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Filmkritik
Paul-André Delalande ist ein reicher Mann. Mit irgendeiner Computersache, über die der Film kein weiteres Wort verliert, hat er ein Vermögen gemacht. Nun hockt der scheue, in gesellschaftlichem Umgang ungeübte Mittvierziger mit Depressionen in seiner kühl eingerichteten Nobelvilla. Irgendetwas fehlt in seinem Leben. Nur was? Da sieht er im Fernsehen eine Szene, die der Zuschauer bereits kennt: Violette Mandini hat im Kaufhaus ein tiefgefrorenes Huhn geklaut, aus purem Geldmangel, und damit den Kaufhausdetektiv bewusstlos geschlagen. Nun steht sie vor Gericht und muss sogar um das Sorgerecht für ihre beiden Kinder, Lucie und Auguste, fürchten. Plötzlich weiß Paul-André, was ihm fehlt: eine Familie! So kommt er auf die Idee, Violettes Schulden zu übernehmen und sie samt Nachwuchs zu „mieten“, gegen Bares, versteht sich. Nur, um mal auszuprobieren, wie das so ist – eine Familie zu haben. Gesagt, getan. Paul-André zieht bei Violette ein, in eine unaufgeräumte Klitsche, in der es drunter und drüber geht und nichts funktioniert. Nicht ganz das Richtige für den weltfremden Millionär, zumal Kinder und Verwandtschaft von dem unromantischen Arrangement (keine Liebe, kein Sex) nichts wissen dürfen. Doch man ahnt: Allmählich gewöhnt sich Paul-André an seine neues Zuhause mit Trubel und Tohuwabohu. Und an Violette, dieses schöne Temperamentsbündel. Die Komödie von Jean-Pierre Améris handelt davon, wie Mann und Frau sich nach ersten Anlaufschwierigkeiten und großen Krisen näherkommen und voneinander lernen – so wie Améris auch in „Die anonymen Romantiker“ (fd 40 578) schon zwei unterschiedliche Menschen zusammenbrachte. Interessant daran ist, dass das französische Kino hier wie in „Ziemlich beste Freunde“ (fd 40 842) erneut die Versöhnung der Klassen verhandelt. In Zeiten von Eurokrise, Arbeitslosigkeit und immer größerer Wohlstandsschere finden ein Millionär und eine arme Mutter zusammen. Geht es in „Familie zu vermieten“ also nebenbei um die Solidarität unterschiedlicher Klassen in Krisenzeiten? Eine solche Interpretation würde über das Ziel hinausschießen. Améris hatte keine Sozialkritik im Sinn. Vielmehr steuert er mit unbekümmerter Naivität und forcierter Märchenhaftigkeit auf das Happy End zu, an dessen Existenz es keinen Zweifel gibt. Der Witz entsteht dabei vor allem aus dem Gefälle zwischen den höchst unterschiedlichen Interessen, den Gewohnheiten und den Milieus der ungleichen Vertragspartner. Wenn sich Violette mit ihrer heranwachsenden Tochter streitet, Violettes verwöhnter Bruder in seiner brüsken Art ein Komplott wittert, Paul-Andrés Mutter (dargestellt von der wundervollen Edith Scob) wegen der Frauenbekanntschaft ihres Sohnes arrogant die Nase rümpft und als schöner Running Gag eine kaputte Kühlschranktür immer wieder aufgeht, ist das schon sehr komisch. Benoît Poelvoorde spielt den einsamen, lebensuntüchtigen Single wider Willen mit allerlei Ticks und Manierismen etwas zu outriert, zumal man ihm wegen der mangelnden Unterfütterung durch das Drehbuch den erfolgreichen Computernerd nicht abnimmt. Das eigentliche Ereignis des Films ist darum die schöne, bezaubernde Virginie Efira, die schon in „Birnenkuchen mit Lavendel“ (fd 43 742) einen Eigenbrötler von der Notwendigkeit der Liebe überzeugte. Ohne sie wäre „Familie zu vermieten“ nur die Hälfte wert.