Kekse und Popcorn für ein großartiges Kinoerlebnis

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Filmplakat von Empire of Light

Empire of Light

115 min | Drama, Lovestory | FSK 12
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In den 1980er-Jahren arbeitet Hilary in einem Kino in Südengland und empfängt dort Gäste. Sie ist eine einsame Frau mittleren Alters und leidet unter Schizophrenie. Unglücklicherweise wird sie von dem Kinobesitzer sexuell und psychisch missbraucht, während ihre Kollegen wegsehen. Die Ankunft des neuen Mitarbeiters Stephen bringt frischen Wind in Hilarys Leben, da sich zwischen den beiden eine romantische Beziehung entwickelt. Allerdings ist die Zukunft dieser Beziehung ungewiss, da Stephen als dunkelhäutiger Mann mit eigenen Problemen zu kämpfen hat.
Spielt in einer englischen Küstenstadt in den frühen 1980er Jahren und ist eine ergreifende Geschichte über menschliche Beziehungen und die Magie des Kinos.
  • RegieSam Mendes
  • ProduktionsländerVereinigtes Königreich
  • Produktionsjahr2022
  • Dauer115 Minuten
  • GenreDramaLovestory
  • AltersfreigabeFSK 12
  • TMDb Rating6/10 (479) Stimmen

Vorstellungen

Leider gibt es keine Kinos.

Filmkritik

Gefallenen Imperien soll man keine Träne nachweinen. War das Kino ein Imperium, nur weil es im 20. Jahrhundert die Welt erobert hat? Weil seine Außenposten überall waren, und man auch heute noch manchmal an diesen alten Filmpalästen vorbeikommt, die inzwischen Technoclubs oder Bio-Supermärkte sind? Der britische Regisseur Sam Mendes scheint das zu glauben, denn sein neuer Film „Empire of Light“ blickt auf eine verlorene Glanzzeit der Lichtspielhäuser zurück, ein Gegengewicht zu dem, wie sich die nostalgisch Verlorenen unter den Briten sonst nur nach ihrem Empire sehnen.

Liebesbriefe ans Vergangene

Auch in der krisengebeutelten Filmbranche liegt die Sehnsucht nach der eigenen Vergangenheit in der Luft. In jüngster Zeit haben sich eine Handvoll Regisseure genötigt gefühlt, Filme über die Magie des Kinos zu drehen. Steven Spielberg verwandelt seine Kindheit in „Die Fabelmans“ und nähert sich der eigenen Familie und damit dem Epizentrum seiner Kunst. Damien Chazelle erklärt Tinseltown zum dekadenten „Babylon“, doch wenn am Ende „Singin’ in the Rain“ läuft, sind alle seine Sünden vergeben.

Am gediegensten ist das, was Sam Mendes in „Empire of Light“ auf die Leinwand hievt. Seine Kinowelt ist schon im Verfall begriffen; in den Nischen nisten ärmliche Tauben. Das „Empire Cinema“ an der britischen Südküste hat schon Anfang der 1980er-Jahre bessere Tage gesehen. Sein Personal sind Außenseiter und Verdrängte, seine Säle Zufluchtsorte. Etwa für die bipolare Hilary Small (Olivia Colman), die ein etwas trostloses, lithium-sediertes Dasein fristet. Sie hat eine wenig glamouröse Affäre mit ihrem verheirateten Chef Donald Ellis (Colin Firth) und kümmert sich ansonsten vor allem um den Verkauf von Popcorn und Getränken.

Die Dynamik im „Empire“ verändert sich, als der junge Stephen (Micheal Ward) zur Belegschaft stößt. Die Kolleginnen machen ihm schöne Augen, doch er findet bald zur verletzlichen Hilary. Die blüht auf, verweigert sich zunehmend ihrem übergriffigen Boss und tanzt nun jeden Schritt mit neuem Vergnügen. Doch ihre Krankheit und der Altersunterschied stehen bald zwischen ihnen. Und die Neonazis der Ära geben auch keine Ruhe.

Was nicht mehr in die Zeit passt

Ein wenig ist die Liebe zwischen Stephen und Hilary wie die zwischen zwei Zeiten. Die Figuren bleiben aber Chiffren; gerade Hilary entspricht sehr den Kinovorbildern, was die Darstellung mentaler Krankheiten angeht. Sie leidet so laut und theatralisch, dass der große Gestus noch in die ostentativen stillen Augenblicke einsickert. Am Ende lässt Mendes sie eine Verkörperung des Kinos spielen: eine Zurückgelassene, die einfach nicht mehr in die Zeit gepasst hat. Die Liebe geht vorüber.

Als Stephen fort ist, bleibt ihr das Kino. In einer vertrauten Szene schaut sie ihren ersten Film im Kino und lässt sich von dem großartigen „Willkommen Mr. Chance“ verzaubern, dem einzigen Kinofilm, von dem in „Empire of Light“ tatsächlich Ausschnitte zu sehen sind. Das Bild ist vertraut: ihr gerührtes Gesicht unter dem Projektor-Licht.

„Empire of Light“ ist weniger eine Hymne, sondern vielleicht mehr noch eine Grabrede auf das Kino vergangener Zeiten. Sein Regisseur vertraut gar nicht so sehr auf die Kunstform, die ihn reich und berühmt gemacht hat. Für Emotionen zieht er bemerkenswert oft nicht Filme, sondern vielmehr Dichter heran, etwa Alfred Tennyson oder W.H. Auden. Zuletzt Philip Larkin, der vom Neubeginn erzählen darf. Man glaubt ihm nach diesem Film kein Wort mehr. Statt dem Gedicht „The Trees“ wäre womöglich „High Windows“ passender gewesen. Denn dort steht die Frage im Raum, ob nicht jede Generation die nächste um ihre Freiheit und Jugend beneidet. Wo nostalgische Fantasiewelten entstehen, da passiert das auch als Reaktion auf diese Eifersucht.

Kein Empire hält ewig

Man könnte glauben, Sam Mendes würde mit „Empire of Light“ erzählen, dass das Kino tot sei. Eine Ruine. Das stimmt natürlich nicht. Und was, wenn nicht das Kino das Imperium ist, sondern nur die, die es besetzt halten? Apokalyptiker, die ihr Schiff auf die Klippen lenken, um heldenhaft damit unterzugehen? Man müsste ihnen das Steuer entreißen. Kein Empire hält ewig. Im Kino träumen wir, vielleicht auch von der großen Meuterei.

Erschienen auf filmdienst.deEmpire of LightVon: Lucas Barwenczik (31.10.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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