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Filmkritik
Mürrisch beobachtet Chris (Mel Gibson), wie die Barkeeperin mit einem Kunden flirtet. Kaum verschwindet sie in der Küche, gibt er dem Gast kumpelhaft, aber bestimmt zu verstehen, dass er Weihnachten gefälligst nicht im Bett einer Fremden, sondern bei seiner Frau verbringen soll. Sandy ist von dieser übergriffigen Aktion nicht begeistert; auch sonst stößt Chris' gutgemeinter Kampf gegen den gesellschaftlichen Werteverfall auf immer weniger Gegenliebe.
Erwähnenswert ist, dass Chris nicht einfach nur ein konservativer Kleinstädter mit buschigem Vollbart und speckiger Wildlederjacke ist, sondern niemand Geringeres als der Weihnachtsmann (sein Name ist eine Anspielung auf die in den USA verbreitete Bezeichnung Kris Kringle). Die von Ian und Eshom Nelms inszenierte Actionkomödie „Fatman“ legt allerdings viel Wert darauf, ihn als ausgesprochen irdisches Auslaufmodell darzustellen.
Absurde Alltagskomik an Stelle von Fantasy
Chris lebt auf einer abgeschiedenen Farm in Alaska, wo er eine von der US-Regierung unterstützte und von emsigen Elfen betriebene Spielzeugfabrik leitet. Wenn er sich nicht gerade von seiner sanftmütigen Frau Ruth (Marianne Jean-Baptiste) mit Weihnachtsplätzchen und weisen Ratschlägen milde stimmen lässt, plagt er sich mit der Buchhaltung herum oder holt mit seinem alten Pick-Up die neuesten Wunschzettel von der Post ab. Das Fantastische blendet „Fatman“ dabei fast vollständig aus. Man sieht beispielsweise nicht, wie Chris durch Kamine rutscht, dafür aber, wie er über seine daraus resultierenden körperlichen Gebrechen klagt.
Das Alltägliche treibt der Film bis ins absurd Komische, wenn der Traditionalist auch noch mit der modernen Arbeitswelt konfrontiert wird. Weil es immer weniger brave Kinder gibt und deshalb nicht genug Geschenke produziert werden, lässt das Militär in der Spielzeugfabrik vorübergehend Waffen herstellen.
Als größtes, auch lebensbedrohliches Problem für Chris erweist sich jedoch ein ausgesprochen bösartiges Kind. Hinterm Schreibtisch des verzogenen Sprösslings Billy (Chance Hurstfield) hängt bezeichnenderweise ein Porträt des größenwahnsinnigen Diktators Napoleon. Nachdem der Junge – wie alle bösen Kinder – Weihnachten nur mit einem Stück Kohle beschenkt wird, engagiert er den Auftragskiller Miller (Walton Goggins), um sich zu rächen. Miller, der wegen seiner freudlosen Kindheit ebenfalls eine offene Rechnung mit Chris hat, macht sich deshalb nach Alaska auf, und die Geschichte spitzt sich zu einem Western-Showdown im Schnee zu.
Ironische Brechungen dominieren
Schon früh zeichnet sich ab, dass die Regisseure den Film vor allem auf ironische Brechungen bauen. Das Mythische wird dabei entweiht, das Grausame ist häufig lustig. Während Billy etwa seine diabolischen Pläne schmiedet, erinnert ein Glas Milch daran, dass er eigentlich nur ein Kind ist. Auch Millers Kaltblütigkeit wird immer wieder mit Bemerkungen über seine Kindheit ins Lächerliche gezogen. Und Chris unterläuft ohnehin fast sämtliche Erwartungen, die man an den Weihnachtsmann hat.
Während der sarkastische schwarze Humor, der sich aus dieser mangelnden Ernsthaftigkeit entwickelt, „Fatman“ durchaus vergnüglich macht, ruht sich der Film manchmal zu sehr auf seinem augenzwinkernden Prinzip aus. Dabei stellt sich auch die Frage, warum man sich eigentlich trotz Kugelhagels für die doch recht klassische Geschichte über die Rettung des Weihnachtsfests interessieren soll, wenn sie häufig nur wie ein Witz daherkommt.
Gegen die Windmühlen der Moderne
Ein nicht unbedeutender Grund sind die spielfreudigen Darsteller. Vor allem wegen Mel Gibson lohnt sich der Film. Im letzten Jahrzehnt ist der Schauspieler durch diverse Skandale zur Persona non grata in Hollywood geworden. Die Rolle des sichtlich angeschlagenen, gegen die Windmühlen der Moderne kämpfenden Underdogs wirkt da wie auf den Leib geschrieben. Missmutig vor sich hin grummelnd wechselt er mit souveräner Leinwandpräsenz zwischen komischen Momenten, Zärtlichkeiten mit seiner Frau Ruth und blutigen Nahkampfszenen. Chris ist vor allem als gebrochener Actionheld interessant. Dass es sich bei ihm nebenbei auch um den Weihnachtsmann handelt, ist dagegen gar nicht so wichtig.