Kekse und Popcorn für ein großartiges Kinoerlebnis

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Family Dinner

97 min | Drama, Thriller, Horror
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Eine Woche Ferien auf dem Bauernhof ihrer Tante sollte Teenagerin Simi dabei helfen, ein neues Leben zu beginnen. Stattdessen gerät ihre Welt aus den Fugen und ihr Leben wird zur Hölle.

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Leider gibt es keine Kinos.

Filmkritik

Wenn im Horrorfilm in die Natur gefahren wird, heißt das zumeist nichts Gutes! Ikonisch ist etwa die lange von enervierender Musik begleitete Autofahrt aus der Vogelperspektive, die die Protagonisten in Stanley Kubricks „Shining“ gleich schon im Vorspann aus der Zivilisation langsam in die abgelegenen Bergregionen des Overlook Hotels führt. In „Tanz der Teufel“ ist das Haus des Grauens abgelegen im Wald, da, wo niemand die Schreie hört. Auch in „Family Dinner“ bringt bereits während des Vorspanns ein aus der Vogelperspektive beobachtetes Auto die Protagonistin aus der Stadt zum ländlichen Ort des Geschehens und setzt mitsamt des unangenehmen Sounddesigns die Stimmung und das Genre.

Dabei ist die Reise eigentlich positiv motiviert: Simi (Nina Katlein) hat Ferien und will in der Karwoche ihre Tante Claudia (Pia Hierzegger) besuchen. Es ist eine Weile her, dass sich die beiden gesehen haben. Claudia, eine leidlich erfolgreiche Kochbuchautorin und Diätberaterin, lebt inzwischen mit einem neuen Mann zusammen und hat die alten Familienbande schleifen lassen. Zudem hat sich ihr Sohn Filipp (Alexander Sladek) zunehmend in ein sozial inkompetentes Problemkind verwandelt, das besser in der Abgeschiedenheit aufgehoben zu sein scheint als in der Stadt und in der Schule. Auch wenn Tante Claudias Lebensgefährte Stefan (Michael Pink) so gar nichts mit Filipp anfangen kann, mimen die drei eine zufriedene Kleinfamilie, mit all der Freizeit und dem guten Essen, mit dem es sich die Selbstständigen in einem alten Bergbauernhof weitab vom Wiener Stadttrubel gemütlich gemacht haben.

Fastenzeit mit Tücken

Zunächst muss Simi allein in die spartanisch, aber teuer eingerichteten Räumlichkeiten eindringen. „Wir haben erst heute Abend mit dir gerechnet“, so die freundlich-distanzierte Begrüßung der Tante. Und schnell macht sie klar: „Du kannst aber nur bis Karfreitag bleiben, denn Ostern ist ein ganz besonderes Fest für uns, das wir nur im Kreis der Familie feiern.“ Der Countdown läuft also. Über der Schwarzblende ist in großen, weißen Lettern zu lesen: Montag.

In den vier verbleibenden Tagen lernt Simi ihren Cousin Filipp und dessen Stiefvater Stefan besser kennen, aber nicht lieben. Überhaupt ist sie nur wegen ihrer Tante dort. Simi ist Fan und hat ein paar Pfunde zu viel. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis ihre Tante einwilligt, ihr bei einer Diät zu helfen. Es trifft sich gut, dass gerade Fastenzeit ist und die Erwachsenen ohnehin nur Tee zu sich nehmen. Filipp hingegen wird geradezu mit Köstlichkeiten gemästet; was ein Mitfasten für Simi nicht einfacher macht. Aber sie hat einen starken Willen und will ihre gestrenge Tante nicht enttäuschen.

Mehr Familiendrama und spröder Heimatfilm als Horror

Motivation und Drama hat Autor und Regisseur Peter Hengl in seinem Langfilmdebüt „Family Dinner“ schnell etabliert. Was lange noch einzulösen bleibt, ist das Genreversprechen, das er zu Beginn seines Films so bedeutungsschwanger gegeben hat. Filmkomponist Peter Kutin hält sich mit eindeutigen Versatzstücken erstaunlich zurück; Filipp und Stefan erscheinen skurril, aber sind alles andere als Monster, und auch das Haus bietet kaum Verstecke für huschende Schatten. Der überdimensionierte Scheiterhaufen auf einer vorgelagerten Waldlichtung mag an „Wicker Man“ erinnern, ist aber wegen des nahenden Osterfests auf dem Land nicht unüblich – Osterfeuer sind schließlich guter alter Brauch. Allenfalls die hagere, ländlich schlicht, aber hochwertig gekleidete und mit einem markanten Muttermal nahe der Nase gezeichnete Tante Claudia geht schon allein durch ihr unberechenbares Changieren zwischen kühler Strenge und übertriebenem Liebreiz durchaus als Hexe durch.

Dennoch, so andeutungsvoll manche Entdeckungen auch sind, so widersinnig manche Einlassungen der Personen auch sein mögen: „Family Dinner“ bleibt dichter am (Familien-)Drama oder am modernen spröden Heimatfilm als am Hexen-, Mystery- oder Folklore-Horror.

Erst im Finale wird es wirklich verstörend

Das ist einerseits faszinierend, birgt aber auch die Gefahr des Austrudelns. Worauf will „Family Dinner“ hinaus? Allein ein gesellschaftskritischer Zeigefinger wider den Abnehmwahn (bei Jugendlichen) ist hier nicht hinreichend. Wie bei „Rosemaries Baby“ mustergültig vorexerziert, bedarf es, um die Spannung zu halten, der gezielt gesetzten Indizien, die der Protagonistin (und den Zuschauern) vor Augen führen, dass das, was geschieht, auf eine ganz existentielle Bedrohung hinweist, die im Zweifel sogar nicht von dieser Welt scheint. „Family Dinner“ geht mit diesen Indizien arg sparsam um: Warum will ausgerechnet der Lieblingssohn vor seiner Mutter flüchten? Was sind das für Embleme, Plaketten und Talismane aus Stein? Und an welchem mysteriösen Kochbuch arbeitet Tante Claudia gerade?

Man hätte sich eine kräftigere Drehung der Schraube in Sachen Spannung und Unheil gewünscht; ein wenig mehr Mainstream, um das Mäandern des Films einzufangen. „Family Dinner“ findet erst im Finale wirklich zu den verstörenden Momenten, die dem Publikum unter die Haut gehen. Faszinierend-grotesk ist der Plot hinter der sozial-dramatischen Oberfläche indes allemal. Und man wünscht sich, dass man viel länger in Ruhe und Schrecken hätte mitlesen können, wenn Simi endlich Tante Claudias neues Buchmanuskript im Schrank verborgen findet. Jörg Gerle

Erschienen auf filmdienst.deFamily DinnerVon: Jörg Gerle (3.5.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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