich dieser entdeckt sieht, erschießt er seine mitschuldige Geliebte und spricht das Geständnis seiner Schuld ins Diktaphon, worauf er selbst zusammenbricht. Diese Geschichte ist nun nicht so erzählt, daß der Zuschauer erst am Schluß die Lösung erfährt, er kennt von Anfang an die Zusammenhänge, weil der Film mit dem Schuldgeständnis beginnt und die Ereignisse sich nach den Worten des erzählenden Mörders vor seinen Augen abwickeln. Und dennoch besitzt der Film eine ungeheure Spannung, die oft sogar beklemmend stark wirkt. Denn die psychologische Motivierung, die allmähliche Verstrickung des Mörders in Widersprüche, das sich immer enger zusammenziehende Netz des scharf und nüchtern arbeitenden Inspektors, die eine spannungsreiche Atmosphäre schaffende Fotografie und die meisterhafte Regie Billy Wilders, die auf jede überspitzte Äußerlichkeit verzichten kann, sind spannender als die bewegteste Flucht, als die wildeste Verfolgung. Da die äußere Gestaltung anständig ist, gibt der Streifen für reife Erwachsene zu keine Bedenken Anlaß.