- RegieKamil Krawczycki
- ProduktionsländerPolen
- Produktionsjahr2022
- Dauer93 Minuten
- GenreDramaLiebesfilmQueer
- Cast
- AltersfreigabeFSK 12
- IMDb Rating6.8/10 (414) Stimmen
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Filmkritik
In dem am Fuße des Tatra-Gebirges gelegenen Dorf scheint jede und jeder schon mal verlassen worden zu sein. Entweder machen sich die Väter und Ehemänner aus dem Staub oder die Kinder suchen so schnell wie möglich das Weite. Die Zurückgebliebenen arbeiten umso härter, weil sie jetzt noch mehr in der Pflicht stehen – oder sie saufen vor lauter Kummer und Frust.
Der 22-jährige Bartek führt gewissenhaft einen kleinen Hof. Eine Wahl hatte er nicht. Der Vater hat sich schon früh davongemacht, die ältere Schwester ist nach Norwegen gezogen, die Mutter vom Leben so beschädigt, dass alle Verantwortung nun bei ihm liegt. In „Elefant“ wird Bartek als patenter junger Mann eingeführt, der es trotz seiner Rolle als Familienoberhaupt nicht verlernt hat, zu träumen – etwa von einem eigenen Pferdegestüt, das sich von Reitstunden und Schlittenfahrten finanziert. Bartek liebt seine Pferde, ein typischer Cowboy ist er sicherlich nicht (allein schon der Name seines Pferdes: „Absurd“). Wenn er durch die bergige Landschaft reitet, umgibt den schmal gebauten Mann mit den feinen Gesichtszügen fast die Aura eines Prinzen.
Ein Rückkehrer auf Zeit
Dawid dagegen ist ein Rückkehrer auf Zeit. Nachdem sein Vater sich zu Tode getrunken hat, taucht er nach fünfzehnjähriger Abwesenheit wieder auf, um den Nachlass zu regeln. Man redet über ihn, macht Andeutungen, „furchtbare“ Dinge soll er getan haben, der Vater habe ihm den Kopf „zurechtrücken“ wollen. Barteks Interesse ist sofort geweckt.
Der Musiker mit abgebrochener Therapie ist älter und erfahrener, ein Stadtmensch, er trägt Wollmütze und Ohrringe und ist in seinem Leben auch schon mal geflogen. Nach Island. Bartek bringt ihm das Reiten bei, Dawid lehrt ihn, seinen Namen in die Landschaft zu schreien, liest ihm sein Horoskop vor und schnuppert an ihm, weil er kein Parfum trägt und so gut riecht.
Neben der abgeschiedenen Natur wird das Haus des verstorbenen Vaters zum Rückzugsort und Nest – umgeben von Hirschgeweihen haben die beiden Sex, rauchen und tanzen. Barteks Mutter beobachtet das sich anbahnende Verhältnis der beiden Männer mit argwöhnischen Blicken, sie versucht den Sohn davon abzuhalten, sich weiter zu treffen, warnt, erpresst ihn mit Schuldgefühlen. Im Dorf macht die Nachricht von dem neuen Paar schnell die Runde, verächtliche Blicke und Beleidigungen sind jedoch nur der Anfang. Bartek verliert seinen Job in der Kneipe, und an der Hauswand finden sich wüste Schmierereien. Immer stärker gerät sein familiäres Pflichtgefühl mit den erweckten Freiheitswünschen und Fluchtimpulsen in Konflikt.
Identitätsfindung in kraftvollen Bildern
Von der Identitätsfindung eines schwulen Mannes in einer (von der Politik beförderten) homophoben Umgebung, erzählt der polnische Filmemacher Kamil Krawczycki geradlinig und in kraftvollen, in ihrer Symbolik gelegentlich auch etwas simplen Bildern. Die Subtilitäten liegen im Film vor allem in dem von Jan Hrynkiewicz gespielten Bartek, eine Figur, in der sich Empfindsamkeit und Stärke auf ungewöhnliche Weise verbinden. Krawczycki hat „Elefant“ in seiner alten Heimat im Süden Polens gedreht. Die hügelige Landschaft mit ihren Wäldern und Flüssen verheißt eine Weite und Freiheit, die sich unmittelbar zuschnürt, sobald die Gesellschaft ins Bild tritt. Krawczycki wählt einen hoffnungsvollen Ausgang, aber den düsteren Befund kann er nicht verdecken.